Test - Suicide Squad: Kill the Justice League : Test: Loot-Shooter zwischen starker Story und ödem Gameplay
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Superhelden-Spiele mit Live-Service-Mechaniken erwiesen sich in der Vergangenheit nicht unbedingt als die beste Idee. Square Enix legte sich 2020 mit Marvel’s Avengers legendär auf die Schnauze und seitdem leiden die Fans an nachhaltig geschädigtem Vertrauen. Umso mutiger erscheint der Schritt von Rocksteady und Warner Bros. Interactive, mit Suicide Squad: Kill the Justice League einen waschechten Loot-Shooter mit DC-Lizenz zu liefern. Das Ergebnis leidet unter erwartbaren Problemen, birgt aber auch überraschende Qualitäten.
Als Loot-Shooter legt Suicide Squad: Kill the Justice League großen Wert auf Koop-Funktionalität. Nahezu das gesamte Abenteuer (abgesehen vom Tutorial) lässt sich mit bis zu drei Freunden absolvieren. Doch auch als Solist spielt sich der Titel erfreulich fluffig, auch wenn die NPC-Mitstreiter bisweilen an akutem Hirnmangel leiden und euch schon mal links liegen lassen,während ihr auf die Wiederbelebung wartet. Vielleicht wollte sie Brainiac ja deshalb nicht für seine finsteren Zwecke rekrutieren. Als Einzelspieler dürft ihr nahezu jederzeit zwischen den vier Figuren wechseln.
Alle für Keinen
Die Prämisse von Suicide Squad: Kill the Justice League kennt sicherlich jeder Comic-Fan und sie hebt sich angenehm vom Superhelden-Einheitsbrei ab. Sie rückt nämlich nicht die strahlenden Helden Superman, Batman, Green Lantern oder Flash in den Fokus, stattdessen steuert ihr ein Ensemble der feinsten Schurken von Metropolis. Euer Himmelfahrtskommando besteht aus Harley Quinn, King Shark, Captain Boomerang und Deadshot. Sie alle sind Insassen der Arkham-Nervenheilanstalt, oder vielmehr waren sie dort inhaftiert. Denn die Regierungsagentin Amanda Waller hat große Pläne für die vier Freunde wider Willen.
Metropolis steht schließlich gerade unter einem Großangriff des Außerirdischen Brainiac, einem bestens bekannten Antagonisten der Justice League. Doch die Ausmaße seiner diabolischen Pläne überraschen Antihelden wie Staatsdienster gleichermaßen. Denn er will die gesamte Oberfläche des schönen Planeten Erde verändern und unterzog zu diesem Zweck kurzerhand die Justice League einer saftigen Gehirnwäsche. Lediglich Wonder Woman entging der Reprogrammierung. All das verrät euch ein ferngesteuerter Green Lantern im Superheldenmuseum Halle der Gerechtigkeit, die künftig als Hub für das Suicide Squad fungiert.
Damit erklärt sich auch der Untertitel des Spiels, denn es gilt wortwörtlich, Superman, Batman, Flash und Green Lantern zu töten. Die Prämisse von Suicide Squad: Kill the Justice League schmeckt euch also vermutlich nicht sonderlich, wenn ihr euch zu den Fans der Helden zählt. Gleichermaßen bereitet euch der Titel kaum Freude, solltet ihr Probleme mit flapsigen Bemerkungen, Pimmelwitzen und anderweitigen Zoten unterhalb der Gürtellinie haben. Das Suicide Squad besteht nicht aus Strahlemännern und -frauen, sondern bösen und verdorbenen Kriminellen.
Mir gefiel dieser komplett andere Ansatz einer Comic-Versoftung aber mehr als gut, was nicht zuletzt der bisweilen genialen Präsentation geschuldet ist. Die Zwischensequenzen warten nicht nur mit großartigem Slapstick-Humor auf, sie bieten bisweilen auch imposante Szenen. Ob der gehirngewaschene Batman jetzt gnadenlos auf den Suicide Squad einprügelt oder unsere Antiheldentruppe nach dem erstmaligen Betreten der Stadt eine Dose und ein „Fickt euch“ an den Kopf geschleudert bekommt, die Entwicklerinnen und Entwickler haben sich nicht lumpen lassen und fast schon filmreife Zwischensequenzen geschaffen.
