Special - Die History des Controllers : Von den skurrilen Anfängen bis zu den Hightech-Joypads von heute
1981: Kabelloses Vergnügen
Den ersten drahtlosen Controller fertigte die Firma Atari für das Atari VCS (später Atari 2600). Er hörte auf den Namen Stella RC und erschien offiziell nie als Retail-Version, da er eine gewaltige Macke hatte. Beim Versuch, die RF-Funksignale des Edel-Joysticks möglichst zuverlässig und schnell an die Konsole zu schicken, schossen seine Entwickler über das Ziel hinaus.
Rund 300 Meter weit reichte Signal. An sich eine gute Eigenschaft, wäre da nicht das Problem der Signalüberschneidung gewesen. Das Funksignal öffnete in der Umgebung wildfremde Garagentore. Die Entwicklung des Joysticks wurde daraufhin eingestellt und das Projekt unter Verschluss gehalten, um keine negativen Schlagzeilen zu generieren.
Dass wir heutzutage doch einen recht guten Einblick auf das Projekt haben, liegt daran, dass einige Atari-Mitarbeiter unbedacht Vorab-Modelle des Joysticks an Verwandte und Freunde verschenkten. Eine spätere Revision aus dem Jahr 1983 behob das Problem, wodurch das Gerät endlich massentauglich wurde.
Ebenfalls kurios: Bevor Nintendo sich entschloss, das NES auf eigene Faust im Westen zu vertreiben, war ein Vertriebs-Deal mit Atari im Gespräch. Dieser umfasste eine deutlich flachere Variante des Geräts als wir sie später kennenlernen durften, samt Kassettenlaufwerk, Tastatur und kabellosen Controllern.
1982: Das Steuerkreuz
Nummerntasten und analoge Joysticks mögen Anfang der 80er Komplexität vorgegaukelt haben, aber ihnen fehlte etwas Wichtiges, nämlich Präzision und Ergonomie. Der spätere Game-Boy-Erfinder Gunpei Yokoi würde einen ganz anderen Ansatz finden, wenn auch nicht gleich für eine Konsole, sondern für Nintendos Kult-LCD-Handhelds aus der Game & Watch-Reihe. Seine Erfindung wurde aus Platzmangel geboren, denn die LCD-Umsetzung des Spielhallenhits Donkey Kong sollte in die Hosentasche passen. Also musste ein flaches Tastensystem her.
Das Steuerkreuz erwies sich als derart praktisch, dass Nintendo es ohne Umschweife in das Konzept der Famicom-Konsole einfließen ließ, die im Westen später Nintendo Entertainment System (NES) heißen würde.
1983: Gold-Standard Competition Pro
In den frühen Achtzigerjahren hatte der Joystick als solcher Hochkonjunktur, galt er doch als Steuerungsstandard auf Heimcomputern wie dem Atari 400 / 800 und dem Kultcomputer Commodore 64. In qualitativer Hinsicht reichte die Spanne von billigem Plastikschrott, der nach zwei Tagen den Geist aufgab, bis zu edlem Equipment. Typisch für den freien Markt aber insofern ungewöhnlich, als dass sich kein Modell als dominant erwies.
Erst nach einigen Jahren, um genau zu sein nach der Einführung des Commodore Amiga im Jahr 1985, kristallisierte sich ein Joystick mit dem Namen Competition Pro als Gold-Standard heraus, da er sowohl robust als auch präzise war und mit einem Preis von 49 DM ein ordentliches Preis-Leistungs-Verhältnis aufwies. Entworfen 1983 von der niederländischen Firma Suzo und ab 1986 vertrieben durch die deutsche Firma Dynamics Marketing, schlich er sich sukzessive in die Herzen der Homecomputer-Fans. Wobei er stetig fortentwickelt wurde. Spätere Modelle verfügten über klickende Mikroschalter, welche die Abfrage der Joystickrichtung nochmals genauer gestalteten.
