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Special - 10 Years After: Vietcong : Der tschechische Dschungel

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Vietcong überzeugte technisch zumindest teilweise. Die hauseigene Engine zaubert vor allem die Vegetation sehenswert auf den Bildschirm, jedenfalls für damalige Verhältnisse. Allerdings ächzten selbst starke Rechner unter der Last. Im Nahbereich sieht das Spiel schwach aus, wofür aber Details wie auffliegende Vögel, kleinere Tiere oder zu Boden rieselndes Laub wieder versöhnen. Noch besser allerdings ist die grandiose Klangkulisse mit Rock aus den 70ern und Kommentaren im Stil von „Good Morning, Vietnam“. Insgesamt hinterließ Vietcong einen guten Eindruck. Es gehörte vielleicht nicht zur Spitze, aber zur gehobenen Liga des Shooter-Genres.

Truppennachschub

Vietcong fand zumindest in Europa einige Fans, sodass bereits 2004 mit Fist Alpha eine sehr ordentliche Erweiterung folgte, die zusammen mit dem Hauptspiel auch als Bundle unter dem Titel Vietcong: Purple Haze für PC erschien. In den USA erhielt das Spiel recht gemischte Kritiken. Nicht ungewöhnlich, denn zum einen hatten und haben es europäische Titel jenseits des Teiches immer schwerer als einheimische Produktionen, wie man am Beispiel Mafia gut sehen konnte. Zum anderen darf man nicht vergessen, dass der Vietnamkrieg ein amerikanisches Trauma ist und vielleicht aufgrund seiner Thematik nicht gut ankam.

Sei es drum, Vietcong verkaufte sich mehr als eine Million Mal, für damalige Verhältnisse ein durchaus ordentlicher Erfolg. Vietcong: Purple Haze erschien 2004 dann auch für PS2 und Xbox in Form einer Portierung durch Coyote Studios. Die enttäuschte allerdings. Unter anderem wurde bei der PS2-Version der komplette Mehrspielermodus entfernt. Die KI-Schwächen traten noch deutlicher hervor als bei der zumindest noch brauchbaren PC-Version und die Grafik, die ohnehin schon starke PCs zum Schwitzen brachte, litt unter den schwächeren Möglichkeiten der Konsolen.

Kriegsende

Der Nachfolger Vietcong 2 wurde dementsprechend im Herbst 2005 nur für PC veröffentlicht. Als Captain Daniel Boone erlebt ihr diesmal die Ereignisse rund um die Tet-Offensive im Jahre 1968. Statt weiter durch den Dschungel zu stapfen, bestreitet ihr nun Häuser- und Straßenkämpfe. Damit war schon mal ein Alleinstellungsmerkmal weitgehend passé. Leider verstärkten sich auch die Schwächen des Vorgängers. Die KI hinterließ einen deutlich schlechteren Eindruck und agierte zum Teil recht peinlich. Die Charaktere stehen weniger im Vordergrund und wirken blasser und auch technisch ist kaum Weiterentwicklung zu entdecken. Insgesamt war der zweite Teil eine echte Enttäuschung und wirkte lieblos umgesetzt, statt die Stärken des Vorgängers auszubauen und die Schwächen zu entfernen.

Nachruf

Folglich gab es dann auch keinen weiteren Titel. Vietcong 2 kam nicht an den Erfolg des ersten Teils heran und in der Folge wurde Pterodon Studios mit Illusion Softworks zusammengelegt, um die es ebenfalls still wurde, bis sie 2008, von Take 2 übernommen, zu 2K Czech umbenannt wurden und 2010 Mafia II entwickelten.

Immerhin jedoch sorgte Vietcong dafür, dass das Szenario des Vietnamkriegs für eine Weile in der Spielebranche angesagt war. 2004 erschienen zum Beispiel Battlefield: Vietnam, Men of Valor, Conflict: Vietnam und das grauenvoll schlechte ShellShock: Nam '67. Allerdings setzte sich das Szenario auf lange Sicht nie richtig durch und tauchte später fast nur noch in Form einzelner Missionen in Shootern auf, wie in Call of Duty: Black Ops.

Woran es liegt? Wer weiß das schon genau. Gerade im Hinblick auf Missionen und Szenarien hat der Vietnamkrieg viel zu bieten. Andererseits ist er auch ein traumatisches Stück Geschichte für die USA, das dort immer mit Fingerspitzengefühl angefasst werden muss und unterm Strich deutlich weniger salonfähig ist als der Zweite Weltkrieg. Und das nicht nur, weil letzterer gewonnen wurde, während für den Vietnamkrieg ein hoher Preis gezahlt wurde.

Mir gefiel das bis dahin selten genutzte Szenario. Der Dschungelschauplatz wurde ziemlich authentisch umgesetzt und trotz spielerischer und technischer Mängel fesselte mich der Titel allein durch seine Atmosphäre. Noch mehr gefiel mir die Ernsthaftigkeit des Spiels, vor allem aber der erfreuliche Mangel des bei US-Produktionen üblichen Hurra-Patriotismus. Pterodon und Illusion Softworks versuchten eher, die Atmosphäre von Filmen wie „Apocalypse Now“ oder „Platoon“ einzufangen - was nicht immer gelang, sich aber zumindest für mich positiv vom üblichen „Macht die Nazis platt“ unterschied. Auch wenn Vietcong nicht der beste Shooter aller Zeiten war – er hat Impulse gesetzt und war für mich ein Spiel, an das ich positive Erinnerungen habe. Und immerhin: Es brachte das Zielen über Kimme und Korn ins Genre, das mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist.

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