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Test - Paper Trail : Test: Zwischen vier Papierecken kann große Rätselfreude stecken

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Die Eltern wollen nicht, dass ihre Tochter Paige (richtig, ein Anspiel auf das englische Wort für Seite) aus der behüteten heimischen Bleibe in die Stadt zieht, um dort zu studieren. Dahinter steckt jedoch keine Bildungsfeindlichkeit, sondern eine tragische Familiengeschichte. Was genau passiert ist, klären wir in neun miteinander verbundenen Papierwelten auf – das ist der titelgebende Paper Trail.

Kernmechanik des Rätselspiels ist die Möglichkeit, das „Papier“ der jeweiligen Räume zu falten, und zwar alle denkbaren Ecken und Kanten. Dadurch entstehen im einfachsten Fall neue Wege, die euch das Weiterkommen ermöglichen, weil ihr nun etwa eine Brücke vor den Füßen habt. Diese Mechanik ist eingängig und hat einen besonderen Charme, der über die typischen Hebel und Schalter anderer Rätselspiele hinausgeht und ein wenig an das wunderschöne Monuments erinnert.

Das Falten startet relativ einfach und folgt klaren Regeln: Paige und einige besondere Gegenstände im Raum können nicht „überfaltet“ werden, stattdessen müssen sie immer im Bild sein und beweglich bleiben. Mit der Zeit werden die „Faltungen“ selbst komplexer, müssen mitunter auch raumübergreifend eingesetzt werden oder verlangen nach einem ausgeklügelten Vor-zurück-ganz-weit-vor-zurück-Ballett. Das klingt anstrengend und manche Szenarien wirken auf den ersten Blick auch etwas überladen, jedoch lassen sie sich immer gut in Zwischenziele aufteilen und so nach und nach abschließen.​

​Falten, knicken, schieben, schubsen

Papierfaltungen bilden die Grundlage und die zentrale Metapher für Paper Trail, sind aber längst nicht die einzige Spielmechanik. Steine im Boden müssen beschwert werden, um Ausgänge zu öffnen, verbundene Energieleitungen lassen begehbare Steinplatten durch die Gegend reisen, Platten mit Zahlen lassen sich nur überqueren, wenn sie mit einer gleichwertigen Platte gepaart werden und so weiter. Das sorgt für Abwechslung und fordert euch im Laufe der Reise stets aufs Neue heraus. Die Einführung der neuen Mini-Systeme gelingt fast immer organisch. Sie fügen sich glaubhaft in die Szenerie ein und schrauben die Komplexität langsam nach oben.

Die beschriebenen Mechaniken sind auch der Grund, warum das Wissen um die nötigen Faltungen, die per Hinweis-System abrufbar sind, allein nicht zur Lösung reicht. Später geben sie euch bestenfalls einen kleinen Schubs vom Schlauch, auf dem ihr steht. “Okay, wenn ich das so anordne, was habe ich davon?“ Zwanzig Sekunden Denkpause später: „Ach so, ich soll über die Platte DA hin!” Ein wesentliches Element von Denkspielen, nämlich Herausforderungen und Belohnungsgefühle regelmäßig abzuliefern, bleibt so erhalten.

Tatsächlich fühlt es sich angenehm clever an, den Paper Trail abzulaufen. Dennoch: Ein kleiner Cooldown-Mechanismus für das Hinweis-System, ähnlich manchen Rätseln in Islands of Insight, wäre für Momente der Ungeduld praktisch gewesen. Angenehm wiederum ist, dass auf Zeitdruck in den Puzzles verzichtet wird.

Paper Trail - Release Date Trailer

Mit Paper Trail erwartet euch ein ebenso charmantes wie emotionales Abenteuer – ganz auf virtuellem Papier.

​Die Spielwelt: ein echter Paige-Turner

Rätsel für Rätsel bewegen wir Paige durch neun Papier-Welten: von ihrem Heim über archäologische Ausgrabungen bis hin zu Waldgebieten reicht das Angebot. Teilweise lassen sich die Areale frei begehen, wobei dennoch immer eine klare Zielvorgabe und Richtung gegeben ist. Die grafische Gestaltung erinnert an typische Zeichen- und Maltechnik – auf Papier eben – und trägt viel zur gelungenen Atmosphäre bei. Im Gegensatz zu Islands of Insight oder auch The Talos Principle 2 durchreist ihr keine 3D-Welt mit WASD, sondern klickt auf der zweidimensionalen Oberfläche einfach dorthin, wo Paige hingehen soll. Mit dem Cursor werden auch alle Manipulationen im Spiel vorgenommen.

Zwischen den Welten erfahrt ihr mehr über die Vergangenheit von Paige und ihrer Familie. In den Spielabschnitten warten jeweils kleine Meta-Handlungen über ein Dorffest oder eine Froschjagd. Dabei kommt der größte und einzige Kritikpunkt des Spiels zum Tragen: Während die englische Vertonung von Paige professionell ist und ab der ersten Silbe gefällt, sondern die Charaktere in den Spielwelten leider nur ein Sims-artiges Kauderwelsch ab.

Ob das dazu gedacht ist, die beiden Handlungs- und Wahrnehmungsebenen stärker voneinander abzugrenzen oder schlichtweg eine Budget-Entscheidung war, lässt sich nicht sagen. Es passt aber definitiv nicht, auch weil das Gebrabbel keine Sprachmelodien oder Emotionen kennt. Zumindest beschränkt sich alles auf wenige Interaktionen. Paper Trail ist ein Rätselspiel, keine versteckte Visual Novel, und diesen Job macht es richtig gut.

Je nach Widerstandskraft gegenüber dem Hinweis-System sollten ein bis maximal drei Abende reichen, um Paiges Reise abzuschließen. In dieser Zeit erlebt ihr ein faires, oft belohnendes und gelungen erzähltes Rätselspiel. Wer danach noch eine Extra-Herausforderung sucht, kann den Weg zu Bonus-Origami in den Levels freischalten.

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