Vertikal und egal
Metropolis als Schauplatz wirkt auf den ersten Blick durchaus ansprechend. Überall verteilt finden sich aus den Comics bekannte Gebäude wie der Daily Planet und riesige Statuen der Superhelden. Je mehr ich jedoch Zeit in den Straßenschluchten und auf den Dächern der Stadt verbrachte, umso mehr bemerkte ich, dass es sich letztlich um eine plumpe Kulisse handelt. Viele Gebäude wirken krampfhaft vertikal gebaut, damit die Movement-Skills der vier Charaktere auch anständig zum Tragen kommen und die leeren Straßen erklären sich vielleicht durch die Story, wecken den Entdeckerdrang aber in keinster Weise.
Immerhin steuern sich die vier Charaktere angenehm unterschiedlich. Harley Quinn schwingt sich an ihrer Drohne durch die Straßenschluchten und zieht sich mit ihrem Enterhaken an Vorsprünge heran. Deadshot hingegen nutzt sein Jetpack für ausgiebige Erkundungsflüge. Der Hai-Menschen-Mischling King Shark legt mit vertikalen und horizontalen Sprüngen schnell riesige Distanzen zurück und Captain Boomerang schleudert sein namensgebendes Wurfholz und teleportiert sich an dessen Standort.
An sich also ein interessantes und abwechslungsreiches System, das aber gleich unter mehreren Problemen leidet. Bei Captain Boomerang lassen sich Distanzen katastrophal schlecht einschätzen, die Flugzeit von Deadshot fällt zu kurz aus und Harley kann weder mit Batmans Greifhaken, noch mit Spider-Mans Netzschwingen mithalten. So richtig flüssig fühlt sich keine der vier Fortbewegungsmechaniken an, wirklich mies ist auch keine. Nichts Halbes und nichts Ganzes, ein bisschen wie Two-Face.
Dieser Eindruck zieht sich auch bei den Angeboten der Open World weiter. Wo Batman: Arkham City mit interessanten Beschäftigungen aufwartete, wirkt Suicide Squad: Kill the Justice League wie ein billiger Abklatsch. Die abermals vorhandenen Riddler-Rätsel liest euch der Spaßvogel jedes Mal vor, wenn ihr ein Gebiet erreicht, manuell nachschlagen ist aber nicht drin – warum verstehe ich beim besten Willen nicht. Selbst wenn ihr dann endlich dahinter steigt, dass mit „Drinnen: League-Statuen, silbernes Schmunzeln. Draußen: goldenes Wasserwerk, ohne Stirnrunzeln“ der kaputte Brunnen vor der Halle der Gerechtigkeit gemeint ist, befriedigt die Lösung höchsten DC-Lore-Nerds. Denn nach dem Scan des gesuchten Wahrzeichens winkt keine Belohnung, außer die Gewissheit, schlauer als Enigma zu sein. Nun ja.
Auch die zufällig verteilten Riddler-Trophäen motivieren nur leidlich, Jagd auf sie zu machen. Etwas netter fallen da noch AR-Parcours-Herausforderungen aus. Hier schlägt euch Suicide Squad: Kill the Justice League einen Charakter vor, mit dem ihr schnellstmöglich durch einige Tore fliegen, springen und gleiten müsst. Mit einem besseren Movement-System könnten sie richtig Spaß machen, so bleiben sie lediglich eine winzige Schokoperle im Open-World-Einheitsbrei.
Dauerfeuer Abenteuer
Die Kämpfe laufen weitestgehend Loot-Shooter-typisch ab. Je nach Charakter stehen euch bestimmte Schießprügel zur Verfügung: Harley greift zu Pistolen, Deadshot nutzt Sturm- und Maschinengewehre, Captain Boomerang eine Shotgun und King Shark greift zu fetten Gatling Guns. Die Ballereien spielen sich angenehm flott, und eingefrorene Gegner zu zerbersten bringt durchaus Freude. Das Trefferfeedback fällt ebenfalls ziemlich brauchbar aus, allerdings artet nahezu jedes Gefecht schnell in Chaos aus. Durch die vertikal aufgebaute Stadt erwischen euch Gegner oftmals aus vielen Metern Entfernung und bis ihr endlich einen Schützen entdeckt habt, leert sich euer Schild gerne mal komplett. Da helfen auch die Partikeleffekte nicht weiter, die zwar hübsch über den Bildschirm flimmern, die Übersicht aber massiv erschweren.
