Damit ihr in beiden Modi den optimalen Untersatz habt, lohnen sich Besuche in der Werkstatt und beim Autoteilehändler. Im "GT-Auto" genannten Bereich könnt ihr euer Auto waschen lassen, einen Ölwechsel vornehmen oder die Lackierung ändern. Letzteres geht über die Wahl der Farbe aber nicht hinaus. Mehr Individualisierungsmöglichkeiten, etwa Aufkleber auf dem Auto anzubringen, existieren nicht. Beim Autoteilehändler habt ihr ein bisschen mehr Auswahl und könnt bessere Motoren, ein schneller übersetzendes Getriebe oder neue Karosserieteile anbauen. Merkwürdig: Bei der Sucht nach mehr Geschwindigkeit haben die Entwickler offenbar vergessen, dass man hin und wieder auch mal in die Bremsen steigen muss. Die könnt ihr nämlich nicht aufbessern, sondern müsst weiter mit den Serienscheiben vorliebnehmen.
Bitte schön lächeln
Von den polierten Boliden können Enthusiasten während der Rennen und in den Wiederholungen Fotos schießen, mit den Premiumautos dürft ihr sogar auf Fotoreise gehen. Sich mit dem gerade erworbenen Edelschlitten in die Marktgasse in Bern zu stellen und abzugsreife Hochglanzbilder zu knipsen, während um einen herum das Großstadtleben weitergeht, ist eine tolle Sache. Nicht zuletzt auch, weil das Spiel optisch noch mal kräftig nachbearbeitet. Vorher könnt ihr zudem selbst noch Parameter wie die Verschlusszeit oder die Blende einstellen und einen Schwarz-Weiß- oder Sepia-Filter anwenden.
Auf die üblichen Modi abseits der Karriere müsst ihr natürlich ebenfalls nicht verzichten. Einzel-, Zeit- und Drift-Rennen gehören zum Standardrepertoire und geben sich keine Blöße. Heutzutage fast eine Seltenheit geworden, könnt ihr auch im geteilten Bildschirm zu zweit vor einer Konsole zocken.
Backe, backe, Strecke baue
Erstmals in der Serie könnt ihr nun auch eigene Strecken aus dem Baukasten in die Botanik legen. Zunächst wählt ihr eines von mehreren Szenarien, wie in der grünen Eifel oder mitten im Schnee, aus und legt im Anschluss einige wenige Parameter fest. In den jeweiligen Sektoren bestimmt ihr beispielsweise die Kurvenanzahl oder die Spurbreite der Strecke, um eure eigene Piste zusammenzukleben. Vom Ausmaß eines TrackMania ist dieser Editor allerdings nicht. Alle von euch erstellte Variationen können abgespeichert und zum Beispiel im Online-Modus mit Freunden gespielt werden. Dieser lässt mittlerweile übliche Komfortfunktionen wie das Matchmaking vermissen, weshalb ihr nicht selten einige Zeit damit verbringen müsst, eine richtige Lobby zu finden.
Entweder ist der Raum schon längst wieder dicht oder das Rennen ist im vollen Gange, sodass ihr zum Zuschauen verdonnert seid. Wenn ihr aber mal ins Renngeschehen eingestiegen seid, läuft der Online-Modus mit bis zu 16 Spielern, in einer privaten Lobby mit bis zu 32 Spielern, reibungslos und macht noch einen Tick mehr Spaß als gegen die, zugegeben, gute KI, die glücklicherweise nicht wie an einer Perlenkette gezogen auf der Ideallinie klebt, sondern auch mal ins Grüne rutscht. Den Variantenreichtum eines Forza Motorsport 3 erreicht Gran Turismo 5 aber ebenfalls nicht. Neben normalen Rennen, an denen alle Autos teilnehmen können, gibt es nur noch "Zufallsrennen", bei denen die Karossen für die einzelnen Spieler ausgelost und zugeteilt werden. Damit kann zumindest sichergestellt werden, dass die Fahrzeugstärke homogener verteilt ist und niemand mit einem Bugatti Veyron den anderen davonfährt.
Fazit von Yves:
Gran Turismo 5 scheitert an den enorm hohen Erwartungen. Nach fünf Jahren Entwicklungszeit, den Versprechen von Kazunori Yamauchi und der starken Konkurrenz schafft es der Titel nicht mehr wie seine Vorgänger, dem Rennspiel-Genre zu neuen Höhenflügen zu verhelfen. Stattdessen stellt man sich vor allem eine Frage: Was hat Polyphony Digital in all der Zeit gemacht?
Von den über 1000 Autos gehören 800 zur abgespeckten Standardklasse, die nicht nur auf ein Cockpit verzichten müssen, sondern auch den Detailgrad der restlichen Premiumfahrzeuge vermissen lassen. Gleiches gilt für die alten Strecken der Serie, die teils fast unverändert in HD-Auflösung portiert wurden und dementsprechend enttäuschend aussehen. Überraschenderweise verfestigt sich dieser Eindruck aber oft auch bei den Neuerungen, wie dem sehr mageren Schadensmodell (ebenfalls nur für Premiumfahrzeuge) oder den billigen Wettereffekten. Gran Turismo 5 lässt eine echte Weiterentwicklung einfach nicht erkennen.
Doch diesen größtenteils technischen Macken steht auch Positives gegenüber: Der Karrieremodus ist riesig, wird Hobby-Rennfahrer massenhaft Freizeit rauben und auch das Fahrverhalten ist auf dem gewohnt hohen Niveau der Serie, wenngleich die Microsoft-Konkurrenz die Nase letztlich doch noch ein Stück vorne hat. Forza Motorsport 3 hat die Latte unterm Strich sehr hoch gelegt - für Gran Turismo 5 letztendlich zu hoch.
Fazit von Andreas:
Natürlich überzeugt Gran Turismo vom reinen Umfang her. Natürlich sieht es schick aus, wenn man die gelegentlichen Pop-ups, furchtbaren Wettereffekte und flimmernden Texturen und Schatten unter den Tepich kehrt. Und die nicht immer sehenswerten Strecken. Die Fahrzeugphysik ist hingegen gut, sogar sehr gut, auch wenn sich das beim Spiel mit einem Gamepad nicht so recht eröffnen mag und ein Lenkrad dringend nottut. Aber es gibt auch einiges, das mich richtig stört: Das geht los beim schwachen Sound der Motoren und dem fehlenden Geschwindigkeitsgefühl und zieht sich über die wieder einmal schwache KI bis hin zu den selektiv eingesetzten Features, dem unsinnigen Kollisionsverhalten und dem mageren Schadensmodell.
Dazu noch die Unterteilung in vergleichsweise hässliche Standard- und bildschöne Premiumfahrzeuge und fertig ist ein gutes, aber bei Weitem nicht überragendes und leider auch nur bedingt unterhaltsames Rennspiel. So gelungen und oftmals realistisch alles hinter den arg sterilen und qualitativ nicht beständigen Kulissen auch sein mag, für mein Empfinden ist Forza Motorsport 3 einfach das Spiel mit dem höheren Unterhaltungswert.
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