Special - Frauendarstellung : Frauensache

Wer kennt sie nicht, die halb nackten Kämpferinnen in Dead or Alive und den überdurchschnittlich großen Vorbau der Lara Croft zu PS-One-Zeiten? Während insbesondere die junge, männliche Spielerszene diese Frauendarstellungen ganz locker sehen oder auch ganz gut finden, passt das Spielerinnen doch ganz und gar nicht, oder? Um herauszufinden, wie Zockerinnen wirklich zu derartigen Frauenbildern stehen, haben wir uns ein wenig umgehört.

Von den Medien wird gerne mal eine Sexismusdebatte in die Welt gestreut, wenn die Brüste einer Beat-'em-up-Kämpferin wieder fast aus dem Kostüm hüpfen. Immer wieder stören sich Menschen angeblich an dieser sexualisierten Darstellung von weiblichen Protagonisten – insbesondere Frauen. Doch ist das tatsächlich so? Wir haben Interviews mit mehreren ganz unterschiedlichen Frauen zum Thema „Frauendarstellung in Videospielen“ geführt. Hierbei möchten wir anmerken, dass unsere Ergebnisse natürlich keinerlei wissenschaftliche Studie darstellen sollen. Wir haben lediglich stichprobenartig ein paar Untersuchungen angestellt, um einen kleinen Einblick zu gewinnen.

Zunächst stellten sich unsere Teilnehmerinnen ganz allgemein als Person vor. Dabei fällt auf, dass alle bereits seit ihrer Kindheit Videospiele spielen, ganz egal, ob sie Gelegenheits- oder Hardcore-Spielerinnen sind. So hat eine Teilnehmerin, die beruflich mit Videospielen zu tun hat, sogar schon mit fünf Jahren ihre erste Gaming-Erfahrung gemacht. Auch haben die meisten zunächst mit Game Boy und Konsolen, wie NES oder Nintendo 64, ihre Zockerlaufbahn begonnen, den PC haben sie tendenziell etwas später für sich entdeckt.

(Tomb Raider)

Dead or Alive, Soul Calibur und Co.

Für unsere „Nachforschung“ ist natürlich wichtig zu wissen, ob unsere Teilnehmerinnen Spiele wie Dead or Alive, Soul Calibur, Tomb Raider et cetera, in denen Frauen auffällig anzüglich gestaltet sind, kennen. Tatsächlich haben alle unsere Befragten derartige Spiele schon einmal gespielt. Daher wollten wir gleich wissen, ob ihnen die Titel rein spielerisch gefallen haben und ob sie die sexy Darstellung der Protagonistinnen überhaupt stört. Für die meisten ist die Darstellung nicht ausschlaggebend für den Spielspaß:

„Ich habe schon viele Beat-'em-ups gespielt, zum Beispiel Tekken, Dead or Alive, Street Fighter oder Soul Calibur. Rein spielerisch haben mir die meisten davon auch gefallen.“ (Annegret Mehlfeld, Studentin)

„An solchen Spielen kommt man ja kaum vorbei. Rein spielerisch finde ich zum Beispiel die meisten Tomb-Raider-Titel wirklich gut, was bei einer Serie dieses Ausmaßes schon eine Leistung ist. Dead or Alive ist einfach Genre-technisch nicht so meins, bei den meisten Beat-'em-up- Spielen verliere ich einfach schnell das Interesse. Bei der netten Umschreibung 'auffällig gestaltete, weibliche Charaktere' musste ich zuerst an Lollipop Chainsaw denken, was spieltechnisch echt nicht überzeugt hat. Viel zu einfach und vor allem viel zu kurz.” (Mika, 24, Studentin)

Dagegen fanden sich auch Frauen, die durchaus eine Linie überschritten sehen, wenn die Anzüglichkeit zu stark mit Nacktheit gekoppelt wird, und die daher das Frauenbild in Videospielen kritisch betrachten:

