Test - Gylt : Ein Häppchen Horror
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Emily ist verschwunden. Seit vier Wochen fehlt von dem kleinen Mädchen jede Spur. Fast alle im Städtchen Bethelwood haben bereits die Suche aufgegeben, nicht aber ihre Cousine Sally. Überall klebt sie Steckbriefe an und hofft darauf, ein Lebenszeichen zu erhalten. Doch erst ein Unfall führt sie auf die richtige Spur ...
Nach einem Fahrradsturz findet sich Sally mitten im Nirgendwo wieder. Um zurück in die Stadt zu gelangen, bleibt ihr nur die alte Seilbahn. Doch auf der Fahrt passiert die Gondel eine Art Portal, dass in eine andere Realität führt. Sally merkt sofort, dass etwas nicht stimmt, als sie ein zerstörtes und menschenleeres Bethelwood betritt. Die einzige noch intakte Straße führt geradewegs auf das Gelände der örtlichen Schule. Als Sally an einem der Fenster plötzlich Emily vorbeihuschen sieht, betritt sie das Gebäude mit der Entschlossenheit, ihre Cousine zu finden.
Aber genau wie die restliche Stadt scheint auch die Schule einem Albtraum entsprungen: Fast alle Lichter sind ausgefallen, schwarze Tentakel mit dicken Glubschaugen versperren zahlreiche Türen und fiese Monster streunen fies ächzend durch die Gänge. Glücklicherweise findet Sally eine Taschenlampe, mit der sie nicht nur dunkle Wege erhellen, sondern auch die schaurigen Wesen abwehren kann.
Dennoch ist es an einigen Stellen sinnvoller, im Schutz von Aktenschränken und Schulbänken an den Kreaturen vorbeizuschleichen. Denn wenn die Biester angreifen und das Mädchen erwischen, ist die Energie schnell am Ende. Abhilfe schaffen sammelbare Asthmasprays, mit denen Sally wortwörtlich wieder zu Atem kommt.
Kinder können grausam sein
Mit etwas Action, viel Schleichen und vereinzelten Rätseln führt die Suche nach Emily hauptsächlich durch die verschiedenen Bereiche der Schule, beispielsweise Aula und Sporthalle. Daneben stehen kurze Abstecher in die Stadt und in die Kanalisation an. Eine kleine Karte hilft bei der Orientierung und zeigt neben dem nächsten Ziel auch die Fundorte frischer Taschenlampen-Batterien sowie neuer Inhalatoren an.
Ein noch wichtigerer Grund, die Augen offen zu halten, sind aber die Teile von Emilys Tagebuch. Diese finden sich im gesamten Gebäude und erzählen eine traurige Geschichte: Emily wird von ihren Mitschülern gemobbt. Je weiter Sally kommt, umso verzweifelter lesen sich die Einträge ihrer Cousine. Malereien an den Wänden und entstellte Figuren in den Räumen und Fluren zeigen ebenfalls Situationen aus dem Alltag eines Kindes, das ständig beleidigt, drangsaliert und ausgegrenzt wird.
Thematik und Stil liefern das Potenzial für eine mitreißende und emotionale Geschichte, doch leider wird es nicht ausgeschöpft. Entwickler Tequila Works (RiME, Deadlight) belässt es bei einer oberflächlichen Betrachtung und beschränkt sich auf einfache Lösungs- und Hilfsansätze. Dennoch ist es gut und wichtig, das häufig unterschätzte oder unerkannte Phänomen Mobbing überhaupt anzureißen und darauf aufmerksam zu machen.
Zusammen mit der düsteren, comichaften Grafik und einem schaurig-stimmigen Soundtrack entfaltet Gylt eine dezent gruselige, jedoch niemals stressige oder gar beängstigende Stimmung. Dafür bleiben sämtliche Spielabläufe zu simpel und vorhersehbar. Selbst die Auseinandersetzungen mit großen Monstern lassen aufgrund ihrer biederen Inszenierung kaum Spannung aufkommen.
Technische Mankos hielten sich beim Test von Gylt in Grenzen. An einigen Stellen reagierte Sally beim Schleichen oder an Ecken etwas störrisch und alarmierte dadurch ungewollt Gegner. Zwischendurch gab es zudem kurze Schwankungen bei der Auflösung und Bildrate. Das alles führen wir auf die Verbindung zu den Stadia-Servern zurück.
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