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Special - Spielefreigaben in Deutschland : Special

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Interview mit Christine Schulz von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK)

Gameswelt: Können Sie uns bitte einen kurzen Überblick über das Verfahren einer Spielerprüfung geben und wie das Gremium, das entscheidet, zusammengesetzt ist?

Christine Schulz: Die 180 Unternehmen aus 22 Ländern schicken ihre prüfbaren Versionen mit allen Unterlagen und dem konkreten Prüfantrag zur USK. Das Spiel wird von versierten Testern unter fachlicher Anleitung und nach festgelegten Regeln unter Nutzung der zur Verfügung gestellten Lösungshilfen gespielt, zum schnellstmöglichen Zeitpunkt vor einem Gutachtergremium und dem Ständigen Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden präsentiert, die Sachverständigen diskutieren, tauschen ihren Eindruck mit dem des Testers auf Grund seiner Spielerfahrungen aus, versichern sich, dass sie das Gesamtkonzept des Spiels verstanden und das Relevante gesehen haben und treffen ihre Entscheidung.

Von den 53 Gutachtenden, die im Rahmen ihrer Jahresplanung Termine mit der USK machen, sind jeweils immer vier Gutachterinnen und Gutachter anwesend, die sonst als Jugendschutzsachverständige der Länder tätig sind oder/und aus pädagogisch-sozialpädagogischen, jounalistischen, wissenschaftlichen Berufen kommen sowie der Ständige Vertreter der Obersten Landesjugendbehörde NRW. Die Vielfalt unter den Gutachtenden ist notwendig, präsentieren sie doch auch immer eine gesellschaftliche Meinungsvielfalt.

Die von den Gutachtenden empfohlene Freigabe wird vom Ständigen Vertreter der OLJB entweder übernommen, oder er legt sein Veto ein. Auch der Anbieter kann in Berufung gehen.

GW: Wann bekommen Sie die Spiele? Lange vor der Veröffentlichung? Handelt es sich um unfertige oder fertige Spiele?

CS: Mehr oder weniger lange vor Veröffentlichung – Bedingung ist, dass sie im Sinne der Grundsätze und der Prüfordnung der USK unter Jugendschutzaspekten vollständig sind.

GW: Wie lange dauert es, bis eine Entscheidung getroffen worden ist und bekannt wird, welche Altersfreigabe – oder keine Altersfreigabe – zugeteilt worden ist?

CS: Innerhalb von fünf bis zehn Werktagen – je nach Antragstellung - dauert regelmäßig der Prüfvorgang vom Eintreffen des vollständigen Antrags bis zur Mitteilung des Prüfergebnisses - eine der Alterskennzeichnungen oder keine Kennzeichnung.

GW: Wie viele Spiele – Plattform übergreifend – kommen durchschnittlich im Jahr auf Ihren Tisch und wie viele bekommen ungefähr keine Freigabe für Deutschland?

CS: Im Jahr 2005 wurden in der USK 2686 Titel geprüft. Die Gremien entscheiden über die Erteilung der Alterskennzeichnung unter dem Jugendschutzaspekt, nicht über eine "Freigabe für Deutschland".

40 Prüfverfahren endeten 2005 mit dem Prüfergebnis "keine Kennzeichnung". Dieses Prüfergebnis verhindert gemäß Jugendschutzgesetz zwar eine Abgabe an Minderjährige, an Erwachsene dagegen nicht. Wer nur Erwachsenen ein Spiel anbieten will, unterliegt im Übrigen keiner Kennzeichnungspflicht in Deutschland, benötigt folglich auch kein USK-Verfahren.

GW: Oftmals ist für Spieler nicht erkenntlich, welche Maßstäbe angesetzt werden, So bekommen manche sehr brutale Spiele eine Freigabe ab 16 Jahren während andere Spiele überhaupt nicht zugelassen werden. Aktueller Fall ist das heiß erwartete Spiel 'Gears of War'. Wie wird so etwas bewertet, welche Kriterien werden angewandt?

CS: Insgesamt dienen 16 Kriterien der Entscheidungsfindung, aber die Beurteilung eines Spieles ist immer eine Einzelfallentscheidung, bei der alle Spielelemente – nicht nur die Gewalt – berücksichtigt werden und in die Bewertung einfließen. Bei einer Entscheidung für ältere Spieler - ab 16 Jahren - können beispielsweise mögliche Gewaltspitzen durch mehrere andere wichtige Spielelemente relativiert werden, sodass vom Gremium mehrheitlich angenommen wird, dass sich keine allgemeine Jugendbeeintächtigung vermittelt. Es gibt allerdings keinen "Tugendkatalog", der in einem Fragebogen abgehakt wird.

Und dann hat Deutschland im Vergleich zu Europa tatsächlich eine besondere Rechtslage für Medien, denn es besteht die Möglichkeit der Indizierung eines Titels, wenn die Gremien der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien eine besondere Jugendgefährdung festgestellt haben. Indiziert werden können alle Titel, die kein USK-Kennzeichen haben oder nicht vorgelegt wurden.

