Länderauswahl:
Du wurdest von unserer Mobile-Seite hierher weitergeleitet.

Special - PlayStation 2 – Der Rückblick: Interview mit Roger Frei (SCE Switzerland) : Special

  • PS2
Von  |  |  | Kommentieren
GW: Die Konsolenhersteller buhlen also mehr als je zuvor um eine neue Kundschaft. Trotzdem scheint die PS3 eher auf typische Hardcore-Zocker ausgerichtet zu sein, die vor allem eine bessere Grafik wollen. Ein ähnliches Konzept bei der PSP, das vor allem auf Spielerfahrungen setzt, wie man sie auch zu Hause hat. Ein anderes Konzept verfolgt Nintendo mit Wii und DS. Und tatsächlich sind Wii und DS in den Verkaufszahlen vor PS3 und PSP – liegt das nur am Preis oder setzt Sony auf die "falsche" Kundschaft, eben nicht konsequent genug auf die neu umworbenen Gelegenheitsspieler?

RF: Es ist sicher auch der Preis. Wie gesagt, 899 CHF ist ein stolzer Preis. Andersrum sage ich, die PS3 ist stinkebillig, wenn ich schaue, was für eine Technik und Innovationen ich für das Geld bekomme. Die PS3 ist ein Produkt, das wir für die Zukunft entwickelt haben. Sie ist auf die nächsten zehn Jahre ausgerichtet. Wir haben bereits alles drin, was heute oder in naher Zukunft Standard sein wird. Die PS3 ist also ein Produkt, das man langfristig anschauen muss. Wer heute investiert, der ist jetzt schon bereit für die Zukunft. Stichwort: HDTV, Digi-Fotographie und Breitband-Internet. Die PS3 ist einfacher, komfortabler als ein Computer und steht im Wohnzimmer. Die Wii hat eine ganz andere Strategie. Sie verkauft sich sehr gut, weil Nintendo immer noch das Image von nett, von ungefährlich hat. Die PlayStation ist ein Hightech-Produkt und spricht auch eher technikaffines Publikum an. Wenn ich jetzt eine Mutter wäre mit zwei kleinen Kindern, dann würde ich vielleicht auch eher eine Nintendo-Konsole kaufen, mit dem ganzen Image und so weiter. Es ist auch billiger. Zugleich bin ich sehr zufrieden mit den Verkaufszahlen der PS3, sie verkauft sich sehr gut. Porsches wurden auch weniger verkauft als ein VW Golf. Das eine ist also quasi für das Volk, das es billig und einfach will, halt für die breite Masse. Und auf der anderen Seite ist das Hightech-Produkt, das halt Geld kostet. Entweder will man Hightech kaufen und man kann es sich auch leisten oder man setzt auf etwas anderes. Du kannst aber nicht erwarten, dass man mit dem VW Golf die verschneiten Berge hinaufkommt. Ich weiß nicht, was die Wii für eine Lebensdauer haben wird, ich denke, das Gerät wird sein Zielpublikum irgendwann mal abgedeckt haben, während die PS3 in Zukunft massiv zulegen wird. Weil die Leute immer mehr HDTV haben, einen BlueRay-Player wollen und die entsprechenden Anschlüsse nutzen. Klar, irgendwann werden wir den Preis der PS3 senken. Das ist der normale Zyklus einer Konsole. Dann werden wir auch wieder eine neue Generation von Leuten ansprechen können. „Die PS3 läuft schlecht“ - Das ist eine von Medien aufgeblasene Geschichte. Wir sind völlig auf Kurs mit der PS3 und wir haben eine langfristige Strategie.

GW: Können Sie schon etwas zum Zeitpunkt sagen, wann die PS3 günstiger wird?

RF: Nein, das kann ich nicht. Das hat mich nun gerade in der Sonntagszeitung geärgert: Da gab es einen kurzen Artikel, in dem stand, wir würden wegen schlechter Absatzzahlen der PS3 dem Gerät nun noch zwei Spiele und einen Controller beilegen. Dabei ist dies bloß eine begrenzte Sommer-Aktion. Sommer ist eine tote Zeit, da müssen wir einfach etwas machen. Eine Preissenkung kommt, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, aber sie kommt dann, wenn es in unsere Gesamtstrategie passt.

GW: Mit der PS3 investiert man also lange in die Zukunft. Das war ja auch bei der PS2 schon so. Von 2000 bis 2007 erschienen viele Spiele für das Gerät und auch heute kommen noch größere Produktionen für die PS2 heraus. Hat Sony vielleicht fast schon zu lange an der PS2 festgehalten? Hätte man die PS3 nicht schon früher veröffentlichen sollen?

