Test - Redfall : Test: Das war eher nix - blutleer statt bissig
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Redfall hat schon einige Stolpersteine hinter sich, begonnen mit der fälschlichen Annahme, es handle sich um Left4Dead mit Vampiren, über Verschiebungen bis zur Ankündigung, dass der 60-fps-Modus auf der Xbox Series X erst nach dem Release nachgereicht wird. Nun ist das Spiel endlich da und trotz aller Probleme im Vorfeld waren wir gespannt, ob Arkane Austin an alte Geniestreiche wie Dishonored oder Prey anknüpfen kann. Spoiler: Nein! Ganz und gar nicht.
Wenn man auf einer einst idyllischen Insel feststeckt, die Sonne sich verdunkelt hat, roter Nebel über den Boden zieht und erstarrte Wellen in Tsunami-Höhe es unmöglich machen, der Insel zu entkommen, ist das schon blöd. Noch blöder ist es, wenn es auf der Insel namens Redfall nur so vor Vampiren wimmelt, ein Teil der Überlebenden den Vampiren die runzligen Blutsaugerfüße küsst, Söldnertrupps durch die Straßen ziehen und der Rest sich vor all dem versteckt, ist das im Grunde die Krönung von blöd.
Genau das ist aber die Ausgangslage in und auf Redfall, einer an sich typischen Küstenstadt in Massachusetts. Als einer von vier Vampirjägern gilt es, den Vampiren Einhalt zu gebieten, die Hintergründe der Vampirinvasion aufzuklären und die wenigen Überlebenden zu schützen. Eigentlich kein schlechtes Szenario für einen storybasierten Open-World-Shooter, quasi eine Art Far Cry mit Vampiren. Nur eben im Zwergenformat, denn je nach Skill und Schwierigkeit erlebt ihr nach eher dünnen 15-20 Stunden den Abspann – Story, Nebenmissionen und Unterschlupfaufträge inklusive.
Die vier Jäger, die zur Auswahl stehen, unterscheiden sich nicht bei der Waffennutzung, haben aber ihre eigenen Skills. Jacob tarnt sich, markiert Gegner und erlegt gleich mehrere Gegner hintereinander mit seiner Psi-Sniper. Layla nutzt eine Art Psi-Teleport-Häuschen, einen Psi-Schild und ihren Vampir-Ex, der ihre Gegner attackiert. Remi wirft mit C4-Haftladungen um sich, hetzt ihren Roboter als Ablenkung auf den Feind oder erzeugt koop-freundlich einen Heilkreis. Devinder grillt etwaige Gegner mit seinem Blitzspeer, teleportiert sich mittels eines Tools oder lässt Vampire im UV-Licht erstarren.
Grundsätzlich keine üblen Mechaniken, die sich auch im kooperativen Spiel gut ergänzen und mit verschiedenen Perks noch aufgewertet werden können. XP → Level-Up → Skillpunkte – ihr kennt das. Und ja, ihr könnt Redfall solo spielen, es ist ein story-basierter Shooter, aber auch optional im Team mit bis zu vier Spielern zu Werke gehen. Mit dem kleinen Haken, dass nur der Host seine Story- und Missionsfortschritte behält, den anderen Spielern bleiben nur XP, Skillpunkte und Ausrüstung. Immerhin, das Spiel unterstützt Cross-Play zwischen PC und Xbox Series X/S über einen Bethesda.Net-Account und das funktioniert sogar ziemlich reibungslos. Allerdings: kein Drop-in/Drop-out. Steigt der eingeladene Mitspieler aus, fliegt auch der Host aus dem Spiel. WTF?
