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Interview mit dtp ('Tony Tough', 'The Westerner')
'Runaway', 'Tony Tough', 'The Black Mirror', 'The Westerner', 'The Moment of Silence' - diese Spiele haben alle eines gemeinsam: Sie kommen von dem Hamburger Publisher dtp, der in einer Presse-Mitteilung jüngst bekannt gab, der führende Publisher von Adventures im deutschsprachigen Raum werden zu wollen. Also baten wir Carsten Fichtelmann, Marketing Director bei dtp, zum Gespräch über den Adventure-Markt, Veränderungen in der Branche und natürlich auch über die zukünftigen Spiele des Unternehmens.
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gamesweb.com: Obwohl dtp noch ein relativ junger Spiele-Publisher ist, habt Ihr euch mit 'Runaway' und 'Tony Tough' schon einen Namen auf dem Adventure-Markt gemacht. Jetzt wollt ihr sogar zum größten deutschen Publisher von Adventures werden. Wo liegt für euch der Reiz in Adventures?
Carsten Fichtelmann: Ganz so jung sind wir ja auch nicht mehr. Auf dem Spielemarkt sind wir
seit 1999. Als Company gibt es uns seit 1995. Wir machen außer unseren
Spielen auch noch ca. 100 Non-Games-Produkte in Jahr. 'Gothic' und 'The
Longest Journey' waren ja auch schon Hits, die wir gepublisht haben.
'TLJ' ist heute noch eines der besten Adventures aller Zeiten. Der
Reiz, sich mit Adventuren zu beschäftigen, liegt in der Möglichkeit, in
diesem Genre etwas zu bewegen.
Andere Publisher (insbesondere die
Majors) lassen die Finger von Adventuren, weil es sehr aufwändig ist,
ein derartiges Spiel professionell zu lokalisieren. Wir sind da bestens
aufgestellt, müssen es aber auch nur für den deutschsprachigen Bereich
machen - und das können wir sehr gut. Ein Major würde wahrscheinlich
mindestens sechs Sprachversionen machen. Dafür benötigt er aber für
alle Sprachräume professionelle Teams. Das wird schwer. Ohne gute
Lokalisation (oder nur Textübersetzung) aber, wird der Titel nicht
funktionieren. 'Largo Winch' zum Beispiel war eigentlich ein ganz
netter Titel, ist aber nie sprachlich lokalisiert worden. Der
einfachste Grund ist aber, dass die Leute, die bei uns arbeiten,
Adventures einfach gerne spielen (mich eingeschlossen). Ich habe Spiele
wie 'Monkey Island', 'Baphomets Fluch' oder 'Grim Fandango' gespielt
und hatte dabei richtig viel Spaß. Nebenbei: Mit 'Dungeon Lords' oder
zum Beispiel dem 'Radsport Manager' bedienen wir ja auch andere Genres.
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gwc: In den vergangenen Jahren wurden Adventures von den meisten Publishern
eher stiefmütterlich behandelt, obwohl sie Anfang und Mitte der
90er-Jahre noch zu den beliebtesten Genres zählten. Spiele wie
'Runaway' zeigen nun aber, dass das Interesse an Adventures nach wie
vor hoch ist. Was ist zuvor schief gelaufen?
CF: Mit einem guten Strategiespiel oder einem Shooter lässt sich leichter Geld verdienen. Außerdem haben viele Publisher ihre eingeführten Brands, die sichere Umsätze garantieren. Der Grund liegt oftmals in der Lokalisation. Hinzu kommt, dass Adventures durch die story- und charakterbasierte Erzählweise immer auch kulturell unangepasster sind als beispielsweise ein Shooter. Ein Spiel wie 'Max Payne' funktioniert wahrscheinlich fast überall - ist ja auch geil! Adventures hingegen können in ihrer Performance von Land zu Land sehr differieren. Ein Adventure, das in Deutschland spielen würde, könnte man in Amerika oder UK sicherlich überhaupt nicht verkaufen. Darum müssen die Abenteurer (wie bei den Blockbustern im Kino) halt einmal um die Welt reisen und die Story spielt auch meist in Amerika oder zumindest teilweise.
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gwc: Was sollten Adventures beziehungsweise deren Entwickler und Publisher beherzigen, um das Genre wieder aufleben zu lassen? Wie können auch Spieler angesprochen werden, die Adventures als 'langweilig' und 'lahm' abtun?