„Bei Tomb Raider halte ich die Darstellung noch für ziemlich vertretbar, da der Charakter noch komplett bedeckte Brüste und Genitalbereich hat. Dass die Proportionen nicht menschlich sind, ist bereits 'Gewohnheit' und fällt daher kaum auf. Bei Dead or Alive könnte man wohl auch gleich einen Porno kaufen anstelle eines Spiels.“ (Ann-Kathrin, 21, Studentin)

„Im Laufe der Jahre hat sich meine Wahrnehmung sehr stark verändert. Als Kind habe ich mich einfach gefreut, wenn überhaupt Frauen in Spielen aufgetreten sind, und wenn sie hübsch und gut gebaut waren, habe ich das einfach positiv wahrgenommen. [...] Je älter ich werde, desto kritischer setze ich mich jedoch mit dem Thema auseinander und wenn man einmal begonnen hat, sich über die Entwicklung Gedanken zu machen, kann man 'Frauen in Spielen' nicht unkritisch betrachten. Es fehlt vielen Spielen einfach an Vielfalt, aber es wurden in den letzten Jahren bereits erhebliche Fortschritte gemacht und es gibt auch durchaus viele positive Beispiele, wie Alyx Vance in Half-Life oder April Ryan aus The Longest Journey. Aber da geht noch mehr!“ (Nina Schild, 28, ehemalige Spieleredakteurin, jetzt Head of Marketing & Distribution bei einer Modeagentur)

(The Longest Journey)

Sex sells

Anzügliche Frauenfiguren können auf verschiedene Weisen dargestellt werden und haben in unterschiedlichen Spielen auch mal mehr, mal weniger Relevanz. So stellen leicht bekleidete Frauen einen wesentlichen Aspekt der Dead-or-Alive-Serie dar, während bei Tomb Raider das Action-Abenteuer im Fokus steht. Da ist es interessant zu wissen, ob Spielerinnen einen Unterschied in dieser Einbindungsweise machen, also ob die eine besser oder schlechter als die andere ist. Auch hier sind sich die meisten Teilnehmerinnen einig - es macht keinen Unterschied. Öfters wird auch darauf hingewiesen, dass die Zielgruppe solcher Spiele eben berücksichtigt werden müsse:

„Ich finde es nicht schlimm, wenn so was als Kaufargument benutzt wird. 'Sex sells' ist eben ein Grundsatz, der nie alt wird. Aber mir persönlich kommt es natürlich auf das Gameplay an. Wenn mir ein Spiel außer Brüsten nicht viel bietet, ist das meiner Meinung nach Geldverschwendung.“ (Mika)

„Ich finde beides weder schlimm noch zwangsläufig gut. Es gibt nun mal geschlechtsspezifische Attribute, die wir an Charakteren sehen wollen. Dazu gehört bei weiblichen Protagonisten (zum Teil aber auch bei männlichen) die Attraktivität. Spiele, die eine sexualisierte Darstellung von Frauen zu ihrem Steckenpferd machen, sprechen ja auch bewusst eine männliche, oftmals pubertierende Zielgruppe an. Ich finde das nicht verwerflich, so ein Frauenbild begegnet einem ja nicht nur in Videospielen, sondern auch in Filmen, Musik, Internet und so weiter [...]“ (Klara Linde, 23, Studentin)

„Spiele wie Dead or Alive empfinde ich irgendwie als sinnfrei – aber ich bin ja auch nicht die Zielgruppe. Aber schlecht oder schlimm finde ich sie nicht. Tomb Raider finde ich super wegen der Action und dass Lara alleine auf Schatzsuche geht, sich dabei nicht unterkriegen lässt und mehr draufhat als alle anderen im Spiel. Und wenn sie dabei noch große Brüste hat – okay, ist eben so.“ (Aisha Dismond, 25, ehemalige Praktikantin bei einem Spielemagazin, jetzt Studentin)