Länderauswahl:
Du wurdest von unserer Mobile-Seite hierher weitergeleitet.

Test - Crackdown 3 : Zu spät, zu wenig

  • PC
  • One
Von  |  |  | Kommentieren

Der Begriff „Open World“ fällt heutzutage sehr leichtfertig. Eine offen angelegte Spielfläche oder gelegentlich wählbare Missionsziele reichen streng genommen nicht aus, um den spielerischen Freiheitsgedanken zu erfüllen, der ursprünglich mal diesem Genre als Vision vorschwebte. Wie viel „Open World“ steckt denn in einem Red Dead Redemption 2, wenn mehr als 70% des Spielinhalts an fest vorgeschriebenen Orten zu in Stein gemeißelten Zeitpunkten stattfindet? Crackdown 3 ist in dieser Hinsicht erheblich freizügiger.

Es ist eine Wohltat, einmal nicht mit einem endlosen Handlungsstrang vollgesülzt zu werden. Keine Fußfesseln, keine Bedingungen, keine künstlichen Barrieren. Alles, was auf der Übersichtskarte als Missionspunkt markiert ist, darf ich sofort besuchen und mit Waffengewalt erobern. Das ist eine „Open World“ wie sie purer nicht sein könnte.

Und wenn ich scheitere? Kein Problem, dann knöpf ich mir eben ein anderes Ziel vor und merke mir das andere für eine Zeit, in der ich auf mehr Sprungkraft und eine bessere Bewaffnung zurückgreifen kann. Die Stadt New Providence (oder besser gesagt, der Inselstaat mit gleichem Namen), ist ein schier endloser Spielplatz der Enthemmung, ein wahres Carrousel pour sans scrupules. Tu, was immer du willst, so lange es in deinen Auftrag passt.

Gesetzlose Gesetzeshüter

Wie mein Auftrag lautet? Ich soll alle Handlanger einer gigantischen Terrorzelle namens Terra Nova beseitigen, die in New Providence Unterschlupf findet, während der Rest der zivilisierten Welt vor einem provozierten Blackout steht. Terra Nova greift auf ein geheimnisvolles, raffiniertes grünes Erz zurück, das sowohl auf Menschen als auch auf Technik verheerende Wirkung hat. Wenn ich den Abbau, die Verarbeitung und die gesamte Infrastruktur dahinter lahmlege, kommen die neun Anführer der jeweiligen Sparte nacheinander aus ihren Verstecken, um mir im direkten Duell die Stirn zu bieten.

Als Spezialagent der „Agency“ habe ich natürlich die Oberhand. Mein Avatar (den ich vor Spielstart aus einer begrenzten Riege auswähle), verfügt nämlich über ausgesprochen beeindruckende Sprungfertigkeiten und das Auge eines Scharfschützen. Schon bei Spielbeginn springt mein Agent fünfmal höher als jeder normale Mensch, und mit jedem weiteren grünen Orb, den ich in der Stadt finde, gewinnt diese Sprungkraft an Stärke und Raffinesse, sodass ich irgendwann Doppelsprünge ausführen oder mitten in der Luft einen Schub nach vorne auslösen kann. Alles möglich dank des hautengen Spezialanzugs.

Zivilisten soll ich dem Auftrag gemäß nicht gefährden, aber die gibt es ja kaum in dieser Stadt. An buchstäblich jeder Ecke warten stattdessen Handlanger von Terra Nova auf eine Abreibung. Söldner, Soldaten mit Exoskeletten, Roboter … wenn da mal 30 bis 40 Zivilisten in meinem Feuerstrahl oder im Kugelhagel meiner Minigun draufgehen, ist das ein fairer Preis im Namen der Gerechtigkeit.

Nun ja, in der Regel sind Zivilisten schlau genug, umkämpften Arealen fernzubleiben. Es wäre nur schön, wenn sie auf den Straßen der Stadt genauso viel Vorsicht walten ließen. Etwa wenn mein Agent auf Kommando ein Spezialfahrzeug namens Lightning herbeizitiert, das blitzschnell über den Asphalt zischt und sich bei Bedarf verwandelt. Etwa in einen Buggy mit Sprungkraft, dessen Reifen Spiderman zur Ehre gereichen. Keine Übertreibung: Das Ding fährt senkrecht Wände hoch oder an Mauern entlang. Da muss der ein oder andere Passant durchaus mal den Motor von unten inspizieren, wenn er nicht schnell genug aus dem Weg rennt. Ich mache keine Gefangenen!