CF: Entscheidend sind eine gute Story und liebenswerte Charaktere oder zumindest interessante Typen. Zum zweiten Teil der Frage: Ich kann nur jedem empfehlen, mal 'Runaway' zu spielen. Es muss ja irgend einen Grund geben, warum das Spiel über 50 Awards gewonnen hat. 'Tony Tough' ist nicht ganz so generalistisch. Wer aber mal ein Spiel mit Witz und Grips spielen will, ist damit mehr als gut bedient. Auch 'Tony Tough' hat bereits eine ganze Reihe von Preisen gewonnen. So zum Beispiel das Adventuresiegel, welches von Adventure-Experten verliehen wird. 'Baphomets Fluch 3' hat es übrigens nicht bekommen, ist aber sicherlich ein Titel für die breite Masse.
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gwc: dtp setzt auf Point & Click-Adventures, die zwar auch neue Ideen
einfließen lassen (wie zum Beispiel die 3D-Grafik bei 'The Westerner'),
aber überwiegend doch sehr klassisch sind. Wie steht ihr zu
'innovativen' Ansätzen wie in 'Baphomets Fluch 3'?
CF: 'BF3' ist aus meiner Sicht nicht innovativ. Ich habe das Spiel auf der Xbox gespielt. Vorweg: Ich hatte auch Spaß dabei und habe mich jahrelang darauf gefreut, weil ich 'BF1' und 'BF2' einfach klasse fand. Wo war die Innovation? Wer es wirklich gespielt hat, muss dreielei feststellen. Tolle Story und liebgewonnene Charaktere, die Steuerung war wie bei 'Largo Winch' und das Rätseldesign war für ein 'klassisches Adventure' nicht würdig. Es gab nur Kistenschieberätsel und Springrätsel (wie finde ich den richtigen Weg; zum Beispiel am Anfang an dem Berg oder gegenüber auf dem Bauzaun beim Theater und dann noch das Lotsen-Rätsel, das wohl jeder schon 100 mal per E-Mail bekommen hat.) Das war schwach. Wo war da die Herausforderung? Für mich war 'BF3' mehr ein Action-Adventure. Wie bei einem Film, muss ein Adventure auch nicht zwangsläufig technologisch innovativ sein. Bei Shootern ist das natürlich etwas anderes. Im Prinzip ist es doch so: Programmkino-Filme (Kunstfilme), SW-Filme oder einen Film Noir müsste man auch sofort verdammen und als Schrott hinstellen, weil sie nicht die neuesten Effekte von ILM haben. Einem Adventurespieler ist relativ egal, ob das Spiel nur mit der GeforceX läuft. Bei Adventures sollte ein technischer Mindeststandard vorhanden sein. Entscheidend bleibt aber immer die Story und die Charaktere. In der Hinsicht wiederum war 'BF3' sehr gut. Aber: 'The Westerner' und vor allem 'The Moment of Silence' werden definitiv auch technisch neue Möglichkeiten einsetzen. Und Vorsicht: Nur weil man plötzlich einen grandiosen Titel wie 'The Westerner' auch in 3D nach Point&Click-Prinzip steuern kann, wird 'Runaway' deswegen doch über Nacht nicht schlechter.
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gwc: Mit 'The Westerner', 'Black Mirror', 'The Moment of Silence' und 'Runaway 2' dürfen sich Adventure-Fans in diesem Jahr auf vier potentielle Genre-Hits von dtp freuen. Unter anderem mit 'Sam & Max 2' und 'Syberia 2' führen auch andere Unternehmen interessante Titel in ihrem Aufgebot. Erleben wir ein Revival der Adventures? Und was macht eure Spiele zu etwas Besonderem?
CF: Das Revival ist definitiv da. Jeder unserer sehr selektiv ausgewählten Titel hat etwas Besonderes. Was alle haben, ist eine sehr gute Lokalisation. Da werden wir auch in Zukunft nicht sparen. Was das besondere an jedem Spiel ist, das muss der Spieler schon selbst rausfinden. Bei 'Tony Tough' zum Beispiel gibt es neben der Lokalisation mit den ganzen bekannten Comedians einfach ganz verrückte Rätsel. Die sind natürlich in der Schwierigkeitsstufe schwer (auch sehr schwer). Bei Shootern aber wird man in der schweren Stufe ja auch immer gleich platt gemacht. Außerdem gibt es bei 'Tony Tough' eine Reihe von Hidden Features. Eines will ich mal verraten: Am Anfang solltet ihr mal der alten Dame im Freizeitpark einfach die Candys geben, ohne vorher mit ihr gesprochen zu haben. Ach so und für die Schweizer unter euch: Wir haben ja mit Marco Rima für die Schweiz ein eigenes Testimonial gefunden. Danke für das Gespräch und allen gamesweb.com-Lesern weiterhin viel Spaß. Spielt Adventures!!!
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