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Test - Gods Will Fall : Wikinger-Roguelike: Wie es der Zufall will

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Ich musste mir beim ersten Anblick mehrmals die Augen reiben. Ist das ein Mobile-Game? Hab ich den Gamecube angeworfen? Nee, mit meinen Augen ist alles in Ordnung und Gods Will Fall läuft tatsächlich auf meiner Xbox Series X. Grafikpreise gewinnt Deep Silvers jüngstes Werk mit dem überaus plumpen Cel-Shading und den groben Modellen nicht, aber vielleicht begeistert ja der Spielinhalt.

Da stehen sie, meine acht Menschlein. Frisch am Strand einer Insel angespült krempeln sie die Ärmel hoch und schleifen ihre Waffen. Den zehn Göttern, die in den Äonen zuvor das Schicksal der Welt bestimmten, soll es nun an den Kragen gehen. Aus dem Off ertönt eine Bronzeglocken-Stimme, die ein nordisch anmutendes Kauderwelsch artikuliert. Es soll meine kleinen Wikinger aufmuntern und ihnen Kampfgeist einflößen.

Nun liegt es an mir, den ersten Krieger zu wählen, der eines der Dungeons in verkürzter Vogelperspektive betritt. Die Reihenfolge darf ich mir nämlich aussuchen – in beiderlei Hinsicht. Ich habe aber keinen blassen Schimmer, was mich erwartet. Der Baumstumpf-Eingang im Westen sieht nicht einladender oder gefährlicher aus als die Steinhöhle im Osten oder das von Gestrüpp umwucherte Loch im Norden. Ene mene mu und raus bist du. Ok, ich nehme die Baum-Höhle. Und wer geht nun rein? Öhm, der Schmalhans mit dem langen Speer. Keine Ahnung was er drauf hat, aber er wird es schon richten.

Oder auch nicht. Ich habe verdammtes Pech, denn Gods Will Fall hat mir zufällig gleich den allerhöchsten Schwierigkeitsgrad für diesen Dungeon zugewiesen. Mir strömen also schon nach wenigen Sekunden gepanzerte Krieger, Riesenkrabben und wütende Schamanen entgegen. Etwa drei Minuten später ist der kleine Speerträger tot, obwohl er sich recht wacker geschlagen hat. Mit seinen lächerlichen acht Trefferpunkten hätte er schon nach dreißig Sekunden den Weg nach Walhalla finden können, aber dank des Blutrauschs, den er mit jedem weiteren Schlag steigert, konnte ich ihn immer wieder heilen. Nützt nur nichts, wenn ein Level-1-Weichkeks gleich gegen die Armeen der Hölle antreten soll.

Keine guten Voraussetzungen bei einem Roguelike, denn die in diesem Genre übliche Regel „Stirb und lerne daraus“ setzt voraus, dass ich mich an eine Herausforderung gewöhne. Die sieben anderen Männer und Frauen meiner Wikinger-Gang verfügen allerdings über ganz andere Waffen, andere Bewegungseigenschaften und andere Lebenskraftreserven. Jedes Mal, wenn ich einen neuen Krieger dirigiere, muss ich mich auf ein komplett neues Skillset einschießen. Ich könnte einen weiteren Haudegen hinterherschicken, der versucht, Schmalhans zu retten, aber die Erfolgsaussichten scheinen mir gering. Meh, dann suche ich mir lieber eine andere Höhle als Startpunkt.

Jeder stirbt für sich allein

Ob ich es dort länger aushalte, hängt erneut vom Zufall ab. Welche Höhle wie schwer ausfällt, wird bei jedem Spielstart neu ausgewürfelt. Die Werte bleiben so, bis alle acht Wikinger tot sind und das Spiel von vorne begonnen werden muss. Allerdings darf auch ein Spielstand angelegt werden, was bei Roguelikes selten der Fall ist. Man muss also das Ganze nicht an einem Stück durchziehen.

Ich frage mich inzwischen, warum die acht Menschlein, die sich auf der Oberwelt ähnlich umherbewegen wie ein Pulk Pikmin, nicht gemeinsam die Herausforderung angehen. All das Geheule, nachdem einer ihrer Kameraden gefallen ist, kommt mir doch sehr heuchlerisch vor, wenn drinnen einer gegen einen Mörderklan antritt, während der Rest draußen Däumchen dreht. Tia, ist halt so.

