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Test - GTA Trilogy: The Definitive Edition : Legendäre Spiele – legendärer Reinfall

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Verärgerte Fans neigen zur Übertreibung. GTA Trilogy: The Definitive Edition ist entgegen dem Metacritic-Schnitt selbstverständlich keine Super-Gurke, die nur 0,5 von 10 Wertungspunkten verdient. Verdenken kann man es den einstigen Liebhabern der legendären Serie trotzdem nicht, dass sie mit den Heugabeln auf den Barrikaden stehen. Während andere Softwareschmieden ihre Klassiker pflegen und mit beinahe Next-Gen-würdigen Grafiken ausstatten (siehe etwa Alan Wake), speist uns Rockstar mit einer Remaster-Variante ab, als hätte man sie bei Wish bestellt.

Es ist vollkommen unmöglich, alle Erinnerungen, die ich mit der ursprünglichen 3D-GTA-Trilogie verbinde, in wenige Zeilen zu quetschen. Aber ich kann euch versichern, dass diese Trilogie so tief in meinem Leben verankert ist, dass ich sie selbst dann nicht vergessen könnte, wenn ich eines Tages mit Demenz im Altenheim landete. Zugegeben, ich verschmähte die Originale auf der Playstation 2, da sie mir zu ruckelig und grob waren. Aber mit den jeweils um ein halbes Jahr verspäteten PC-Umsetzungen hatte ich Anfang des Jahrtausends so viel Spaß, dass ich mir im Nachhinein sogar die Xbox-Trilogie als hübsch verpacktes Box-Set leistete, obwohl ich zu dem Zeitpunkt gar keine Xbox besaß. Hätte ich Platz für einen Spieleschrein, so stünde bei mir wohl dieses Box-Set hinter einem Räucherstäbchen. Mit der neuen Definitive Edition landet die inzwischen vierte Variante in meiner Spielesammlung, und ich habe mich im Vorfeld wie ein kleines Kind darauf gefreut.

Damit im Hinterkopf könnt ihr wahrscheinlich erahnen, wie niederschmetternd das, was Rockstar abgeliefert hat, für mich sein muss. GTA: Vice City, mein ungeschlagener Favorit, ließ mich schon fünf Minuten nach Spielstart kopfschüttelnd an meiner Wahrnehmung zweifeln. Spielfiguren, deren Haare so plastikartig glänzen, als wären sie Playmobil-Männchen, Stadt-Texturen, wild zusammengewürfelt, ohne Sinn für Ästhetik. Ich konnte nicht mal aus Jux und Dollerei durch die Stadt fahren und das Autoradio dudeln lassen, weil Bugs meine Karre ins Bodenlose rutschen ließen. Was ist hier los? Wer hat das zu verantworten?

Wer hat an der Uhr gedreht?

Ja, die Berichte sind wahr. Die Kult-Trilogie wurde nicht nur ziemlich halbherzig aufgehübscht, sondern platzt auch noch vor spielerisch relevanten Programmfehlern aus allen Nähten. Gravierende, spielspaßvernichtende Bugs nagen an allen Enden. Ein paar Beispiele gefällig? Wie wäre es mit einer unsichtbaren Brücke? Oder falsch platzierte Collider, die ermöglichen, halb durch einen Zaun zu wandern, aber auch dafür sorgen, dass man an unvorhersehbaren Orten durch die Spielwelt fällt. Überaggressive Polizisten? Amoklaufende Verkehrsteilnehmer, die keine Bremsen kennen? Alles noch Kinderkram im Vergleich mit etlichen optischen Fehlern, wie etwa zerlegten Schatten, Regentropfen ohne Transparenz, die dadurch eher wie Schneeflocken aussehen und besonders nachts die komplette Sicht verdecken, und vieles mehr. Von den Performance-Problemen ganz zu schweigen. Dass GTA 3 meine Geforce RTX 3080 ins Stottern bringt, erzeugt bei mir Sorgenfalten. Was ist da los bei Rockstar? Beziehungsweise bei den Verantwortlichen von Grovestreet Games, die sich seit jeher um die Mobil-Varianten der Klassiker kümmern?