Trotz seines hohen Qualitätsniveaus und seiner Zuverlässigkeit war der Competition Pro kein Wunderwerkzeug beim Verschleiß. Summer Games, World Games und andere Epyx-Sportversoftungen brachten auch diesen Joystick mit ihren langen Rütteleinlagen ans Limit. Zudem verlor er in der späten Amiga-Zeit an Praktikabilität, weil er zwar über zwei Tasten verfügte, aber beide Tasten nur eine einzige Spielfunktion aktivierten.
Der Competition Pro erlebte im vergangenen Jahrzehnt ein Revival, da viele Retrofans nach einer adäquaten Steuerung für klassische Computerspiele verlangten. Die Firma Speedlink vertreibt inzwischen eine offizielle USB-Fassung, die um weitere Feuerknöpfe erweitert wurde. Dem Revival-Computer The C64 Mini / Maxi liegt ebenfalls einer bei.
1986: Fitness-Matte
Schon 1986 erschien der Ur-Opa der später überaus beliebten Tanzmatten für das Famicom, beziehungsweise 1987 für das westliche Nintendo Entertainment System (NES). Die im Volksmund als Fitness-Matte betitelte Tritt-Pad-Einheit wurde ursprünglich von Bandai entworfen und vertrieben. Das sogenannte Power Pad (in Europa später Family Fitness Pad) sollte allerdings mehr Marketing-Coup als ernstzunehmende Steuereinheit werden. Nintendo lizensierte das Power Pad und machte es in einer groß angelegten Kampagne zu einer offiziellen Nintendo-Peripherie, um einem negativen Klischee entgegenzuwirken. Viele Eltern und amerikanische Pressevertreter wetterten, Videospiele würden Kinder dazu verleiten, zu Hause zu sitzen und Speck anzulegen.
Wie kurzlebig Nintendos Kontra-Kampagne war, zeigt das Software-Angebot. Gerade mal sieben Spiele und eine Handvoll Rebranding-Projekte erschienen für die Peripherie, von der in den USA immerhin 500.000 Stück abgesetzt wurden.
Die Europäische Variante flog derweil mangels Marketing unter dem Radar. Die wenigen erhältlichen EU-Exemplare sind heute richtig was wert, ganz zu schweigen von den passenden Spielmodulen. Potenzial war allerdings vorhanden, wie sich herausstellte, als die Matte längst nicht mehr in den Läden zu haben war. 1991 verwendete der Fernsehsender RTL die Matte inklusive des Spiels „Stadium Events“ in einer Spielshow, woraufhin die Telefonleitungen bei Nintendo of Europe zu glühen begannen. Vergebens, denn die Matte war nicht mehr lieferbar, und angesichts des Umschwungs zum Super Nintendo, der ein Jahr später auch in Europa erfolgen sollte, gab es für Nintendo keinen Anlass, eine neue Produktion zu starten.
1989: Bewegungssensoren
Lange vor Nintendos erfolgreichem Vorstoß mit der Wii-Konsole versuchte die Firma Mattel das Konzept in die Praxis umzusetzen. Und zwar in Form des Power Glove für Nintendos NES. Prinzipiell ging es um dieselbe Technik. Sensoren, die man am Fernseher festklemmte, lasen die Bewegung einer Steuerungseinheit aus, die nicht nur im dreidimensionalen Raum erfasst wurde, sondern auch Drehungen auf mehreren Achsen registrierte. Verpackt als cooler Gaming-Handschuh lag ein Hauch von Virtual-Reality-Gefühl in der Luft, wenn man ihn benutzte.
Zwei Faktoren vereitelten einen Erfolg: Einerseits gab es kaum sinnvolle Software dafür, zum anderen erwies sich die Sensorik als dermaßen ungenau, dass oft mehr Frust als Lust die Folge war. Und billig war das Utensil auch nicht. Vom Power Glove verbleibt heute kaum mehr als die Erinnerung an den bescheuerten Spruch aus dem Kinofilm „The Wizard“, in dem eine der Hauptfiguren protzend sagt „I love the Power Glove. It’s so bad“. Allerdings soll „bad“ in diesem Fall im Sinne eines Trendworts so viel wie „mega“ heißen, und nicht „schlecht“, was den Spruch im Nachhinein umso witziger erscheinen lässt.