Immerhin: Der Einsatz lohnt sich für mutige Solo-Krieger. Die Dungeons sind nämlich groß und wenig komplex, aber gelegentlich mit Fertigkeitserweiterungen gespickt, die dem einfachen Kombosystem etwas mehr Würze verleihen. Wäre sonst recht eintönig, immer nur zwischen starkem und schwachem Hieb zu wechseln. Mein Held kann Waffen besiegter Feinde aufheben und sie gegen den nächsten Widersacher werfen, aber das bringt meist nicht mehr als die Aufmerksamkeit auf ihn zu ziehen. Gibt’s sonst noch etwas? Ach ja: eine Parade, die trotz eines Signals, das anzeigt, wann man sie einsetzen kann, nicht immer funktioniert, weil die Animationsphasen der kleinen Wikinger in ihrer Dauer variieren. Ich sagte ja schon: mit jedem Kämpfer muss man sich neu einfummeln.

Sofern das Spiel den Schwierigkeitsgrad gutmütig auswürfelt, kann das sogar ganz spaßig sein. So eine Dungeon-Keilerei aus der Vogelperspektive ist unkompliziert und daher theoretisch ein prima Pausensnack. Theoretisch. Praktisch schlitzt sich Gods Will Fall beim Spagat zwischen Spiellänge und Wiederholungszwang den Hosenboden auf. Und zwar immer dann, wenn einer der göttlichen Obermotze auf den Plan tritt. Egal ob Monsterspinne, Riesen-Wildschwein oder Mutanten-Käfer, jeder von ihnen setzt eine ausgeklügelte Kampfstrategie voraus, die man erst herausfummeln muss. Eine mühselige Angelegenheit aus mehreren Gründen.

Es ist schon nervig genug, dass man mit jedem Anlauf einen ganzen weitläufigen, ja in vielen Fällen sogar recht monotonen Dungeon abklappern muss (in dem auch alle Gegner erneut spawnen), aber bei neuen Anläufen mit zufälligen Buffs und Debuffs hantieren zu müssen, setzt dem Ganzen die Krone auf. So kann es passieren, dass der Krieger, den man im vorherigen Versuch verlor, ein Freund oder Verwandter des nächstbesten Recken ist, der von dessen Ableben derart mitgenommen wird, dass er ein Drittel seiner Lebenskraft einbüßt. Wobei es auch andersherum vorkommt: Die Wut über den Tod eines Kumpels spendiert womöglich drei Trefferpunkte.

Gods Will Fall - Gameplay-Trailer

In Gods Will Fall tretet ihr als tapferer Krieger gegen die Götter an, die seit Jahrtausenden das Land unterdrücken. Der Download-Titel erscheint am 29. Januar 2021 für PS4, Xbox One, Switch, PC und Stadia und erinnert spielerisch an Diablo, wie dieser Gameplay-Trailer zeigt.

Das Frustrierende an der Geschichte ist, dass der Zufall üble Konstellationen hervorbringt. Hoher Schwierigkeitsgrad inklusive fiesem Debuff beim Herantasten an einen neuen Kerker? Das ist ein todsicheres Himmelfahrtskommando, oder auf gut Deutsch Zeitverschwendung, denn wenn man eine Höhle erst einmal betreten hat, muss man durch. Wenn ein Recke dann noch stirbt, weil er in ein Loch fällt, das aufgrund eines unbrauchbaren Kamerawinkels nicht zu sehen war oder durch einen Absturz samt übertriebenem Fallschaden, sind Wutausbrüche garantiert.

Gods Will Fall wirft wenig in die Waagschale, das den Frust eindämmen könnte, egal ob spielerisch oder audiovisuell. Ja, die Dungeons sind groß und voluminös gestaltet, aber eben auch detailarm mit viel Copy-&-Paste-Material. Gäbe es die in Echtzeit generierten Schatten diverser Lichtquellen nicht, könnte das Spiel wahrscheinlich locker auf einem modernen Handy laufen. Es gibt kein Element, das dazu verführt, jede Ecke auszukundschaften, keinen Kniff im Kampfsystem, der Progression fördert. In dieser Hinsicht sind andere Genrevertreter erheblich weiter.

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