Test - The Abbey : Mönche, Morde und Mysterien
- PC
Durch die Eingrenzung der Spielwelt auf die Abtei ist es mit dem Abwechslungsreichtum der Szenerien schlecht bestellt. Ein Großteil der Räumlichkeiten lernt ihr bereits im ersten Kapitel kennen, danach kommen nur wenige Locations pro Kapitel hinzu. Deren Nährwert ist alles andere als beeindruckend: Meist lauft ihr einmal kurz hindurch oder löst maximal ein kleines Rätsel, um weiterzukommen.
All diese Fehler deuten auf zwei Ursachen hin: Die Designer wollten ursprünglich viel zu viel erreichen, doch letztlich ging ihnen wohl die Zeit aus. In früheren Interviews wurde ein Vierzig-Stunden-Epos (!) angepriesen und statt magerer 20 Locations sollte es eigentlich satte 60 geben. Das wäre vielleicht auch etwas zu viel des Guten gewesen, doch das Endergebnis ist schlichtweg zu kurz und programmtechnisch unausgereift.
Bei der Benutzerführung nachgedacht
Dass die Jungs von Alcachofa Soft durchaus ihr Handwerk verstehen, wollen wir gar nicht bestreiten. Ein schönes Beispiel ist die Steuerung: Weil Leonardo in seiner Mönchskutte durch die Gegend stiefelt und eine zeitbeschleunigende Rennanimation wenig zur Atmosphäre beigetragen hätte, geht der gute Mann das gesamte Spiel über sehr behäbig durch die Flure. Als Ausgleich könnt ihr per Doppelklick gleich ganze Räume überspringen und mittels Übersichtskarte gar zu jedem wichtigen Ort ohne Zeitverzögerung reisen.
Ähnlich gelungen ist das Tagebuch, in dem Leonardo automatisch seine Fortschritte aufzeichnet. Hier bekommt ihr ganz selten auch mal wirklich nützliche Hinweise geboten, weshalb uns nicht ganz klar ist, wieso dieses Tagebuch-Feature nicht weiter ausgebaut wurde. Mit solch einem Utensil könnte man theoretisch alle schwer nachvollziehbaren Rätsel bedeutend abmildern.
Weltklasse-Synchro
Mehr als professionell ist die Präsentation, allem voran die überirdisch gute Sprachausgabe. So viele Spiele zeigen, dass speziell deutsche Synchronisationen in puncto Dramatik, Betonung und Überzeugungskraft nur sehr schwer realisierbar sind. 'The Abbey' gibt sich dagegen keine Blöße und kann sich mit Sprachausgabeklassikern wie 'Grim Fandango' oder englischsprachigen Beispielen wie 'Grand Theft Auto 4' messen.
Von der Musik hatten wir uns etwas mehr versprochen, denn der komplette Soundtrack wurde per Orchester eingespielt und ist somit, rein technisch gesehen, von hochwertiger Qualität. Aber der gute Emilio de Paz ist nun mal kein Jeremy Soule und kein Nobuo Uematsu: Bei einigen Stücken wirkt der Chor viel zu übertrieben eingesetzt (speziell beim Intro), bei anderen hört sich der Score etwas monoton an (etwa in den Außenarealen). Zu den Highlights gehören definitiv die melancholischen, träumerischen Melodien, beispielsweise in der Schmiede oder im Hospitalgebäude.
Grafisch fällt sofort der schicke Zeichentrickstil auf, der auch wirklich rund ausschaut. Die Animationen hätten noch etwas mehr Feinschliff vertragen können, besonders im Intro wirken sie etwas hölzern. Der Gesamteindruck ist jedoch knapp sehr gut und zeigt durchaus, dass die Entwickler viele Liebe ins Programm gesteckt haben.
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