RF: Ich bin absolut überzeugt, die PS3 kam genau zum richtigen Zeitpunkt heraus. Wir verkaufen nach wie vor sehr viele PS2-Einheiten. Überraschend gut. Zugleich ist die PS2 mit der großen User-Basis immer noch für Entwickler attraktiv, mit relativ wenig Kosten und Infrastruktur tolle Spiele zu realisieren. Die Käufer haben nach wie vor Vertrauen in die PS2 und in das große Software-Angebot. Das Preis-Leistungsverhältnis ist bei der PS2 sehr, sehr gut. Die PS2 hat auch ein sehr gutes Image, das Produkt funktioniert, es ist quasi Standard. Die Chance ist groß, dass der Nachbar auch eine PS2 zum Spieletauschen hat. So befruchtet sich das alles gegenseitig. Bei der PS3 fängt nun aber eine neue Geschichte an. Das Schweizer Fernsehen beginnt zum Beispiel erst mit HDTV. Cablecom auch. Die PS3 ist ein wichtiges Element in dieser Entwicklung. Was nützt mir ein HDTV, wenn ich nachher gar keine HD-Quelle habe? Aber nun ist es Zeit, die PS3 kam genau zum richtigen Zeitpunkt – für ein neues Publikum, das nun auf HDTV setzt. Noch nicht jeder hat HDTV. Die PS3 ist das Gerät, das für HDTV entwickelt worden ist. Vom da her mache ich mir gar keine Sorgen.

GW: Sie setzen sich als Präsident der Swiss Interactive Entertainment Association auch für das Image der Videospiele im Allgemeinen in der schweizer Öffentlichkeit ein. Sehen Sie bereits eine Verbesserung bei der Akzeptanz von Videospielen?

RF: Die Akzeptanz wird immer größer. Bedingt einerseits durch eine neue Generation, die herangewachsen ist. Für viele Leute gehört videospielen längst zum Alltag, neben Film, TV, Musik, Internet und Lesen. Es ist so etabliert wie Handys. Wir haben bei denjenigen Leuten ein schlechtes Image, die nicht aufgeklärt sind, die immer noch die Horrorgeschichten in den Medien glauben, die jedes Mal wieder aufgeschreckt werden, wenn irgendwo einer Amok läuft und es dann heißt: Gewalt = Videospiel. Dabei ist kein einziger Fall auf Videospiele zurückzuführen. Es wurde zum Teil haarsträubend in den Medien gelogen. Wenn später klar gestellt wurde, dass Videospiele beim Täter nicht mal gefunden worden waren, dann wurde das einfach totgeschwiegen. Wir sind eine Branche, die einigen Leuten immer noch Angst macht. Wir sind auch Konkurrenz zu Fernsehen und Internet. Werbegelder fließen immer weniger in Zeitungen, TV und Internet, dafür will man Videospiele als neue Werbeplattform aufbauen. Das schafft auch Feinde im kommerziellen Bereich. Aber es ist vor allem die fehlende Aufklärung. Diese betreiben wir bei der SIEA. Wir liefern Facts und Infos, wir geben den Leuten die Möglichkeit, in einem "geschützten" Raum auch einmal ein Videospiel zu zocken. Da passieren dann oft Aha-Erlebnisse. Die Leute sagen darauf oft, dass Videospiele ja gar nicht so sind, wie sie sich das vorgestellt haben. Ich war an Workshops mit sehr kritischen Leuten aus dem Jugendsozial- und Lehrerbereich. Am Anfang waren alle völlig gegen Videospiele, am Ende bekam man zum Beispiel eine Frau fast nicht mehr von den PS2-Stationen mit ’Tekken’ weg. Sie fand das total faszinierend und hatte überhaupt nicht mehr den Eindruck, dass sie da auf Menschen einschlägt. Ich weiß nicht, ob diese Frau heute mit ihren Kindern gemeinsam an der Konsole spielt, aber die Wahrscheinlichkeit ist relativ groß. Sie hat gemerkt, dass die Vorurteile einfach nicht stimmen. Solche Leute werden vielleicht zu Botschaftern. Es ist noch ein langer Weg, bis Videospiele von allen Leuten akzeptiert sein werden, aber wir arbeiten hart daran und die Zeit arbeitet für uns.

GW: Vielen Dank für das Interview!

Könnte dichinteressieren

Kommentarezum Artikel