Drei Schwierigkeitsgrade stehen euch von Beginn an zur Verfügung. Der mittlere Grad ist für Solisten mitunter knackig, je nach Wahl der Klasse. Im Koop-Spiel wird es massiv einfacher. Wir haben nach nur wenigen Minuten auf den höchsten Schwierigkeitsgrad umgestellt und hatten selbst da keine Probleme, den Endboss im ersten Versuch zu legen. Das Balancing der Schwierigkeitsgrade mag nicht so recht passen. Habt ihr das Spiel einmal durch, wird ein vierter Grad freigeschaltet und dabei handelt es sich um ein New Game Plus. Ihr nehmt Skills und Ausrüstung mit, müsst aber die Kampagne erneut spielen und dann werden die Gegner so langsam interessant – zumindest im Koop, solo ist das grenzwertig.
Zurück zum Spiel. Die Story führt euch in zwei umfangreiche Areale von Redfall, in denen euch jeweils eine Basis zur Verfügung steht. Dort tummeln sich diverse NPCs, die allerdings durch die Bank sehr statisch und farblos wirken. Ein Besprechungsraum versorgt euch mit Hauptmissionen, gelegentlich haben einzelne NPCs aber auch noch Nebenmissionen für euch. Die Hauptmissionen werden mit Zwischensequenzen vorgestellt, die aber nur aus leicht animierten Standzeichnungen bestehen. Auf echte CGI-Sequenzen hat Arkane verzichtet, warum auch immer.
Weitere Missionen erhaltet ihr in der offenen Spielwelt, vor allem in den Unterschlüpfen. Das sind Gebäude, deren Zugang ihr erst durch das Aktivieren eines Generators freischalten müsst. Danach schützt UV-Licht die nähere Umgebung vor Vampiren, der Unterschlupf dient ferner als Schnellreisepunkt, Respawn-Punkt und gemütlicher Platz zum Aufstocken der Munition. Außerdem bekommt ihr in jedem Unterschlupf zwei Aufträge. Einer führt euch in eine recht zufällige Mission in der offenen Spielwelt, der zweite schickt euch in den Kampf gegen Vampir-Lieutenants, die eigentlich Minibosse sein sollte, sich aber als ziemliche Luschen entpuppen. Danach gilt der Stadtbereich als gesäubert, was auf die Spielwelt aber keine sichtbaren Auswirkungen hat.
Dabei sind wir gleich bei einem Problem. Arkane hat sich zwar Mühe gegeben, eine hübsche Küstenkleinstadt im typischen Massachusetts-Stil auf die Beine zu stellen und das sogar sehr gefällig und frisch. Aber Redfall (also die Stadt) ist sehr leblos und statisch. Keine Überlebenden, die durch die Straßen huschen, keine herumstromernden Tiere, keine wirklichen Ereignisse, keine Veränderung. Und ja, es ist eine Vampir-Apokalypse, aber die Stadt ist letztendlich nur Kulisse. Die sporadisch auftauchenden Vampire und Patrouillen von Kultisten und Söldnern bringen auch nicht wirklich viel Leben in die Bude. Einziger wirklich beachtenswerter Aspekt sind die sporadischen Rabenschwärme am Himmel, die auf versteckte Nebenquests hinweisen können.
Etwas besser sieht es bei den zahlreichen Gebäuden aus, insbesondere, wenn darin Teile der Hauptstory ablaufen. Anhand von Büchern, Schriften und Spuren kann man ein wenig darin eintauchen, was in der Stadt passiert ist. Aber man muss sich die Frage stellen, ob Arkane nicht besser daran getan hätte, wie in Dishonored in ausgefeilten „Action Bubbles“ zu arbeiten, statt eine tote offene Welt hin zu tapezieren. Immerhin gibt es durchaus Lichtblicke im Leveldesign, die zumindest ansatzweise an Arkane-Highlights wie Clockwork Mansion erinnern. Die Adison Villa oder das Puppenhaus sind schon ziemlich geil gestaltet.
Das ist aber leider die Ausnahme und wird schnell dadurch entwertet, dass Redfall beim Missionsdesign gewaltig schwächelt. Die Unterschlupf-Missionen laufen immer gleich ab, die meisten Nebenmissionen sind stumpfe Objektbeschaffungen aus irgendeinem Haus im Gebiet. Und selbst die Abläufe der Hauptmissionen sind nicht sonderlich einfallsreich, im Falle der großen Vampirbosse sogar sehr ähnlich. Wirkliche Überraschungen sucht man über weite Strecken vergebens und auch das Niveau der Erzählung mag einen nicht so recht abholen – dafür sind die verschiedenen Stränge der Hauptgeschichte einfach zu dünn inszeniert.