1990: Schultertasten und frühe Ergonomie
Im Zeitraum zwischen der Einführung des Famicoms im Jahr 1983 (beziehungsweise des NES 1985) und den Neunzigerjahren verhielten sich die Hersteller von Computer- und Videospielperipherie ziemlich konservativ, wenn es um klassische Controller ging. Das einfache Design mit vier Knöpfen und einem Steuerkreuz hatte sich als Standard durchgesetzt. Sega Master System, NEC PC Engine und sogar das Sega Mega Drive / Genesis hielten an der altbewährten Nintendo-Formel fest, auch wenn Sega den Select-Button für den 16-Bitter in einen dritten Feuerknopf ummünzte.
Erst Nintendo wagte einen neuen Vorstoß beim Thema Ergonomie und Funktionsumfang. Der Controller des 16-Bitters Super Famicom (im Westen Super Nintendo Entertainment System) erhöhte die Funktionalität nicht nur um ganze vier Buttons auf insgesamt acht, sondern legte zwei davon als Schultertasten auf die Oberseite des handlich abgerundeten Joypads, sodass nur eine (sehr bequeme) Handhaltung Sinn ergab.
Der Clou: Alle Feuerknöpfe (mit Ausnahme von Select und Start) konnten gleichzeitig gedrückt werden und waren gleich gut zu erreichen, ganz egal in welcher Situation. Ein absoluter Durchbruch, gerade im Vergleich mit Segas Controller-Varianten, denn weder das 3-Button-Pad noch die nachgereichte 6-Button-Variante ermöglichten das Drücken jedweder gewünschten Knopfkombination.
Nintendos Design stellt noch heute, also über 30 Jahre später, die Blaupause für effizientes Controller-Design. Links ein Steuerkreuz, rechts vier Haupt-Buttons, die ebenfalls eine Kreuz-Form bilden. Spätere Konkurrenten (zum Beispiel Sony) übernahmen den Entwurf mit geringfügigen Anpassungen. Etwa mit der Zugabe eines weiteren Satzes Schultertasten.
1995: analoge Tasten
Während analoge Joysticks schon früh Einzug in die Welt der Spiele hielten, sollten analoge Feuerknöpfe erst in der 32-Bit-Ära bedacht werden. Wobei wir an dieser Stelle gleich zwei Varianten nennen müssen, um der Sache gerecht zu werden. Zum einen Namcos Schöpfung namens NeGcon (Sprich Nie-Dschie-Con) für Sonys PlayStation, der als offizieller Ridge Racer-Controller angepriesen wurde. Er verfügte über zwei aus dem Gehäuse herausragende Knöpfe, die durch Federn Widerstand leisteten und tief in den Controller hineingedrückt werden konnten. Ein gewöhnungsbedürftiges, aber durchaus brauchbares Konzept, auch wenn die Buttons es schwer machten, die genaue Druckstärke einzuschätzen. Noch kurioser war allerdings die analoge Drehachse, welche die beiden Hälften des Controllers trennte. Mit ihr sollte man ähnlich präzise lenken können wie mit einem Lenkrad. Dank Erfahrung aus erster Hand wissen wir, dass das nicht ganz hinkommt, aber Spaß bereitete diese Steuerungsmethode allemal.
Die zweite Erwähnung auf diesem Feld gilt Segas sogenanntem 3D-Controller, der im Bundle mit dem Sega-Saturn-Hit Nights into Dreams erschien. Es ist deshalb eine Erwähnung wert, weil er dem Design analoger Schultertasten, wie wir sie heute kennen, vorausgreift. Neben seinem (leicht klobigen) Analogstick ermöglichten diese Schultertasten eine ideale Kontrolle über Gaspedal und Bremsen bei Rennspielen wie Sega Rally oder Daytona USA. Der Saturn 3D-Controller sollte schon bald die Vorlage für den Dreamcast-Controller abgeben.
