Special - Hatred : Hass und Gewalt
- Multi
Felix Rick:
„Krass. Ekelhaft und pervers. Widerlich.“ Das sind die Gedanken, die mir durch den Kopf gingen, als ich den Trailer zu Hatred sah und mir alleine vom Zusehen leicht schlecht wurde. Ich hoffe tatsächlich, dass das irgendwie eine große Trollaktion ist. Oder dass es eine Art soziologisches Experiment ist und genau diese Emotionen in uns hervorrufen soll. Dass es der Plan der Entwickler ist, dass wir unser Handeln als Spieler hinterfragen. Ist es nicht vielleicht sogar besser, Gewalt so ekelhaft vorgeführt zu bekommen, dass man sie abstoßend findet - weil Gewalt nun mal genau das ist: abstoßend -, als nach und nach desensibilisiert zu werden, weil man ja schließlich „nur“ auf Zombies, Monster, feindliche Soldaten oder eben Passanten ballert, die leider bei unserem Banküberfall im Weg standen?
Selbst dann ist es mehr als fragwürdig, ob man daraus ein Spiel für die Masse machen sollte, bei dem viele Leute diesen Zusammenhang eventuell gar nicht sehen oder verstehen. Denn für manche Dinge benötigt es einfach eine gewisse Reife, um sie erfassen zu können. Bei einem Projekt einer Uni zum Beispiel wäre so was dann besser aufgehoben.
Doch irgendwie zweifle ich daran, dass der Entwickler irgendetwas in dieser Richtung verfolgt. Vor allem, wenn man gerüchteweise hört, dass Teilen des Entwickler-Teams fremdenfeindliche Gesinnung nachgesagt wird. So könnte Hatred das Spiel sein, das das, was Computerspiele in den letzten Jahren an sozialer Akzeptanz erreicht haben, wieder komplett auf null zurücksetzt und die Diskussion um Gewalt in Spielen durch diesen Tiefpunkt der Gewaltdarstellung auf einen neuen Gipfel bringt.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch das Wort „Kontext“. Auf YouTube und Co. wird schon argumentiert, dass man in GTA, Postal und Co. auch Menschen tötet und man so quasi eine Doppelmoral an den Tag legt, wenn man sich gegen Hatred ausspricht. Genau diese Spiele waren jedoch nie unumstritten und wurden hinterfragt. In GTA ist es aber nicht Ziel des Spiels, Amok zu laufen und Unschuldige zu töten. Das kann man machen, wird aber dann vom Spieler selbst initiiert. Hinzu kommt der ironische und sarkastische Ton der Serie. Das trifft auch auf Postal zu. Da nimmt man eine Katze als Schalldämpfer. Das sagt eigentlich schon alles.
Auch die Flughafenmission in CoD hatte einen Kontext und ergab Sinn innerhalb des Spiels, auch wenn sie nichtsdestotrotz abstoßend war und sicherlich auch dazu diente, für Schlagzeilen zu sorgen. Aber hier geht es um Gewalt um der Gewalt willen. Hier ist es das Ziel, Unschuldige zu töten. Laut den Entwicklern ist das der einzige Antrieb des Spiels und der Entwicklung. Hier wird vollkommen bewusst gegen „political correctness“ vorgegangen. Das sagen die Entwickler selbst auf ihrer Seite. Und das ist ziemlich traurig.
Auch die Aussage „Aber es ist nur ein Spiel“ kann ich nicht gelten lassen. Auch Spiele sollten und dürfen, wie andere Medien auch, gewisse Grenzen nicht überschreiten. Das macht man nicht, weil man etwas plump verbieten will, sondern zum Schutz anderer, die solch eine Erfahrung nicht so gut einordnen können.
Letztendlich ist es unglaublich ärgerlich, wenn man merkt, dass es den Entwicklern nur darum geht, um jeden Preis aufzufallen und Aufmerksamkeit zu erhalten. Attention whoring at its best. Warum also nicht totschweigen und den Entwicklern so einen Strich durch die Rechnung machen? Klar, kann man machen. Wir haben das auch diskutiert und uns bewusst dazu entschieden, nicht still dazusitzen, sondern darauf Aufmerksam zu machen, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. Etwas, das eigentlich jeder Mensch mit einem gewissen Gefühl für Moral hoffentlich erkennt.
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