Test - Splatoon 3 : Großer Wurf oder nur ein weiterer Aufguss?
- NSw
In Splatoon 3 lautet die Devise: Repariere nichts, was nicht kaputt ist. Zwar haben sich einige gerade für bestehende Spieler interessante Details geändert, aber reichen feine Schraubendrehungen, um eine Fortsetzung auf derselben Plattform zu rechtfertigen?
Splatoon hat sich zu einem derartigen Kassenschlager entwickelt, dass Nintendo innerhalb weniger Jahre bereits den dritten Teil seines grellbunten Shooters nachschiebt. Der Erstling verhalf der Wii U zu einer kleinen zweiten Blüte. Splatoon 2 beförderte dann das Erfolgskonzept auf die Switch und erweiterte die 4vs4-Kämpfe um einen Koop-Modus und ein paar andere Kleinigkeiten.
Schon damals unterstellten spitze Zungen der Fortsetzung, zu wenig Neues zu bieten und daher nur eine zum Vollpreis verkaufte Erweiterung zu sein. (Wir übrigens nicht: Hier könnt ihr unseren Splatoon-2-Test nachlesen.) Splatoon 3 kann sich nicht mehr hinter dem Argument des Plattformwechsels verstecken. Gerade auf derselben Konsole müssen Gründe her, warum man nicht einfach bei dem nach wie vor lebendigen Vorgänger bleiben sollte.
Eine Frage der Zielgruppe
Die Antwort darauf, ob Splatoon 3 genügend Neuerungen bietet, hängt ganz davon ab, was man erwartet. Neues gibt es definitiv. Dabei handelt es sich vor allem um Kleinigkeiten, die eingefleischte Spieler zu schätzen wissen. Fakt ist aber auch, dass diesmal der “Unique-Selling-Point”, wie es im Marketing-Jargon so schön heißt, fehlt. Kein vollkommen neuer Modus wie der Salmon Run im Vorgänger, nicht einmal neue Modi für Rangkämpfe gibt es. Das sind definitiv Aushängeschilder, nach denen insbesondere der Otto-Normal-Inkling Ausschau hält - und vergeblich sucht. Trendthemen wie Battle Royale oder PvPvE scheint man bei Nintendo gleich ganz verschlafen zu haben.
So wie sich Splatoon 2 bereits in gewisser Weise wie eine optimierte Version des Vorgängers anfühlte, genau so fühlt sich nun auch Splatoon 3 im Verhältnis zum inzwischen fünf Jahre alten zweiten Teil an. Der Story-Modus (übrigens auf Augenhöhe mit der Octo-Expansion!) gehört als gelungenes, aufgepimptes Tutorial für Mechaniken und Waffentypen ebenso zum Pflichtprogramm wie Revier-, Rang-Kämpfe (nun Anarchie-Kämpfe genannt) und der Koop-Modus Salmon Run. Neu sind vor allem viele wertvolle Detail- und Komfortanpassungen sowie Ergänzungen der bestehenden Modi.
Die Möglichkeit, die wortreichen Neuigkeiten bei jedem Spielstart endlich auch nebenher laufen lassen zu können und sich gleichzeitig im etwas unübersichtlichen Hub Inkopolis mit neuen Waffen und Ausrüstung einzudecken, mag nichts Weltbewegendes sein. Der Spielfluss profitiert davon jedoch ungemein. Gerade weil Splatoon ein flottes Spiel ist. Vorbei sind außerdem die Zeiten, in denen während der Spielersuche auf einen öden Bildschirm gestarrt werden muss. Die Lobby ist nun gleichzeitig ein Trainingsgelände, in dem die Wartezeit sehr viel kurzweiliger ausfällt. Und das vielleicht Wichtigste: Salmon Run kann nun rund um die Uhr gespielt werden. An vielen Punkten lässt sich erkennen, dass den Entwicklern ganz genau bewusst war, welche Stellschraubendrehungen Fans glücklich machen.
Der Teufel steckt im Detail
Für diejenigen, die bisher noch gar keine Berührungspunkte mit Splatoon hatten: In Rangkämpfen besteht euer Ziel darin, möglichst viel Fläche der Arena innerhalb weniger Minuten zusammen mit eurem Team einzufärben. Das gegnerische Team versucht selbstverständlich dasselbe, weswegen es zu Auseinandersetzungen kommt. Gegner zu eliminieren spielt aber eine untergeordnete Rolle. Zwar können wir aufgrund des recht kurzen Testzeitraums nicht mit endgültiger Sicherheit sagen, ob das Balancing mancher unliebsamer Waffen und Specials (Stichwort: Schwarmraketen) sich dramatisch verändert hat, allerdings gibt es einige sehr angenehme Feinjustierungen, die das Spielerlebnis spürbar verbessern.