Bei der Shooter-Spielmechanik sieht es immerhin besser aus. Das Gunplay ist recht ordentlich, sobald man die Controller-Steuerung nachgebessert hat. Die Grundeinstellung mit einem viel zu empfindlichen Ansprechverhalten der Sticks ist nämlich für die Tonne und kurz vor der Unspielbarkeit. Ist das angepasst, knallen die Wummen ordentlich, das Trefferfeedback kann sich sehen lassen und die Originalität von UV-Strahlern, Bolzenwerfern oder Signalpistolen hat durchaus ihren Reiz, zumal euch in Verbindung mit den Skills viel Spielstile offen stehen. Schlecht ist hingegen das Feedback, wenn ihr selbst getroffen werdet. Das wird visuell nicht gut umgesetzt, sodass ihr permanent euren HP-Balken im Blick behalten solltet.
Ein Haken: das Repertoire an Waffen ist insgesamt überschaubar. Zwar findet ihr reichlich neue Waffen als Loot, aber das sind im Prinzip nur Varianten von Pistole, Shotgun, Sturmgewehr, UV-Strahler, Pflockwerfer und Signalpistole in unterschiedlichen Qualitäten (Weiß, Grün, Blau, Violett, Gelb – ihr kennt das) und mit steigenden Leveln. So tauscht ihr immer wieder eure Lieblingswummen gegen neue Versionen aus, die mehr Level haben und damit besser für die mitskalierenden Gegner geeignet sind. Ein Upgrade-System gibt es nicht, auch ein Crafting-System ist nicht vorhanden.
Nicht benötigtes Loot könnt ihr zu Credits zerlegen. Zum Loot gehören außerdem Munition, Medikits, Dietriche und Verkabelungs-Kits für verschlossene Räume und Objekte sowie jede Menge an Objekten in der Spielwelt, die beim Aufsammeln in Credits umgewandelt werden. Letztere braucht ihr, um in der Basis an Nachschub eurer Verbrauchsgegenstände zu kommen. Es empfiehlt sich daher, viel einzusammeln, damit es nicht zu knapp in der Kasse wird, zumal euch bei jedem Ableben Credits abgezogen werden.
Wer auf viel Loot aus ist, findet vielleicht sein Vergnügen in den Vampirnestern, die ab einem gewissen Zeitpunkt immer wieder auftauchen. Das sind lineare, mehr oder minder prozedural aus verschiedenen Bausteinen gestaltete Dungeons, in denen ihr zunächst einige Vampire umhaut, um schlussendlich das Herz des Nestes (wörtlich gemeint) zu erreichen. Zerstört ihr das, erhaltet ihr ein Blutartefakt mit HP-Bonus und einigen Perks. Zudem bleiben euch 60 Sekunden Zeit, verschiedene Blutportale zu zerstören, die Kisten dahinter zu plündern und optimalerweise einen Ausgang zu finden, der euch noch einen XP-Bonus verschafft. Gibt eine Menge an Zeugs, leider meist mehr Masse als Klasse, und wird mit der Zeit aber auch recht langweilig, da es nur wenige Basis-Layouts gibt, die einfach nur variiert werden.
Bei den Gegnern erwartet euch ein Mix aus kleineren und mächtigeren Vampiren, gegen die nur UV-Wumme, Feuer oder Pflock helfen. Ihr könnt den Vampiren zwar die Hit Points runterballern, aber der Abschluss muss dann doch durch Pfählen oder andere geeignete Methoden wie Feuer oder einige der Skills erfolgen. Die Vampire sind hoch aggressiv und hauen im Nahkampf ordentlich rein, erst recht, wenn sie im Rudel auftauchen. Die richtig großen Vampirbosse liefern euch heftige Kämpfe in mehreren Phasen mit speziellen Aktionen und Angriffen sowie Wellen schwächerer Angreifer. Auch hierbei also nichts sonderlich originelles.
