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Test - Agony : Blut und Nippel

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Agony gehörte zweifelsohne zu den spannendsten und gewagtesten Kickstarter-Projekten der letzten Zeit. Kaum ein anderer Horrortitel klotzte derart gewaltig mit seiner Vielzahl an verstörend albtraumhaften Impressionen. Die begehbare Unterwelt voller grotesker Gefahren, höllischer Herausforderungen und, überraschenderweise, viel nackter Haut versprach das nächste große Ding zu werden. Ein herrlicher Höllentrip oder viel Lärm um nichts?

Die meisten Horrortitel spielen an klischeebeladenen Orten wie verlassenen Dörfern oder Irrenhäusern, in dunklen Wäldern, auf Raumstationen oder in Höhlen. Madmind Studios, ein überschaubar kleines Entwicklerteam aus Polen, will den Schrecken bereits bei der Wahl der Spielwelt auf die Spitze treiben. Also spielt Agony buchstäblich in der Hölle, in der man als rastlose Seele einer mysteriösen Dämonenfrau folgt, die eventuell von einem Ausgang weiß.

Hellraiser als Spiel?

Als Genrefan darf man über den Einfallsreichtum der liebevoll gestalteten Höllenspielwelt von Agony staunen. Jeder Level hat eine faszinierend bizarre Architektur, inspiriert von menschlicher Anatomie, mit riesigen Zungen als Treppen, Möbeln aus Knochen, wabernden Fleischwänden und Korridoren aus Kiefern. Die Welt fällt damit so grauenvoll ästhetisch aus, dass sich die Cenobiten aus den Hellraiser-Filmen wahrlich heimisch fühlen würden.

Der Horror erstreckt sich auch auf die Geschöpfe dieser Welt. Neben anderen gequälten Seelen, die gefesselt umherirren oder als perverse Inneneinrichtung aufgepfählt vor sich hin wimmern, gibt es auch feindlich gesinnte Diener des Bösen. Diese bewachen die Gänge und haben euch als unerlaubten Freigänger ganz oben auf dem Speiseplan stehen. Eure Aufgabe ist es, einen Weg nach draußen zu finden, und wie euch die spöttische rote Königin früh verrät, seid ihr nicht der erste, der das versucht.

Ständiges Sterben

Das Spielprinzip fällt recht simpel aus. Mit einer Fackel im Gepäck erforscht ihr die zumeist finsteren Labyrinthe und sucht nach Schlüsseln. Diese braucht ihr, um den jeweils nächsten Bereich der Hölle zu öffnen. Mal sind es Schädel, mal Herzen, mal Siegel, die ihr aufspüren müsst. Echte Rätsel gibt es kaum. Da euch das Wachpersonal aber mit einem einzigen Schlag zu töten vermag, versucht ihr, möglichst unauffällig vorzugehen. Klappt das nicht und ihr werdet getötet, habt ihr die Chance auf ein Extraleben.

Überall in der Spielwelt trefft ihr auf verhüllte Gefangene, die ihr befreien könnt. Ihr macht das allerdings nicht aus Nächstenliebe. Sterbt ihr nämlich, könnt ihr die Körper der armen Teufel in Besitz nehmen. Sind auch die verbraucht, geht es zurück zu einem Kontrollpunkt.

An das ständige Sterben müsst ihr euch in Agony gewöhnen, da ihr die Gegner in den stark verwinkelten Gängen oft nicht früh genug kommen seht. Weil fast alle Bereiche zwar toll, aber gleich aussehen, mit endlosen Fleischwänden und identisch aussehenden Gängen, und es zudem keine Minimap gibt, ist die Orientierung euer größter Feind. Eine aufrufbare Schicksalslinie markiert zwar den Weg zum nächsten Ziel, doch auf den höheren Schwierigkeitsgraden könnt ihr sie nur begrenzt einsetzen. Auf Dauer frustrieren das viele Sterben und die damit verbundene Wartezeit ebenso sehr wie die Ahnungslosigkeit.

Eure Defensive baut ihr kaum spürbar mit Fähigkeitspunken aus, die eure Schleichfähigkeiten minimal verbessern. Offensive Möglichkeiten gibt es indes fast keine; erst spät erlangt ihr die Fähigkeit, Kreaturen zu übernehmen und in ihrer Gestalt gegen andere Dämonen zu kämpfen. Dennoch werdet ihr nie zum gleichwertigen Widersacher und seid den Gefahren stattdessen wehrlos ausgeliefert.