Sie können zwar in den Handel gelangen, unterliegen jedoch Beschränkungen - sie können nicht mehr öffentlich angeboten werden, es besteht ein Werbeverbot und anderes mehr.

Der Anbieter einer Spieleproduktion beauftragt die USK, also die Gutachtenden und den Ständigen Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden bei der USK, ihre Produktion unter anderem auch im Blick auf einschlägige Paragrafen des deutschen Strafrechts und mit Blick auf die Spruchpraxis der BPjM zu prüfen. Der Gesetzgeber verlangt mithin den Blick auch zur BPjM, wenn man in Deutschland Medien veröffentlichen will. Das Jugendschutzgesetz stellt dabei ausdrücklich fest, dass Spiele, die die Indizierungskriterien erfüllen, nicht gekennzeichnet werden dürfen. Dies war bei 'Gears of War' der Fall.

Wird in Kenntnis der Spruchpraxis der BPjM ein Titel durch das USK-Prüfgremium und dem Ständigen Vertreter der OLJB nicht gekennzeichnet, kann der Anbieter dennoch den Titel für Erwachsene veröffentlichen.

Dieser Titel kann normal ausgestellt und beworben werden (ohne USK-Kennzeichen, aber mit einem Hinweis, dass er nur für Erwachsene ist). Das Risiko für den Händler ist aber, dass der Titel indiziert werden kann.

Das aber wollen Anbieter mitunter nicht riskieren, da diese Titel den eben angesprochenen Beschränkungen unterliegen.

GW: Im Laufe der Zeit gab es Spiele, die nicht freigegeben worden sind, in der heutigen Zeit aber rein grafisch so schlecht sind, dass das Verbot irrelevant sein müsste. Gibt es die Möglichkeit, dass ein Spiel irgendwann nochmals vorgelegt und dann doch in den Handel kommt?

CS: Bei indizierten Titeln, die Sie offensichtlich meinen, gelten zum einen gesetzliche Fristen der Gültigkeit. Zum anderen kann aber auch zum Beispiel durch den Rechteinhaber ein Antrag auf Listenstreichung bei der BPjM gestellt werden. Wenn die BPjM diesem Antrag statt gibt, kann der Titel bei der USK zur Prüfung und Kennzeichnung neu eingereicht werden.

GW: Wenn die BPjM die Freigabe verweigert, ist es dann rechtlich verboten, ein Spiel aus dem europäischen Ausland zu importieren oder wäre dies ein Verstoß gegen deutsche Gesetze?

CS: Das müssen Sie eigentlich die BPjM fragen, allerdings kann ich Ihnen sagen, dass die BPjM keine Freigaben erteilt. Wenn ein Spiel in Deutschland durch die BPjM indiziert wurde und man Sie an der Grenze mit einem indizierten Spiel vorfindet und Sie aber volljährig sind, was passiert dann? Ich würde sagen: Nichts!, aber fragen Sie lieber einen Anwalt.

GW: Halten Sie Ihre Arbeit in den Zeiten von global verfügbaren Medien noch für zeitgemäß, wenn jeder, der ein Spiel haben will, es über das Internet sowieso bekommt?

CS: Ja. Nach wie vor und noch ein paar Jahre wird die Offline-Abgabe stattfinden. Aber noch wichtiger ist, dass die Alterskennzeichnungen ein erster Hinweis für Eltern und andere orientierungssuchende Erwachsene sind, die sich für ihre Kinder interessieren und für das, was diese spielen. Daher halte ich die FSK- und USK-Angaben nach wie vor für sinnvoll. Im Übrigen ist im Internet durchaus nicht alles ungeregelt, denn auch da gibt es Gesetze, die Anbieter von Spielen beachten müssen.

GW: Mit der Volljährigkeit wird man ein mündiger Bürger, der – wenn er es denn will – sich mit legalen Drogen wie Alkohol oder Zigaretten kaputt machen kann. Wieso wird diesen mündigen Bürgern das Recht abgesprochen, selbst über ihren Medienkonsum zu entscheiden? Ist es nicht so, dass jeder selbst entscheiden kann, welchen Grad an Brutalität etc. er aushalten kann – außer in dem Fall, in dem verfassungsfeindliche Inhalte wie Nazi-Symbolik vorhanden sind?

CS: Die persönliche Entscheidung wird lediglich dann eingeschränkt, wenn Straftatbestände erfüllt sind, wie zum Beispiel die angesprochenen Nazi-Symbole oder der Vertrieb eines Spiels nach Paragraph 131 Strafgesetzbuch auf Grund von Gewaltverherrlichung oder -verharmlosung in Deutschland per Gerichtsurteil verboten wurde..

Vielen Dank für das Gespräch.

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