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Test - Sniper: Ghost Warrior : PS3-Scharfschützen

  • PS3
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Überprüf mal den Puls

Die auf der Verpackungsrückseite als glaubwürdig angepriesene Ballistik ist letztlich nur Makulatur, denn Begriffe wie Umwelteinflüsse, Niederschlag oder Gravitation spielen in Sniper: Ghost Warrior keine Rolle. Späht ihr durch eure Flinte, geben euch diverse Anzeigen Auskunft über Windrichtung und -geschwindigkeit, einen spürbaren Effekt haben die jedoch nicht. Wie auch? In der Regel weht im tropischen Dschungelklima ohnehin nur ein laues Lüftchen.

Nur der eigene Puls bestimmt das Zielverhalten maßgeblich. Hockt ihr eine Zeit lang im Gras der üppigen Inselvegetation, beruhigt sich der Herzschlag - ideal für ein ruhiges Fadenkreuz. Lauft ihr hingegen über weite Strecken, rast der Puls flugs gen 200. Dass ihr aber selbst über große Entfernung noch ins Nasenloch des Gegenübers trefft, ist der integrierten Zielhilfe geschuldet. Ein kleiner, roter Punkt zeigt euch dann unter Berücksichtigung der Entfernung sowieso der Windrichtung das Einschlagsziel an. Das ist weder spannend noch realistisch und lässt sich zudem nicht einmal deaktivieren.

Ganz gleich, welche der 16 Missionen ihr spielt, Abwechslung dürft ihr nicht erwarten. Hier und da pflastert ihr euren Weg mit Minen oder hebt Geschützstellungen mit Sprengstoff aus. Überwiegend seid ihr jedoch mit dem Ausschalten von Gegnern beschäftigt. Obschon das Level-Design mehrere Routen erlaubt, macht es keinen Unterschied, ob ihr einer am Lagerfeuer parlierenden Soldatengruppe lautlos in den Rücken fallt oder sie mit donnernden Salven aufmischt. Die Gegner, die sich nur wenige Meter entfernt in einem Haus befinden, bekommen davon sowieso nichts mit. Logisch ist das nicht.

Schweben wie ein Geist

Aber Logik gehört auch nicht gerade zu den Stärken des Spiels. So schweben wir etwa durch Felsen und Grasbüschel, scheitern aber beim Überwinden einer Baumwurzel. An anderer Stelle sollen wir zwei Scharfschützen auskundschaften und im dröhnenden Bombenhagel erschießen. Nachdem wir den ersten erledigt haben, ist der zweite verschwunden. Die Mission galt als erfolgreich absolviert, aber Sinn ergibt das keinen. Warum ertrinken wir in hüfthohem Wasser? Wozu brauchen wir einen Schalldämpfer? Weshalb bersten Holzzäune und Einrichtungsgegenstände nicht im Kugelhagel, Hühner und Kühe aber krepieren an blauen Bohnen? Die Antwort kennen nur die Entwickler.

Sniper: Ghost Warrior könnte wirklich Spaß machen - und stellenweise tut es das sogar. Der Gedanke, mit der Natur zu verschmelzen, Feinde peu á peu aufs Korn zu nehmen und lautlos durch die Prärie zu pirschen, hat seinen Reiz. Der wird jedoch von der Flut an Spielfehlern kaputtgemacht. Nur die PS3-exklusiven Bonusmissionen, die aus dem Kontext der Handlung gerissen scheinen, können das per se spannende Gefühl eines unsichtbaren Scharfschützen vermitteln. Vor allem, weil ihr euch nicht mehr auf HUD-Anzeigen verlassen könnt und stets mit einem KI-Begleiter unterwegs seid, der euch Anweisungen gibt und mit dem ihr etwaige Ziele zusammen ausschaltet.

Schade indes: Obwohl er sich geradezu anbietet, enthält das Spiel keinen Koop-Modus. City Interactive hat die letzten elf Monate lieber in das Entwerfen neuer Mehrspielerkarten investiert. Zudem wurden der Online-Schlacht neue Modi spendiert, unter anderem etwa Capture the Flag. Die ändern jedoch nichts am Spielverhalten der insgesamt zwölf Mannen: Falls sich überhaupt genügend Mitspieler finden, campt das Gros noch immer im schützenden Dickicht. Spieltempo ist für Sniper: Ghost Warrior ein Fremdwort.

Man kann es niemandem verübeln, wenn er nicht freiwillig auf die Isla Trueno zurückkehren möchte. Denn irgendwie wirkt hier alles trist und öde. Die Farben sind schal, die Texturen matschig. In der wabernden Suppe aus flimmernden Schatten und zuckenden Gräsern fällt es schwer, Feinde zu erkennen. Herrgott, Wälder und Küstenlinien konnte selbst Far Cry vor sieben Jahren schöner darstellen. Übertroffen wird diese technische Tristesse nur durch die deplatzierte wie nervige Vertonung. Das Keuchen des Protagonisten klingt, als würde man einen Fahrradreifen aufpumpen; die Flinten hören sich an wie nasse Silvesterblindgänger. Auch diesbezüglich bleibt sich Sniper: Ghost Warrior im Vergleich zur Xbox-360-Version treu. Wir hätten gern drauf verzichtet.

Fazit

Mirco Kämpfer - Portraitvon Mirco Kämpfer
Als ich Sniper: Ghost Warrior das erste Mal in meine PS3 legte, konnte ich kaum glauben, was ich da auf dem Bildschirm sah. Diese grauenhafte Grafik; diese hölzernen Animationen; und diese von Aussetzern geplagte KI. Mir hallen noch die Versprechen der Entwickler in den Ohren. Wollte City Interactive nicht die gröbsten Fehler beheben? Jegliche Schönheitsfalten glattbügeln? Davon ist nichts zu sehen; die Aufzählung auf der Verpackungsrückseite spottet dem tatsächlichen Inhalt. Mir ist schleierhaft, was man in den vergangenen elf Monaten getan hat. Ein Kaufgrund sind die marginalen Dreingaben jedenfalls nicht. Letztendlich ist das Spiel zwar kein totales Desaster, denn es macht durchaus Spaß, lautlos durch den Dschungel zu kriechen, aber Sniper: Ghost Warrior strotzt vor vertanen Chancen. Geplagt von Tearing, Clipping, Rucklern, optischer Monotonie und Sound-Aussetzern, zieht die PS3-Version sogar den Kürzeren. Die Flut an Spielfehlern kann man leider nur selten ausblenden.

Überblick

Pro

  • spannende PS3-Exklusivmissionen
  • teils weitläufige Areale
  • verbessertes Schleichen durch die dichte Vegetation
  • gelungene Synchronisierung

Contra

  • nur auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad annähernd realistische Ballistik
  • unglaubwürdige Levelgrenzen
  • viele Grafik-, Sound- und Logikfehler
  • einfallslose Reißbrettgeschichte
  • Ruckler
  • unfaire Rücksetzpunkte
  • Zeitlupeneffekt passt nicht zum Spielprinzip

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