Belzebubs Busen

Beklagenswert ist, dass das Wandern durch die Hölle recht schnell an Faszination verliert. Zwar bleibt die Gestaltung auf hohem Niveau, doch gibt es keine Handlung, die sich entwickelt. Es gibt keine Kapitel, keine Offenbarungen, keine wiederkehrenden Nebenfiguren und auch inszenatorisch fehlt ein klassischer Spannungsaufbau. Da man ohnehin ständig stirbt und wiederaufersteht, geht selbst die bedrohliche Atmosphäre rasch flöten. Immerhin ist es Entwickler Madmind hoch anzurechnen, dass er auf billige Jumpscares verzichtet hat.

Sogar die ungewohnt viele nackte Haut verliert schnell ihren Reiz. Die ersten vollbusigen Dämonen mögen noch ebenso überraschen wie die in vielfacher Ausführung gezeigten männlichen Geschlechtsteile. Nach mehreren Stunden mit Agony wünscht man sich jedoch fast, die würden sich alle endlich mal etwas anziehen. Am schlimmsten daran ist allerdings, dass die Macher nichts damit zu sagen haben. Weder schaffen sie es, eine spannende Geschichte zu erzählen, noch haben die grotesken Gestalten eine metaphorische Bedeutung. Blut und Brüste werden hier einfallslos platt um ihrer selbst willen serviert.

Die drei Spielmodi

Der Abenteuermodus führt euch rund zehn Stunden lang linear durch die Hölle, bis ihr die gesuchte Königin erreicht. Unterschiedliche Faktoren bestimmen dann, welches von insgesamt sieben möglichen Enden ihr erlebt. Weiterhin könnt ihr im Zuge der Kampagne nach optionalen Collectibles wie Goldstatuen, Gemälden und Briefen Ausschau halten, die im Hauptmenü Making-of-Extras und Artworks freischalten.

Habt ihr die Kampagne beendet, solltet ihr euch unbedingt noch den Agoniemodus ansehen. Darin werden nach Zufallssystem Level erstellt und mit Monstern bevölkert, in denen ihr dann Aufgaben erfüllen sollt. Mal müsst ihr nur eine gewisse Anzahl an Räumen durchqueren, mal Gefangene erledigen, mal mitunter schwer zu erreichende Totenschädel finden. In einer Variante müsst ihr gar so lange wie möglich in den Untiefen der Hölle aushalten, um eure Bestzeit online mit anderen zu messen. Ein Tod führt zurück ins Hauptmenü.

Habt ihr die Kampagne erstmalig beendet, schaltet ihr im Hauptmenü eine zweite Variante namens Sukkubusmodus frei. In Gestalt einer Dämonin könnt ihr die Haupthandlung nun noch einmal aus einer anderen Perspektive erleben. Prinzipiell sind die Unterschiede zur ersten Runde allerdings überschaubar. Bis auf kleine Änderungen am Gameplay und in den Zwischensequenzen bleibt der Ablauf der Kampagne sehr ähnlich. Um noch mehr aus der Kampagne herauszuholen, könnt ihr versuchen, die sechs alternativen Enden zu finden.

Agony - Launch Trailer
Auf PC, PS4 und Xbox One dürft ihr euch ab dem heutigen 29.05.2018 in das Horror-Abenteuer Agony stürzen.

Übereilte Veröffentlichung

Agonie ist bekanntlich ein anderes Wort für Qualen, und die werdet ihr aufgrund der vielen technischen Mängel des Spiels erleiden. Ständige Framerate-Einbrüche, Clipping-Fehler, bei denen Monster durch Wände ragen, oder nicht enden wollende Audioloops sind da nur kleine Probleme. Gruseliger sind aktivierte Türen, die sich nicht rühren, verschwundene Schlüssel und Collectibles sowie gelegentliche Abstürze. Weil das nicht reicht, darf man sogar regelmäßig um seinen Spielstand bangen, der auf einmal futsch sein kann. Die vielen Bugs sind selbst für ein kleines Kickstarter-Projekt unverzeihlich, insbesondere da es in der jetzigen Version jederzeit vorkommen kann, dass das Spiel nach mehreren Stunden abstürzt und den einzigen Spielstand komplett löscht.

Natürlich lassen sich sämtliche Fehler im Nachhinein leicht rauspatchen. Nicht behebbar sind jedoch die heimlichen Probleme. Der Spielumfang ist zwar einerseits immens, andererseits erschummelt sich das Spiel diesen auch dadurch, dass sich die Spielfigur ungemein langsam bewegt, dass viele Spielabschnitte mehrfach wiederholt werden müssen, man oft ahnungslos umherirrt und Bugs den Fortschritt behindern.

Es sind knapp zehn Stunden, in denen man in sehr ähnlich aussehenden Levels die immer gleichen Sachen macht. Wieso die Rätsel mit der Zeit nicht kniffliger werden, wieso der Skilltree so mager ausfällt, wieso man sich nicht immer wieder an neue Gegnertypen anpassen muss, das alles sind Fragen, die sich mit der Zeit zwangsweise aufdrängen.

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