Special - Quo vadis eSport? : Special
Gerne belächelt und abgetan mit den Worten, dass elektronischer Sport doch kein richtiger Sport sei, findet das Phänomen eSport immer mehr Anhänger. Langsam, aber sicher interessieren sich auch seriöse Medien, wie Focus oder Süddeutsche Zeitung, für das Thema. Dabei ist eSport weder ein Untergrundphänomen noch wirklichkeitsfremd. Es ist eine komplette Sportszene, die ihre eigenen Helden und Regeln hat und für die der gleiche Grundsatz wie für jeden anderen Sport gilt: hartes Training und fairer Wettkampf.
Wenn Laien mit dem Begriff in Berührung kommen, denken sie oftmals an Jugendliche, die in dunklen Zimmern brutale Spiele spielen und mit der Welt außerhalb der eigenen vier Wände nichts anfangen können. Verstärkt wird dies durch Begrifflichkeiten wie ’Killerspiele’ oder den Amoklauf von Robert Steinhäuser. Dass eSport aber nicht nur ’Counter Strike’ bedeutet, die Vielfältigkeit dieser Sportszene Olympia Konkurrenz machen könnte, wissen die wenigsten. Sportspiele, Rennspiele, Kampfspiele und Shooter gibt es ebenso in Ligen wie Denk- und Strategiespiele. Und für praktisch jedes erfolgreiche Spiel gibt es Ligen, Turniere und Mannschaften, die professionell an Taktiken arbeiten, trainieren und sich auskennen. Dazu kommt die Gemeinschaft, die sich um diese Spiele bildet. Viel mehr als bei klassischen Sportarten, gibt es tausende Gleichgesinnte, die sich über das Internet austauschen und so einen Mikrokosmos innerhalb der eSport-Welt bilden.
Kritiker werfen oftmals ein, dass ja wohl jeder Mensch eine Tastatur bedienen könne und man deshalb nicht wirklich von einem Sport sprechen dürfe. Dennoch ist Schach als Sport anerkannt. Nichts anderes – vielleicht auf einem etwas niedrigeren Niveau – ist eine Partie ’Warcraft III’. Spielzüge werden benutzt, um Ressourcen des Gegenübers zu erobern oder zu zerstören, um im Endeffekt ein Schachmatt zu erreichen. Die meisten Strategiespiele verlangen höchste Konzentration, ein genaues Wissen der Materie und viel Erfahrung. Diese Punkte sind nur durch langes, hartes und konzentriertes Training zu erreichen. Denn wie in der Sportwelt immer, sind nur wenige von Geburt an Profis und haben das Talent, ohne viel Training ganz an die Spitze zu kommen. In Korea, einem der Länder mit der höchsten Professionalität im eSport, sind ’Warcraft’-Spieler echte Stars, haben Fanclubs, die mit hunderttausenden Fans jedem Britney-Spears-Fanclub Konkurrenz machen können. Dazu kommen hohe Gagen für Auftritte, Fernsehsender, die Partien live übertragen, und gefüllte Stadien bei Auftritten dieser Stars der eSport-Szene. Wer in ’Warcraft’ oder ’Starcraft’ etwas erreichen will, muss sein Amateurjahr in Korea überleben. Das ist auch bei deutschen Clubs, also den Clans, so.
Während bei Strategiespielen für viele Menschen erkennbar ist, dass ein gewisses Trainingspensum absolviert werden muss, um geistig Matches bestreiten zu können, ist die Erklärung bei einem First-Person-Shooter wie ’Counter Strike’ schwieriger. Da viele solche Spiele nur in Verbindung mit Brutalität aus dem Fernsehen kennen, ist der Trainingsaufwand schwer begreifbar zu machen. Dass es bei den meisten dieser Spiele nicht um das Töten geht, sondern in einem Team eine Aufgabe erfüllt werden muss, wissen die wenigsten. In einem Ligaspiel können nicht alle Spieler sich darauf konzentrieren, einen anderen Spieler auszuschalten; es müssen Flaggen gestohlen und in die eigene Basis gebracht werden. Es müssen Bomben gelegt oder entschärft werden. Es müssen Festungen eingenommen und Punkte gehalten werden. Auch in diesem Bereich ist die Vielseitigkeit groß. Alle diese Aufgaben können nur von trainierten Spielern erfüllt werden. Sie müssen die Karten und Aufgaben kennen und im Normalfall mit einem Team perfekt zusammenarbeiten.
Die Trainingszeiten von Spielern, die ein Spiel nicht nur zum Hobby spielen, sondern etwas erreichen und in den vielfältigen Ligen aufsteigen wollen, sind lang. Vor LAN-Parties trainieren sie in jeder freien Minute, ebenso vor jedem Ligaspiel. Nicht anders, als zum Beispiel ein Tennisspieler oder ein Fußballer. Taktiken und Spielzüge müssen im Schlaf gekonnt werden, jedes Detail muss berücksichtigt werden. Dazu kommt wie bei jedem Sportler das Equipment, das besonders bei First-Person-Shootern sehr wichtig ist und über Gewinn oder Niederlage entscheiden kann. Hardwarehersteller haben dies schon vor langer Zeit erkannt und bieten neben den Standards angepasste Mäuse, Mauspads und Tastaturen an. Insgesamt hat die Industrie schon einen größeren Schritt zur Integration gemacht als die gesamte Öffentlichkeit. Sie hat begriffen, dass eSportler als Profis genauso Vorbild sind wie Tennisstars und deshalb die Fans das gleiche Equipment nutzen wollen wie sie.
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