Beispielhaft sei hier der Kugelschild Pro genannt, der nicht nur als Ziel für einen Supersprung dient, sondern gleichzeitig auch die Problematik des Supersprung-Campings entschärft. Gleiches gilt für Spawns: Nicht länger starten alle Spieler auf einer kleinen Fläche. Stattdessen dürft ihr euch in einem vorgegebenen Rahmen des Startbereichs verteilen und nicht nur effizienter einfärben, sondern auch Gelegenheiten zum Vorpreschen nutzen, wenn das gesamte gegnerische Team euren Start eingekesselt hat. In Anarchie-Kämpfen, die ein hohes Maß an Koordination und Kommunikation erfordern, wurden außerdem Nuancen verändert, um Partien auch ohne Voice-Chat erfolgreicher zu gestalten.
Gleichermaßen wurde die Bewegungsfreiheit der Inklinge verbessert, was findigen Spielern mehr Werkzeuge an die Hand gibt, aus heiklen Situationen auszubrechen oder noch unvorhersehbarer zu handeln. Mit I-Frames Haken zu schlagen und an Mauern emporzuspringen, sind coole Ergänzungen, die aber Übung erfordern. Nicht zu vergessen sind natürlich die zwei völlig neuen Waffentypen: der Stringer, ein Bogen, und das schwertähnliche Splatana. Beide unterscheiden sich merklich von den bekannten Waffen und ermuntern zu völlig neuen Spielstilen.
Handfeste Argumente?
Es gibt sie aber auch, die etwas substanzielleren Ergänzungen, die sich auf den ersten Blick erkennen lassen und hauptsächlich Salmon Run und Splatfeste betreffen. Wie bereits erwähnt ist der Koop-Modus nicht mehr nur noch zu bestimmten Zeiten, sondern rund um die Uhr spielbar.
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Neben neuen Gegnertypen ist vor allem die Extra-Welle interessant, die sporadisch eintreten kann, nachdem ihr bereits drei Wellen von Salmoniden erfolgreich abgewehrt habt. Dann taucht ein gigantischer Ober-Salmonide auf, den ihr mit den bis dahin gesammelten Fischeiern beschießt. Nicht zu wissen, wann dieses Ereignis stattfindet, wenn gerade der Stress einer erfolgreichen Schicht abfällt, pumpt noch einmal kurz etwas Adrenalin in den Kreislauf und ist definitiv eine nette Abwechslung. Künftig wird es außerdem besondere Events geben, in denen die Salmoniden auch über die herkömmlichen Arenen der kompetitiven Modi herfallen. Dieser steht aktuell noch nicht zur Verfügung.
Apropos Event: Wir kommen zu Splatfesten und der vielleicht größten verpassten Chance von Splatoon 3. Aber eines nach dem anderen. Die in regelmäßigen Abständen stattfindenden Veranstaltungen sind in abgewandelter und fairerer Form zurück. Bis Splatoon 2 stellte euch Nintendo vor die Wahl zwischen zwei Teams, für deren triviale Sache ihr an zwei aufeinanderfolgenden Tagen kämpft. Beispielsweise, ob ihr das Toilettenpapier mit dem Anfangsblatt nach vorne oder nach hinten aufhängt. Am Ende gewann das Team, das aus drei Kategorien die meisten Spieler hinter sich versammeln und die meisten Matches gewinnen konnte. In der Regel fiel das Ergebnis daher sehr eindeutig aus.
In Splatoon 3 habt ihr die Wahl zwischen drei Teams, wodurch eine zu einseitige Spielerverteilung bereits entschärft wird. Zum anderen ist das Event künftig zweigeteilt. Am ersten Tag treten die Teams wie gewohnt in 4vs4-Matches gegeneinander an. Nach einem Zwischenstand kommt es zu einem Novum, währenddessen die im Rückstand liegenden Teams eine Chance bekommen aufzuholen. Durch 2vs4vs2-Matches treten erstmals drei Teams gleichzeitig in einer Arena gegeneinander an und können dem bis dahin dominierenden Team die Krone entreißen. Es dürfte also der Vergangenheit angehören, den Gewinner eines Splatfestes vorhersagen zu können.
Allerdings werden Splatfeste nur eine bestimmte Zeitlang von Nintendo unterstützt. Die wohl fundamentalste Änderung in Splatoon 3 fällt mit der unausweichlichen Einstellung der Events also irgendwann weg. Dabei hätten ausgerechnet auch Standard-Matches mit drei beziehungsweise vier Teams ein handfestes Alleinstellungsmerkmal bilden können, das dem Titel unserer Meinung nach zum aktuellen Zeitpunkt einfach fehlt.
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