Die Bosskämpfe gegen Flash, Superman und ihre Kollegen punkten immerhin durch andersartige Arenen und Aufbauten, unterscheiden sich letztlich aber kaum voneinander – mit Ausnahme von Batman, den ich aus Spoilergründen aber nicht weiter beschreibe. Letztlich nutzt ihr immer einen Konterschuss im richtigen Moment, um ein Mitglied der Justice League verwundbar zu machen und haltet anschließend voll drauf. Allerdings rasen und teleportieren sie sich so schnell durch die Arenen, dass es mich gelegentlich richtiggehend aufregte.
Neben Schusswaffen stehen euch pro Charakter noch diverse Finisher zur Verfügung, die ihr allerdings erst freischalten müsst, was ein weiteres Problem von Suicide Squad: Kill the Justice League offenbart. Eure Figuren leveln separat auf, Grinding gehört also zwingend zum Tagesgeschäft. Denn je nach gewählter Mission ist ein Antiheld geboostet, erhält also mehr Erfahrungspunkte und verursacht mehr Schaden. Eigentlich ein cleverer Kniff, um euch zum Durchwechseln zu bewegen. Mir passierte es aber mehrfach, dass der jeweilige Charakter viel zu schwach im Level war und ich so schneller das Zeitliche segnete als Flash rennt.
Außerdem erlauben euch die Skilltrees nicht, eure Punkte frei zu verteilen. Stattdessen gibt euch das Spiel bei jedem Levelaufstieg stur vor, in welchem Baum ihr sie investieren müsst. Zwar bieten sich auf manchen Stufen mehrere Optionen, letztlich untergräbt Rocksteady so aber die Möglichkeit für anständigen Build-Bau.
Immerhin bieten die Ausrüstungsgegenstände haufenweise Optionen und zusätzliche Modifikatoren, für die ihr aber oftmals Nebenmissionen angehen müsst, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Neue Blaupausen für Waffen und Rüstungen erhaltet ihr durch Aufträge vom Pinguin, bei dem ihr in der Halle der Gerechtigkeit neues Zeug craftet. Poison Ivy hingegen versieht eure Granaten und Schießprügel mit Elementareffekten, die ihr ebenfalls durch Open-World-Missionen freischaltet. Die Quests laufen aber immer schmerzlich gleich ab, einfach wild draufballern und bestimmte Punkte beschützen oder Personen abliefern reicht zumeist aus. Motivation kam bei mir zu nahezu keinem Zeitpunkt auf. Zumal die herstellbaren Objekte oftmals schlechter ausfielen als die Belohnungen aus Story-Missionen.
Was mich bisweilen regelrecht fuchsig machte: die Modifikatoren. Beispielsweise gab es eine Mission, bei der Gegner nur durch kritische Treffern Schaden nehmen. Eigentlich eine gute Idee, doch bei regulären Hits heilten sie sich gleich noch. In Kombination mit dem allgegenwärtigen Chaos sorgte das für mehr Frust als Freude. Warum nicht eine solche Idee mit einer optionalen höheren Schwierigkeit und entsprechend auch besserem Loot verknüpfen?
Das Ende des Spiels
Ein jeder Loot-Shooter benötigt ein spannendes Endgame, um Spielerinnen und Spieler langfristig zu fesseln. Nach der etwa zehn- bis zwölfstündigen Story von Suicide Squad: Kill the Justice League wartet die Anderwelt auf euch. Durch reguläre Nebenmissionen verdient ihr Prometheum-Punkte, mit denen ihr Eintritt in die Paralleldimension erkauft. Hier warten letztlich die gleichen Aufträge wie in Metropolis auf euch, was einfach nur enttäuscht. Den ganzen „Spaß“ macht ihr euch, um im Endgame-Rang aufzusteigen und Bane-Rüstungssets zu farmen.
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Letztlich steht dieser halbherzige Ansatz stellvertretend für die Probleme von Suicide Squad: Kill the Justice League. Es wirkt so, als hätte Rocksteady ein Singleplayer-Spiel konzipiert und anschließend den Befehl erhalten, ein Service-Game daraus zu stricken. Die ewig gleichen Missionen und öden Endgame-Mechaniken sehen Rocksteady so gar nicht ähnlich. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass das Studio in den letzten Jahren einige Abgänge teils immens wichtiger Entwickler und Entwicklerinnen verzeichnen musste. Es bleibt also fraglich, ob überhaupt noch ein Leuchtturm-Projekt wie die Arkham-Reihe im Bereich des Möglichen liegt.
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