Kurios: Sony schoss mit der Idee analoger Tasten einst über das Ziel hinaus. Der Dual Shock 2 – also der Standard-Controller der PlayStation 2 – verfügte über acht analoge Tasten. Allerdings ohne merkbaren Druckindikator, sodass man nie wusste, wie viel Druck man tatsächlich auf die Knöpfe legen musste, um die Hälfte oder das Maximum der analogen Umsetzung zu erreichen. Zudem machten nur wenige Spiele ordentlichen Gebrauch davon. Darum entfernte Sony das Feature in der nächsten Konsolengeneration wieder.
1996: Rumble
Als Nintendo im Zuge der Nintendo-64-Einführung ein Steckmodul vorstellte, das den Controller zum Vibrieren bringen sollte, stellten viele den Nutzen der Erfindung in Frage. Ein Rütteln am Joypad? Was soll das bringen? Vielleicht lag es daran, dass Nintendos Rumble Pack angesichts seines angedachten Zwecks ein wenig schwachbrüstig war. Im ersten unterstützen Spiel (StarFox 64 alias Lylat Wars) kam der gewünschte Effekt nicht so stark rüber wie erhofft. Konkurrent Sony erkannte jedoch das Potenzial und verbaute zwei besonders starke Rumble-Motoren in dem zwei Jahre später vertriebenen DualShock-Controller, der zeitgleich die erste Dual-Analogstick-Konfiguration zum neuen Standard erhob.
Heute sind Rumble-Effekte nicht mehr wegzudenken. Für Sony war deren Entwicklung allerdings eine Berg-und-Talfahrt. Bei der Einführung der PlayStation 3 verzichtete man zugunsten der Sixaxix-Bewegungssensorik darauf, nur um sie nach zwei Jahren heftigster Beschwerden der Fans wieder einzubauen.
1997: Force-Feedback-Lenkräder
Ab wann und mit welchem Spiel Force-Feedback-Lenkräder Spielhallenbesucher beglückten, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Doch wann das erste solche Lenkrad zu Hause genutzt werden konnte, ist bekannt. Microsoft brachte unter der Sidewinder-Marke im Jahr 1997 das erste zahnradbetriebene Force-Feedback-Lenkrad für den heimischen Gebrauch auf den Markt. Da das erste Modell allerdings noch etwas schwachbrüstig war, sollte erst die zweite Variante aus dem Jahr 1999 richtig Eindruck schinden. Und zwar so sehr, dass sämtliche Hersteller ähnlicher Peripherie im Jahr 2000 nachzogen.
So simpel die Idee erschien, sie erhöhte die Immersion bei Rennspielen maßgeblich. Statt einen virtuellen Rennwagen mit einem labbrigen Rad zu steuern, das keine Reaktion auf das Fahrverhalten zeigt, sollte fortan ein Motor den Widerstand der Räder simulieren und gegenlenken, sodass man auch vor dem Bildschirm abschätzen kann, wann der Wagen droht, an Haftung zu verlieren.
Die Entwicklung des Force Feedback ist inzwischen eine Wissenschaft für sich. Nach den groben und schwergängigen Zahnrad-Getrieben folgte ein Umschwung auf leichtgängige Riemengetriebe, die allerdings aufgrund der Übersetzung zweier unterschiedlich große Rad-Teile mit leichten Verzögerungen kämpfen. Riemengetriebe sind auch heute noch der Standard in diesem Bereich.
Wahrscheinlich nicht mehr lange, denn seit einiger Zeit gilt die Direct-Drive-Technologie als der neueste Schrei. Industriemotoren drehen dabei direkt am Lager, an dem das Lenkrad befestigt ist. So reagiert das Force Feedback ohne Verzögerung und bringt zeitgleich mehr Kraft auf. Die Edel-Marke Fanatec stellt inzwischen komplett auf Direct Drive um, sodass auch deren Einstiegsmodelle für PC und Konsolen auf diese Technik vertrauen. Eine Entwicklung, die Wellen schlägt. Konkurrent Thrustmaster ist zwar noch nicht so weit, doch Pläne für eine PC-exklusive Direct-Drive-Serie wurden vor kurzem in den Raum geworfen.
Kommentarezum Artikel