Rockstar verspricht Besserung über Updates. Kenner des Stoffs mögen sich bis dahin durchwursteln können, aber ein Genuss ist das nicht. Und schon gar keine gelungene Lektion in Spielegeschichte. Neulinge bekommen ein völlig falsches Bild, das zwangsläufig Fragen aufwirft: Das fandet ihr daran mal spielenswert? Das hat damals reihenweise Awards abgesahnt?

Egal, ob für Kenner oder Neulinge, was bei diesem Pseudo-Remaster herauskam, ist in doppeltem Sinne tödlich für den Ruf, denn das Spielerlebnis würde auch ohne Programmfehler unter Handicaps leiden. Bei aller Nostalgie darf man sich nie der Illusion eines modernen Spielerlebnisses hingeben. Keines der drei Spiele alterte mit Würde, sei es aufgrund der für heutige Verhältnisse lächerlich simplen Missionsstrukturen oder der geradezu peinlichen Physik, die Autos schon bei gemächlich dosierten Vollbremsungen aufs Dach kippt. Das einzige Spiel mit aus heutiger Sicht halbwegs brauchbarer Fahrzeugsteuerung ist GTA: San Andreas, und selbst da breche ich angesichts der Flugzeug-Physik in schallendes Gelächter aus.

Nicht anders steht es um die Handlung. Jeder der drei Protagonisten, ob nun Claude Speed, Tommy Vercetty oder CJ Johnson, stellt nicht mehr als ein Abziehbild eines Klischee-Gangsters dar. Ein Hans Dampf in allen Gassen, der für Geld jedes Gesetzt bricht, in jeder Facette der Unterwelt mitmischt, sorglos in der Gegend herumballert, keine Skrupel kennt und – als Sahnehäubchen – auch noch mit allem davonkommt. Ein derart einfach gestricktes „Tu, was du willst“-Konstrukt müsste heute mit viel mehr Humor und Selbstreflexion daherkommen, so wie etwa in Saints Row.

Keine Frage: Im Vergleich mit modernen Spielen kann der Spielablauf der Klassiker keine Wettbewerbe mehr gewinnen. Spielspaßpotenzial ist aber noch vorhanden, wenn man das Ganze eher als Zocker-Snack versteht. Genau deswegen kamen diese Ableger auf Handys so gut an. Man kann schnell einsteigen und auch genauso schnell wieder aufhören, sofern man einen der inzwischen altertümlich wirkenden Speicherpunkte findet. Viele Missionen werden nur grob umschrieben, sodass man oft in der Lösung freie Hand hat. Unbeabsichtigtes Chaos gehört dazu, auch wenn eine Mission manchmal deswegen schiefgeht.

Im Freifahrtschein abseits gesellschaftlicher Normen lag damals wie heute natürlich viel des Spielspaßes verborgen. Einmal die Sau rauslassen, ohne Konsequenzen? Autos auf offener Straße stehlen, mit einem Panzer über die Pampa brettern, Passanten per Kettensäge zerlegen, mit sechs Wanted-Sternen den Heldentod sterben? Na gerne doch! GTA war seinerzeit in seiner spielerischen Gewissenlosigkeit ein perfekter Rollentausch, ein Ausbruch aus der Tristesse des Alltags. Es gab immer ein paar Miesepeter abseits der Spieleszene, die nicht verstanden, dass gar keine Abbildung der Realität angestrebt wurde. Und schon gar keine Aufforderung, dergleichen im echten Leben nachzumachen. Nur deswegen konnte es Kontroversen wie etwa beim Hot Coffee Mod aus San Andreas geben.

Doch angesichts des eiskalt einkalkulierten Tabubruchs samt viralem Werbe-Effekt waren die drei Helden als gesellschaftlicher Spiegel unbrauchbar. Man konnte sich nie mit ihnen identifizieren, auch wenn es ganz bestimmt Kerle gibt, die davon träumten, fünf Freundinnen parallel den Hof zu machen und in der Unterwelt den Dicken zu schieben. Sie waren keine ausgefeilten Charaktere und schon gar keine Gaming-Prominenz aus dem Schlag eines Link, Solid Snake oder Master Chief.

