Test - Tomb Raider : Töten statt Titten
- PC
- X360
Mehr Schein als Sein
Zu sagen, dass Tomb Raider spielerisch neue Wege geht, wäre eine glatte Lüge. Es geht etwas andere Wege als die Vorgänger und gewichtet die typischen Bestandteile der Reihe ganz anders, als man es gewohnt ist. Standen früher Ruinen und deren Erkundung im Fokus, gibt es nun lineare Abschnitte, aber auch offene „Hubs“, die mehr oder weniger frei erkundet werden können. Letzteres lohnt sich nur bedingt, denn bis auf etliche Sammelobjekte, Bergungsgut (dazu später mehr) und einige wenige versteckte Grabstätten, die recht schnell erforscht sind, aber weitaus weniger Rätsel beinhalten als früher, gibt es nicht so ganz viel zu entdecken. Man neigt ohnehin dazu, die Sammelobjekte irgendwann links liegen zu lassen, denn sie lenken mehr ab und stören eher, als dass sie von Nutzen sind.
Die Wegfindung in den Arealen gestaltet sich zumeist ebenfalls recht simpel. Kanten und Farben machen schnell klar, wo gesprungen oder geklettert werden kann und wo nicht. Immerhin, dank des wachsenden Fundus an Hilfsmitteln gibt es einige elegante Möglichkeiten, sich durch die Umgebungen zu bewegen - sei es kletternd mit der Handaxt oder mit Pfeil und Bogen Seile als Wegstrecke an vorgegebenen Orten platzierend. Auch wenn man recht wenige Freiheiten bei der Bewegung hat: Die flüssige Steuerung und die schönen Animationen machen jede Kletterpartie zu einem Fest der Sinne. Gefordert wird man hierbei aber so gut wie nie. Auch nicht bei den Quick-Time-Events, die zwar oft rasant inszeniert sind, zuweilen aber ein bisschen auf Trial & Error spekulieren. Die spielerische Freiheit, welche die offenen Areale versprechen, ist allerdings mehr Schein als Sein.
Rambo-Tussi
Kämpfe spielen eine größere Rolle als je zuvor in einem Tomb-Raider-Titel, und genau das ist der Punkt, wo das Spiel sich selbst ein wenig im Wege steht. Zwar wird uns in den Zwischensequenzen glaubhaft vermittelt, welche Nöte Lara damit hat, einen Menschen zu töten, und wie schwer sie an der Last trägt. Doch im Spiel selbst entpuppt sich Lara viel zu schnell als Kampfmaschine, die jeden Rambo dieser Welt blass aussehen lässt. Kaum hat sie den ersten der fiesen Inselbewohner auf ihrem Gewissen, fällt jeder Zweibeiner der gegnerischen Fraktion ihren Waffen zum Opfer, und das auch noch zuweilen äußerst rabiat.
Bogen, Axt, Pistole, Gewehr, Schrotflinte – das ist das Arsenal, das Lara zur Verfügung steht und im Laufe der Zeit durch Upgrades und Bergungsgut aufgewertet werden kann. Letzteres findet sich an erlegten Gegnern und in Kisten und Schatztruhen. Ist Laras erster Bogen noch mehr oder weniger ein Stock mit Sehne, steht ihr am Ende ein waschechter Sportbogen zur Verfügung, mit dem sie Seile, Explosivgeschosse und Brandpfeile mit tödlicher Präzision durch die Gegend und in die Gegner jagt. Und selbst im Nahkampf kennt die junge Frau, die das Töten gerade erst gelernt hat, keine Gnade und schickt mit der Axt jeden Feind auf blutige Weise und gern auch mal mit einem Finisher ins Nirwana.
Spielerisch solide Arbeit
Und als ob das noch nicht genug wäre, wird unsere junge Heldin auch noch mit reichlich Erfahrungspunkten gesegnet. Diese erhält sie für das Finden von Sammelobjekten, das Erlegen von Tieren, das Absolvieren von Handlungsabschnitten und Erreichen von Arealen. Und natürlich für das Töten von Gegnern. Wenn es dann mal ein Kopfschuss ist, umso besser, das gibt mehr Erfahrungspunkte. Besagte Punkte könnt ihr an Lagerfeuern, die auch als Schnellreisepunkte dienen, in drei verschiedene Fähigkeitsbäume investieren, die sich ums Überleben, den Kampf und die physischen Fertigkeiten drehen, sich aber im Spiel nur selten spürbar auswirken.
Auch hier gibt es am handwerklichen Teil kaum etwas zu bemängeln. Die Kampfmechanik funktioniert ausgezeichnet, das Waffen- und Treffer-Feedback ist prima. Munition ist fair verteilt und über kleine Design-Langweiler wie explosive Fässer für den Knalleffekt blicken wir großzügig hinweg. Die Gegner agieren überraschend aggressiv und clever. Lara geht zwar automatisch hinter passenden Objekten in Deckung, jedoch sind die Gegner schnell dabei, sie mit Brand- oder Explosivgeschossen aus selbiger herauszuscheuchen. Die Feinde sind aggressiv, treffsicher und beweglich und gehören definitiv zu den besseren Vertretern der Gattung Tontaube.
Kommentarezum Artikel