Actionfest ohne Abwechslung

Die offene Welt von Crackdown 3 lädt augenblicklich zum Erforschen ein. Nicht zuletzt dank ihrer vertikalen Struktur. Nicht nur Hochhäuser, auch etliche Pipelines, Geländer und Propaganda-Türme wollen erklommen werden. Irgendwo müssen die insgesamt 300 Sprungkraft-Orbs ja versteckt sein. Allein die Suche nach diesen grünen Kugeln verschlingt jede Menge Zeit und bringt einen nicht zu geringen Suchtfaktor mit.

Die offene Struktur ist aber zugleich Stärke und Schwäche des Spielablaufs. Es fühlt sich wunderbar an, einfach drauflosballern zu können. Ich ziehe los, werfe Steine in die Maschinen des Bergbaus, um sie lahmzulegen, ballere die Schwachstellen diverser anderer Maschinen zu Klump, um sie im Lichte gigantischer Explosionen außer Gefecht zu setzen, und ziehe allen Handlangern die Unterhose auf Kinnhöhe, so lange sie mir nicht in Überzahl den Hintern versohlen. Kann durchaus mal passieren. In dem Fall startet mein Agent an einem Basispunkt der Agency neu, wobei ich der Flexibilität wegen neue Startpunkte und Waffenlager aus der Obhut der Terroristen befreie.

Allerdings war es das auch schon in Sachen Spielinhalt. Klar, ich kann wie in GTA in irgendwelche Autos steigen und sie meinem Fuhrpark hinzufügen. An gewissen Orten warten Sonderaufgaben wie Autorennen, mit denen ich meine Fahrfertigkeiten erhöhe, oder Dachsprung-Wettbewerbe, die meine Geschicklichkeit auf die Probe stellen. Mehr als das Aufwerten statistischer Perks bewirken solche Ablenkungsmanöver leider nicht. Der Spielablauf wiederholt sich zu schnell und lässt die Spielfreude im Sandkasten vermissen.

So futuristisch New Providence gestalterisch auch sein mag – siehe die riesigen Hochhäuser und das Neon-Ambiente, dessen Farbenpracht dank HDR-Kolorierung wunderbar zur Geltung kommt – diese Stadt verfügt über keinerlei Eigenleben. Nur wenige Autos zieren die Straßen, die Innenräume der Gebäude wirken leer und ungenutzt. Alles ist viel zu sauber, obwohl verseuchte Gewässer und abgenutzte Brücken das Gegenteil zu vermitteln versuchen.

Da mag der flüssige Tag-und-Nachtwechsel noch so schön sein: Crackdown 3 wirkt in jeder Hinsicht eine Spur zu generisch, wobei ich allerdings zugestehe, dass das Wenige, was die Stadt an Aktionen hergibt, tatsächlich viel Spaß bereitet. Nur wenige Spiele des reinen Actiongenres verfügen über eine so zackige Steuerung, die ohne Schnörkel oder erzwungenen Realismus daherkommt.

Schade allerdings, dass selbst die Xbox-One-X-Fassung dem Ganzen ein 30-FPS-Korsett überstülpt, das angesichts des angerichteten Chaos zu steif wirkt. 4K hin oder her – wenn ich nicht erkennen kann, aus welcher Richtung die Geschosse meiner Gegner kommen, obwohl deren Lichtspuren dies klar anzeigen sollen, dann muss ich mich unnötigerweise auf mein HUD verlassen. Die PC-Fassung ist gerade in dieser Hinsicht wesentlich schöner und praktischer. Alles ist in 60 FPS wunderbar zu erkennen und steuert sich auch noch einen Zacken flüssiger.

Der tiefstapelnde Multiplayer-Anteil

Crackdown 3 mag nicht das einfallsreichste Open-World-Spiel sein, aber wenn ihr auf zügellose Action steht, werdet ihr für ein paar Stunden durchaus gut unterhalten. Dank der Integration im Game Pass habt ihr nicht viel zu verlieren, beziehungsweise zu investieren. Nehmt euch notfalls einen Kumpel auf der Xbox-Freundesliste zur Hand und löst die Kampagne gemeinsam. Einziger Kritikpunkt an dieser Stelle ist das Fehlen einer Matchmaking-Funktion.

Crackdown 3 - Launch Trailer
Anlässlich der nahenden Veröffentlichung von Crackdown 3 gibt es hier den brachialen Launch-Trailer für euch.

Letztere gibt es nur im „Wrecking Zone“ genannten Versus-Spiel. Erwartet nicht zu viel. Es geht um nicht mehr als recht einfallslose Varianten von Team Deathmatch und King of The Hill - Modi für zwei Gruppen à fünf Spielern. Die speziell dafür entworfenen Arenen lassen sich mit Waffengewalt komplett zerlegen, was angeblich mithilfe von externen Cloud-Berechnungen zustande kommt. Wirklich beeindrucken kann das Feature allerdings nicht, dazu ist die Grafik zu grob.

Könnte dichinteressieren

Kommentarezum Artikel