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Test - The Westerner 2: Fenimore Fillmore's Revenge : Trauriges Adventure-Fastfood

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Wären Computerspiele bereits vor vierzig Jahren massentauglich gewesen, dann hätten wir damals wohl nichts anderes als Cowboy-und-Indianer-Ballereien gezockt. Doch wer heutzutage Pferden, Country-Musik und Revolverhelden nachtrauert, der ist schon froh, wenn mal ein harmloses Point-&-Click-Adventure abfällt. 2004 feierte Revistronic mit The Westerner einen Achtungserfolg und jetzt gibt es endlich die überfällige Fortsetzung. Nur ist sie ein wenig anders als erwartet ausgefallen.

Selbst John Wayne interessiert's nicht

Fenimore Fillmore und Rhiannon Starek reiten gerade durch die Wüste, da stolpern sie über den schwer verletzten Carson. Während seiner letzten Atemzüge erzählt er Rhiannon, dass er ehemals an einem Überfall beteiligt gewesen sei, anschließend seine Kumpane reingelegt und die Beute heimlich versteckt habe. Einer seiner alten Gefährten bekommt dieses Geständnis noch halb mit, jedoch ohne selbst das Geheimnis zu erfahren. Wütend schießt er auf Fenimore und lässt Rhiannon von seinen Schergen entführen.

Nun müsst ihr den beiden aus der Misere helfen und zwar abwechselnd: Mal spielt ihr Rhiannon, die sich vorrangig um ihre Flucht sorgt, und mal übernehmt ihr die Rolle von Fenimore, der mit einem weiteren Ex-Bandenmitglied namens Baker die Jagd nach der Geliebten und der Beute aufnimmt.

Die Geschichte hört sich ernst an? Kann das sein, wenn der Vorgänger zu den lustigsten Adventures des Jahres 2004 gehörte? Traurigerweise ja, denn The Westerner 2 ist im Gegensatz dazu völlig auf seriös und dramatisch getrimmt. Diese Rechnung geht nicht auf, dazu fehlt es den Charakteren an Tiefe und den Zwischensequenzen an Ausführlichkeit. Ein paar Szenen sind zugegebenermaßen grandios umgesetzt, doch selbst diese Ausnahmen dauern selten länger als eine Minute an.

Zurückentwickelt

Konzept und Design erinnern schon eher an das alte Westerner, allerdings ist die Engine von vor fünf Jahren nicht besonders gut gealtert. Jede der in 3D modellierten Umgebungen ist in mehrere Bereiche eingeteilt, zwischen denen die Kameraperspektive umploppt. Mangels Hotspots sucht ihr euch gerne mal dumm und dämlich nach irgendwelchen gut versteckten Gegenständen.

Ansonsten sind die Rätsel von der Idee her schlau ausgedacht, nur hapert es massiv an der Umsetzung. Genau wie beim Vorgänger gibt es keine konventionelle Untersuchen-Option, dafür könnt ihr jedes Objekt direkt aus der Ego-Sicht betrachten, was in den seltensten Fällen hilfreich ist. Irgendwelche nützlichen Sprüche, die euer Charakter bei falschen Aktionen von sich geben könnte, existieren nicht. An manchen Orten steht euch einzig und allein Baker zur Seite, der sich jedoch nicht immer als besonders kommunikativ herausstellt.

Ebenfalls unschön ist die auffallend starre Linearität des Rätseldesigns. Sprich: Ein Problem ließe sich durchaus auf verschiedene Arten lösen, jedoch lassen die Programmierer selbst die kleinsten Alternativen äußerst selten zu. Manchmal ist stures Ausprobieren die beste Option, beispielsweise wenn ihr ohne einen ersichtlichen Hinweis Objekte mehrfach benutzen sollt, bevor ihr etwas mit ihnen anfangen könnt.

Spielzeit reicht nicht mal für zwei Knoppers

Der große Hammer kommt aber noch: Wenn ihr nicht gerade ewig und drei Tage auf der Jagd nach gut versteckten Gegenständen seid, dann benötigt ihr zwei bis maximal drei Stunden zur Lösung des Abenteuers. Zusammen mit der dünnen Rätseldichte und den wenigen Locations ist der Umfang geringer als bei den meisten Einzelepisoden der Sam-&-Max-Saga. Trotzdem kostet das Spiel fast 40 Euro.

Ein paar positive Worte seien der Grafik zugestanden. Diese leidet zwar ebenfalls unter der alten Technik, zumal der neue ernste Look eine noch bessere Texturqualität benötigt, als es beim alten Comicstil der Fall gewesen ist. Doch die größte Stärke von damals findet ihr auch heute wieder: Die Animationen sind größtenteils toll, speziell jene in den Zwischensequenzen.

Zum Schluss sei der Action-Part erwähnt, der euch an dreieinhalb Stellen dazu zwingt, mit der Maus auf Zielscheiben oder böse Schurken zu schießen. Zielen und abdrücken, das funktioniert so weit noch, nicht jedoch das Laufen von einem Punkt zum anderen. Das klappt nur, wenn ihr direkt auf den Boden eures gewünschten Standortes klickt. Weil sich dieser eher im unteren Bildschirmbereich befindet und eure Gegner hingegen auf Augenhöhe ballern, verkommt das Ganze aufgrund der ausschweifenden Mausbewegungen zur hakeligen Klickerei. Ganz davon abgesehen sind die Schussgefechte so spannend wie das Raten von Farben im Dunkeln.

Fazit

Andreas Altenheimer - Portraitvon Andreas Altenheimer
The Westerner war damals ein tolles Spiel. The Westerner 2 ist heute ein schlechtes Spiel. Der Humor ist futsch, das auch noch vorsätzlich. Ich verstehe es ja, wenn die Entwickler mal was anderes machen wollen und von der Comedy zur Dramatik wechseln. Doch warum müssen dafür ehemals niedlich-charmante Charaktere herhalten? Diese John-Wayne-Milchbubi-mit-Dreitagebart-Nummer, die Revistronic hier mit dem ehemaligen Slapstick-Fenimore abzieht, ist alles andere als glaubwürdig. Die Rätsellogik stimmt im Kern, aber nicht in der Ausführung. Ähnlich sinnvolle Aktionsketten sind nicht erlaubt und ihr erhaltet kaum Hinweise auf die von euch abverlangte Lösung. Der Action-Part spielt sich einfach nur schlecht und die Präsentation ist mit Ausnahme der liebevollen Animationen sowie ein paar schicker Zwischensequenzen allenfalls mittelmäßig. Die horrend kurze Spielzeit von zwei bis drei Stunden ist dann die Pointe dieses schlechten Witzes, der sich The Westerner 2 nennt.

Überblick

Pro

  • ein paar Zwischensequenzen sind sehr gut inszeniert
  • einige tolle Animationen
  • halbwegs logische Rätsel ...

Contra

  • ... für die es viel zu wenige Hinweise gibt
  • sehr lineares Rätseldesign
  • nicht frei von Trial-&-Error-Aufgaben
  • wahnsinnig kurz
  • nimmt sich viel zu ernst
  • uninteressante Charaktere
  • schlecht spielbare Actionszenen
  • veraltete Grafik-Engine
  • lauer Sound

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