Test - Kirby Star Allies : Hoch lebe die Knutschkugel
- NSw
Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist das Mond... Nein, fertig ist das Design eines Nintendo-Helden, der seit der 8-Bit-Ära bedingungslose Familienfreundlichkeit ausstrahlt. Kirby wird wahrscheinlich nie in den Olymp der Videospiele eintreten, aber das muss er auch nicht. Er erfüllt seine Rolle als Held der zweiten Reihe ganz ausgezeichnet.
HAL Laboratory steht Nintendo näher als jedes andere Entwicklerstudio. Immer dann, wenn es Nintendo selbst an Zeit oder Manpower fehlte, um das Angebot an Spielen für eine Nintendo-Konsole zu erweitern, sprang diese Firma ein, auch wenn sie nicht immer namentliche Erwähnung fand. Allerdings hatte das nicht immer Höchstwertungen und Jubelstürme zur Folge.
Sehr typisch für HAL sind vielmehr Produkte mit dem Prädikat „gut“. Ausnahmen bestätigen die Regel. Vorwürfe seitens Nintendo gab es deswegen nie. Warum auch? Letztendlich gehören sehr viele starke Marken dieser Qualitätsstufe an, siehe etwa Crash Bandicoot oder Sonic the Hedgehog in seiner 16-Bit-Ära.
HALs ganz persönlicher Beitrag zur Riege der guten, aber nicht herausragenden Videospielreihen war der kleine rosa Staubsaugergeist Kirby, der schon immer bedingungslose Familienfreundlichkeit, aber nie großen Anspruch ausstrahlte. Zur Erinnerung: Der kleine Knirps hat keine echten Designmerkmale, schließlich war er ursprünglich ein Platzhalter für einen ganz anderen Helden, der nie das Licht der Welt erblickte.
So niedlich, dass es wehtut
Das inzwischen fünfzehnte Kirby-Spiel mit dem Untertitel Star Allies ändert daran nichts. Inhaltlich wie gestalterisch geht es um grundsolide, aber wenig raffinierte Kost aus dem Hüpfspielgenre, entworfen, um jedem zu gefallen, der nicht beim ersten Anblick einem Anfall von Diabetes unterliegt. In einem hinterhältigen Überfall geballter Überzuckerung zelebrieren Kirby und seine Freunde die Vernichtung der Männlichkeit durch konzentrierten Niedlichkeitsoverkill. Dieses Mal sogar im Rudel!
Je nach Situation begleiten zwei bis vier Freunde die rosa Knutschkugel durch etwa 35 kunterbunte Plattformwelten, die an gewissen Stellen stark an das Ursprungswerk auf dem alten Schwarz-Weiß-Game-Boy erinnern und nicht viel komplexer ausfallen. Es geht meist von links nach rechts beziehungsweise von oben nach unten, vorbei an knuffigen Gegnern, deren Eigenschaften Kirby übernehmen kann, sofern er die Widersacher verschluckt.
Das Einverleiben eines Feuer speienden Gnoms wird etwa mit Feuerkräften für Kirby quittiert – alles wie gehabt. Allerdings dürft ihr euch dieses Mal eine Auswahl an Fähigkeiten für später aufheben. Genauer gesagt bringt ihr vermeintliche Gegner durch einen gezielten Wurf mit einem Herzchen (Womit sonst?) dazu, euch zu folgen, sodass ihr deren Kräfte genau dann einsetzen könnt, wenn sie vonnöten sind. Elementarkräfte wie Feuer, Eis und Elektrizität sowie handfeste Waffen der Marke Schwert oder Bumerang lassen sich sogar kombinieren, sofern die Situation es erfordert.
Dabei verwandelt sich der kleine Held vorübergehend in eines von insgesamt 24 Tieren und Gegenständen, angefangen bei einer Spinne über alte Bekannte aus der Super-Mario-Reihe bis hin zu Werkzeugen.
Boden sprengen, Wildwuchs verbrennen oder einen Wasserfall vereisen stellt somit kein Problem mehr dar und auch die widerspenstigsten Gegner bekommen rasch ihr Fett weg, sofern die passende Gegenmaßnahme bereitsteht. Da allerdings nur vier Begleiter mitkommen dürfen, müssen gelegentlich manche weichen, wenn ihre Fähigkeiten nicht mehr von Nutzen sind. Weht hier etwa ein Lüftchen strategischen Anspruchs?
Ein Hausfrauen-Jump-'n'-Run
Mehr als eine milde Brise ist es nicht, schließlich soll sich jeder noch so unerfahrene Einsteiger ein Erfolgserlebnis abholen können. Notwendige Kräfte sind selten weiter als einen Steinwurf von jener Stelle entfernt, an der sie zum Einsatz kommen. Das soll den Spaß an Kirby Star Allies nicht kleinreden, sondern verbildlichen, dass dieses Spiel selten vor größere Denkaufgaben stellt. Kirby Star Allies will nicht geknackt und nicht gemeistert, sondern einfach nur gespielt werden.
Leckere Mahlzeiten, die eure Lebensanzeige auffüllen, wurden im Überfluss verteilt, sodass selbst Extraleben wenig praktischen Nutzen haben. Wer die Spielzeit verlängern möchte, kann sich höchstens auf die Suche nach allen versteckten Puzzleteilen machen, die manchmal gar nicht so leicht zu finden sind. Außerdem könnt ihr nach dem Durchspielen der Kampagne auf eine Handvoll Minispiele zurückgreifen, die die Spielzeit strecken.
Kirby Star Allies mag keine Herausforderung für versierte Hüpfspielprofis darstellen, aber Langeweile kommt trotzdem nicht auf. Abwechslung garantieren allein schon die mannigfaltigen Themen der Welten, die ihr in vorgegebener Reihenfolge besucht. Regelmäßig eingestreute Cameos, die mitunter eurer Truppe zuträglich sind, erfreuen Kenner wie Neulinge und dank kleiner Intermezzi mit genrefremden Einwürfen wartet in regelmäßigen Abständen eine Überraschung auf euch, die das Spielgeschehen auflockert.
Der gelungene Mix aus zweidimensionaler Levelstruktur und dreidimensionalen Grafikelementen ist jederzeit hübsch anzusehen, bringt Nintendos Switch allerdings nie ernsthaft ins Schwitzen. Umso mehr verwundert es, dass das Spiel nur mit 30 Bildern pro Sekunde läuft. Sei's drum, am Spielspaß ändert das nichts. Die zuckersüße Musik und fantasievollen Klangeffekte tragen ihren Teil zur niedlichen Atmosphäre bei. Alles in allem eine buchstäblich runde Sache.
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