Schlecht gealtert und noch schlechter aufgebrezelt

In der GTA-Serie vor Teil 4 war der Star immer die Welt, in der man sich bewegte. Sie war das Spiegelbild und der Identifikationsfaktor. Manche Leute wissen heute noch nicht, wie die drei Hauptdarsteller heißen, kennen aber den kultschwangeren, schwülstig quasselnden Romantik-Radiosprecher Fernando Martinez beim Namen oder erinnern sich an die köstliche Radiowerbung für den Glory-Hole Theme-Park. Vice City überlebte fast 20 Jahre als idealisiertes Bild der 80er, mit himmelblauen Freizeitanzügen, knallpinken Jacketts und Hawaiihemden, deren Designs zum Himmel schreien. Jeder der drei Klassiker war eine Gesellschafts-Schneekugel, die als karikatives Zerrbild ihr epochales Gefühl konservierte. Sie sollten nie völlig realistisch sein. Aber stimmig.

Genau das ist der Grund, warum das Versagen beim Aufhübschen der GTA Trilogy: The Definitive Edition so schmerzt. Hier ist nichts stimmig. Texturen, die nicht zueinander passen, deren Auflösungen und Stile sich beißen, sehen nicht nur unästhetisch aus, sie verfälschen das Gesamtbild so sehr, dass es dem Gefühl des Originals schadet.

Ich freue mich darüber, dass die PC-Version das 21:9-Format unterstützt und alle Plattformen abseits der Nintendo Switch optional HDR anbieten. Aber was nutzt das denn alles, wenn der Stil im negativen Sinne Gänsehaut erzeugt und das HDR an einigen Stellen völlig übersättigt ist? Ambient Occlusion ist was Feines, wenn es die Geometrie von Umgebung und Spielfiguren unterstützt, was hier aber nicht der Fall ist.

Es fehlt überall an Feingefühl. Den kantigen Spielfiguren mehr Rundungen verpassen? Ja, warum nicht. Aber dann auch bitte Animationen verbessern. So ziemlich alle Frauen, die in ihrer klischeehaften Weise sexy wirken sollen, bewegen sich wie Rachitis-Omas kurz vor dem Schlaganfall. Irgendwie will nichts so recht zusammenpassen. Grafisch erinnern alle drei Spiele an Frankensteins Monster. Wild zusammengenäht aus Elementen, die für sich nützlich erscheinen, aber im Gesamtbild abstoßend wirken.

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An einer Modernisierung wären viele Fans interessiert, wenn sie nur das rechte Augenmaß beweisen könnte. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Sichtweite von GTA San Andreas. Das Spielgebiet mit seinen drei Städten und dem offenen Land dazwischen galt 2004 als riesige offene Welt von ungekanntem Ausmaß, wirkt für heutige Verhältnisse allerdings überschaubar. Bodennebel verhinderte (selbst auf dem PC), dass man die die komplette Welt vom Flugzeug aus überblicken konnte. Das festigte sie, machte sie glaubhaft. Man sah nie alle Grenzen auf einmal, und schon gar nicht, dass San Andreas rein technisch eine Insel im Meer war. In der Definitive Edition ist aber genau das der Fall. Noch schlimmer: Weit entfernte Orte werden zu einem groben Haufen mit plumper Unschärfe vereinfacht. Einmal mehr fehlt der Sinn für Ästhetik, aber noch eher lässt das Gefühl für Immersion zu wünschen übrig.

Grand Theft Auto: Vice City - Definitive Edition Comparison Trailer

So schlägt sich GTA: Vice City in der Definitive Edition im Vergleich zur Originalversion!

Dagegen sind die fehlenden Musikstücke aus dem Soundtrack (aufgrund 48 nicht aktualisierter Lizenzen in der gesamten Trilogie) noch halbwegs verkraftbar. Ja, in Vice City sind die Schnitte tiefer und schmerzhafter. Kein Steppin‘ Out, kein Obsession, kein Billy Jean. Das sind wahrlich ikonische Werke, die die Epoche prägten, wobei auch das musikalische Bild der 90er in San Andreas arg gelitten hat. Lediglich GTA 3 kommt noch halbwegs glimpflich davon, weil ein großer Teil der Tracks eher aus B-Seiten besteht. Wer weiß, ob finanzielle Hintergründe eine Rolle spielen oder schlicht der Fakt, dass die Serie einen nicht ganz lupenreinen moralischen Ruf in Sachen Story und Gameplay genießt. Egal woran es liegt, es erklärt nicht das Fehlen des Tracks von Love Fist - der fiktiven Band, die in Vice City einen Story-Auftritt hat. WTF?

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