Menschliche Gegner stammen aus den Lagern der Kultisten oder der örtlichen Söldnertruppe und zeichnen sich oft durch kolossales Versagen ihrer künstlichen Intelligenz aus. Natürlich können euch auch diese Gegner gefährlich werden, aber oftmals glänzen sie dadurch, direkt an euch vorbeizulaufen und euch selbst mit eingeschalteter Taschenlampe nicht wahrzunehmen. Oder sie bleiben mal an einem Objekt hängen oder rennen ziemlich planlos durch die Pampa. Übrigens sind auch Vampire nicht sonderlich clever, gerade die aggressiven Angreifer kann man durch simples „Strafen“ komplett ausmanövrieren.
Was die Kämpfe vor allem auf der Xbox Series X erschwert, ist die Performance des Spiels. Die Konsolenversion ist derzeit nur auf 4K30 getrimmt und hält diese Framerate nicht unter allen Umständen – hier und da sind bei bestimmten Effekten immer wieder Einbrüche zu bemerken. Bei 30 fps wirkt die Steuerung leicht träge und ungenau, bei Full HD ist das Gameplay deutlich flüssiger. Aber auch bei 1080p sind sporadisch Ruckler zu verzeichnen.
Für einen Xbox-Exklusivtitel ist das im Grunde ziemlich inakzeptabel. Mittlerweile bekommt eigentlich fast jeder Entwickler es gebacken, einen Quality-Modus mit 4K30 und einen Performance-Modus mit 60 fps, notfalls mit niedrigerer oder dynamischer Auflösung abzuliefern. Dass dieser erst nach dem Release nachgereicht wird, ist speziell im Falle eines Microsoft-Titels (Arkane gehört Bethesda, Bethesda gehört Microsoft) ein Desaster. Zumal unverständlich, denn mal ehrlich: auch wenn das Art Design recht eigen und ansehnlich ist, visuell ist Redfall wahrlich keine Offenbarung.
Die generelle Qualität der grafischen Darstellung ist so wacklig wie die Performance. Zudem konnten wir auf der Xbox einige Abstürze verzeichnen und es wimmelt nur so vor größeren und kleineren Bugs. Questmarker verschwinden nicht trotz erledigter Quest, die KI setzt immer wieder aus, NPCs oder Charaktere stehen ab und zu in T-Pose da, einige Quests konnten (zumindest auf der PC-Version) nur nach Neustart des Spiels beendet werden. Grafische Fehler wie aufpoppende Objekte oder Texturen sowie schlecht dargestellt Schatten sind ebenfalls keine Seltenheit. Kurz gesagt: Redfall ist schlicht und ergreifend nicht fertig.
Immerhin hat Arkane daran gedacht, bei der PC-Version NVIDIAs DLSS und andere Upscaling-Optionen zu integrieren. Mit RTX-Grafikkarten, insbesondere RTX-40-Modellen, könnt ihr der leicht holprigen weil instabilen Framerate ordentlich Beine machen. Auf einer RTX 3080 konnten wir das Spiel in 4K spielen (wenn auch nicht ohne DLSS), allerdings waren einige Male massive Performance-Einbrüche in den einstelligen Bereich zu verzeichnen. DLSS zeigt aber Wirkung.
Bei 4K mit maximalen Einstellungen lief das Spiel ohne DLSS je nach Areal mit durchschnittlich 60-90 fps auf einer ZOTAC GeForce RTX 4090 AMP Extrem AIRO. Mit DLSS 2 kletterte der Wert sogleich auf 90-110 fps. Mit aktiviertem DLSS 3 flutschte das Teil richtig bei 160-190, teils sogar über 200 fps. Unschönerweise gab es aber auch Spitzen nach unten, wo das Spiel unter 100 fps absackte, was nicht gerade für eine konstante Performance des Spiels an sich spricht.
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