Test - Hob: Definitive Edition : Der Weg ist das Ziel
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Wo zur Hölle geht es denn jetzt entlang? Noch vor einigen Sekunden, als das letzte Schalterrätsel ungelöst war, sah das idyllische Wäldchen ganz anders aus. Im beschaulichen Action-Adventure Hob: Definitive Edition lohnt es sich nicht, Karten der Umgebung anzulegen.
Es gibt Spiele, deren Hauptdarsteller im Schatten des zu erforschenden Schauplatzes verblassen. Die Welt von Hob ist so ein Beispiel: Ein Ort von simplem Charme, könnte man meinen, wenn man den Cel-Shading-Stil zum ersten Mal vor Augen hat. Er erinnert augenblicklich an das jüngste Zelda, obwohl die verkürzte Vogelperspektive gar nicht so viele Details hergibt wie das nicht minder saftig grüne Hyrule. Und doch wird das Auge verwöhnt. Wiesen voller wogendem Gras, schattige, geheime Täler, in denen sich wildes Getier versteckt hält, und mannshohe Bäume mit ihrem dichten Laub flüstern von Legenden aus längst vergangenen Epochen.
Ein Ort, an dem Geheimnisse darauf warten, gelüftet zu werden. Ein Fuß auf einem zuvor unsichtbaren Bodenschalter kann das Gesicht eines ganzen Landstrichs verändern, ihm ungesehene Plattformen entlocken, die mit einem ächzenden Knarren aus dem Boden hervortreten, als wollten sie dem Intro von Game of Thrones Tribut zollen. Aus einem unpassierbaren Hang wird so in Sekundenschnelle ein weites Tal voller neuer kleiner Rätsel.
Bevor das geschieht, muss man jedoch jedes kleine Detail der Umgebung erforschen. Hier geht es dank eines Geheimgangs durch eine Wand, da öffnet sich eine Tür mit dem Dreh eines Schlüssels und an anderer Stelle muss ein Stein verschoben werden, damit man eine Mauer passieren kann.
Es geht um eine Welt, die in gewisser Weise keine Eile kennt. Sie überlässt dem Spieler die Entscheidung über Spielgeschwindigkeit und Prioritäten. So gesehen ist jeder Weg, den man erforschen kann, für den Augenblick der richtige, auch wenn an dessen Ende manchmal gar kein aufregendes Ziel wartet. Der Weg selbst ist das Ziel, weil die Entfaltung der kleinen Geheimnisse bereits ein Gefühl der Befriedigung hinterlässt.
Dementsprechend unbefriedigend ist Hob für diejenigen, die immer schnurstracks von Höhepunkt zu Höhepunkt eilen wollen, für Spieler, die nur dann zufrieden sind, wenn sie ein Spiel vollends durchgespielt haben. Wer die Feinheiten der Reise nicht zu schätzen weiß, dreht schon nach fünf Minuten innerlich Däumchen - und verpasst dabei magische Momente.
Für Action-Gamer mit kurzem Geduldsfaden passiert einfach zu wenig. Selbst der Höhepunkt der Einleitung plätschert vor sich hin, obwohl dem Helden Ähnliches wiederfährt wie dem Protagonisten von Sekiro: Arm ab, mechanische Prothese dran. Sie ist der Schlüssel zu verschachtelten Rätseln und mitunter auch ein Werkzeug zum Kämpfen. Aber nicht halb so spektakulär in Szene gesetzt wie beim schnetzelfreudigen Shinobi aus dem Hause From Software.
Der neue Arm hilft höchstens beim Verschieben schwerer Steine oder dem Bewegen unmenschlich großer Schalter. Hob ist eben ein Spiel, das auf leisen Sohlen startet und auch später nur selten auf lautes Getöse besteht, sofern man vom ständigen Auf und Ab der Umwelt absieht.
Darum erscheint der Einstieg auch recht unspektakulär. Der kaum definierbare Held in hellrotem Gewand folgt zuerst Hinweisen seines Roboterfreundes, der sich (zumindest am Anfang) viel besser auskennt. Er weiß, wo und wann Mechanismen zu finden sind, die das Gespann weiterbringen. Wer in ihrer wortlosen Kommunikation eine besondere Dynamik, ja, gar echte Aufgabenteilung erwartet, liegt jedoch falsch.
Der große Roboter ist genauso ein Roter-Faden-Halter wie Navi für Link und wird schon bald nicht mehr benötigt. Genau genommen überlässt er dem kleinen Helden den Rest der Reise, sobald das Intro alles Nötige an Mechaniken erklärt hat. Wie kann man klettern? Wie begegnet man Feinden? Wie sehen übliche Puzzles aus?
Den Rest der etwa zehnstündigen Reise bestreitet man alleine und gerät dabei selten in eine größere Sackgasse. Wie eingangs erwähnt, gibt es keine falschen Wege und egal, an welcher Stelle man ansetzt, um eines der Puzzles zu lösen, das den weiteren Weg ebnet, man erreicht doch wieder einen zentralen, recht linearen Hauptpfad, der - sofern man mal den Überblick hat - das Gefühl vermittelt, es ginge immer schnurstracks geradeaus.
Dieses Gefühl ist in der Definitive Edition auf Nintendos Switch erheblich stärker ausgeprägt als in der Ursprungsversion aus dem Jahr 2017. Einige Anteile der Spielwelt wurden entschlackt, also von unnötiger Verschachtelung befreit, was sie insgesamt nur wenig vereinfacht, aber auf jeden Fall zugänglicher gestaltet. Das stößt besonders im arg fitzeligen Handheldmodus der Switch auf positive Resonanz.
Auf dem kleinen Bildschirm gehen auch so schon viele Details der Grafik im Pixelwust unter. Beispielsweise kleinere Gegner, die im hohen Gras verschwinden. Denen haut man normalerweise ein paar Mal mit dem Schwert über die Rübe, damit sie verschwinden, doch wenn man sie nicht richtig erkennt, läuft man oft Gefahr, ein oder zwei der wenigen Trefferpunkte zu verlieren, bevor der Kampf richtig losgeht. Das ist ärgerlich, weil das Kampfsystem an sich schon nicht das gewiefteste ist. Oft ermüdend träge und von pingeligem Stellungsspiel dominiert, weckt es häufig den Wunsch, Feinden einfach aus dem Weg zu gehen.
Obwohl Hob: Definitive Edition auch im Handheldmodus spielbar bleibt, ist es ratsam, das Abenteuer an einem großen Fernseher zu erleben. Einige vetrackte Sprünge in komplexen mehrstöckigen Anlagen sind deutlich leichter zu meistern, wenn man grafische Details besser erkennt. Allerdings geht selbst dann der eine oder andere Sprung noch daneben, weil die steife, unflexible Kamera sichere Plattformen hinter Gemäuern versteckt oder den Aufenthaltsort fieser Gegner erst im letzten Augenblick offenbart.
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