Test - Pharao: A New Era : Test: Mehr Original als Remake
- PC
Achtung, Nostalgie-Gefahr! In der Neuauflage des Aufbau-Klassikers Pharaoh steckt so viel Charme der Vorlage, dass man glatt vergisst, einen Titel aus dem Jahr 2023 zu spielen. Doch da liegt auch das Problem.
Es ist das Jahr der Remakes. In den kommenden Monaten erscheinen zahlreiche Neuauflagen geliebter alter Bekannter, die bereits veröffentlichten Dead Space und Metroid Prime bildet da nur den Anfang. Resident Evil 4, The Last of Us, Silent Hill 2 und Age of Mythology werden folgen. Und das war noch lange nicht alles. Dass jetzt ausgerechnet auch noch das längst mumifizierte Aufbauspiel Pharaoh wieder ausgegraben wird, hatte aber wohl niemand auf dem Zettel.
Ganz alte Spielekenner kommen da ins Schwärmen. Oder ins Grübeln. Pharaoh, was war das noch gleich? Richtig, dieser charmante Ableger der Caesar-Reihe (noch so ein Genre-Relikt) aus dem Hause Impressions, der bis heute immer wieder bei Aufbau-Enthusiasten für feuchte Augen sorgt. 1999 steckte Anno noch in den Kinderschuhen und die Konkurrenz im Genre war weitaus größer als es heute der Fall ist. Jetzt darf Pharaoh wieder neu aufleben, mit A New Era traut sich das kleine, französische Entwicklerstudio Triskell, den Klassiker in die moderne Zeit zu tragen.
Verwechslungsgefahr!
Allerdings handelt es sich bei A New Era nicht um eine Neuinterpretation von Pharaoh, sondern um ein reines Remaster, in dem mehr vom Original steckt als wir vermutet hätten. Tatsächlich hat Triskell nahezu das identische Spiel von vor über 20 Jahren noch einmal neu geformt. Auf den ersten Blick kann man Alt und Neu sogar verwechseln, so sehr gleichen sie sich.
Da wäre natürlich die isometrische Ansicht, die wir heute längst totgelaubt haben. Doch für das Pharaoh-Remake verzichteten die Entwickler auf eine 3D-Portierung, die Kamera lässt sich wie damals nicht einmal drehen – die 2D-Perspektive versprüht somit jede Menge alten Aufbau- und Strategie-Charme, auch wenn dadurch leider manchmal nicht zu erkennen ist, ob hinter einem Objekt noch Platz ist, weil der Iso-Stil die Sicht versperrt.
Abgesehen von der höheren HD-Auflösung und dem neuen Menü hat sich optisch wenig verändert. Menschen und Tiere rennen genauso wie schon damals über die Wüstenkarten und geben ihre Sprüche ab. Mehr Details und Effekte hätten dem etwas altbackenen Look aber gutgetan. Richtig einschläfernd dagegen: die Sprecherstimme des deutschen Erzählers. Wir empfehlen daher die englische Sprachausgabe.
Sogar die Kampagne ließ das Studio weitgehend unberührt. Erneut fangen wir mit einer kleinen Siedlung an und lernen in den ersten Missionen die Spielmechanik. Wie damals schon ziehen wir kleine Hütten hoch und müssen sie mit Wasser versorgen. Das erledigen entweder nahegelegene Wasserträger oder Ziehbrunnen, die jedoch nur auf Wiesen gebaut werden können. Das Ziel lautet meistens: möglichst viele Einwohner anlocken und die schäbigen Hütten zu geräumigen Häusern aufleveln.
Dazu gilt es ganz genrekonform alle Siedler bei Laune zu halten, die wie im Original kreuz und quer bei entspannter Orientmusik über die Karte wuseln. Jeder einzelne Bewohner unseres Dorfes verfolgt dabei jedoch eine feste Aufgabe. Damit Arbeitslosigkeit nicht die Zufriedenheit senkt, muss möglichst jeder Nomade beschäftigt werden. Und Arbeit gibt es genug: Polizisten verhindern, dass die Stadtkasse geplündert wird, Apotheker beugen Malaria vor und Steuereintreiber klopfen an den Türen, damit uns nicht das Geld ausgeht.
Was aber schnell passiert, denn Steuern zahlen nur höherstufige Siedler in besseren Häusern. Zwar gibt uns das Spiel erst mal eine Art Dispokredit, geht der jedoch zu sehr ins Minus, ist die Partie vorbei. Leider nimmt uns A New Era zu wenig an die Hand, um gerade zu Beginn uns durch diese finanzielle Hängepartie zu helfen. Denn unser Konto stürzt anfangs nur so in die Tiefe. Erhöhen wir aber die Steuern, wird das Volk schnell unzufrieden und packt schneller die Sachen als wir die nächste Sphinx errichten können. Mehr Transparenz würde helfen. Wie sehr sich eine Steuererhöhung auf die Laune der Bewohner auswirken wird, verrät das Spiel leider nicht.
Viele Menüs geben uns zwar einen Einblick über die Beschaffenheit unserer Siedlung und darüber, wo es gerade noch hapert, doch die alle abzuklappern, ist genauso umständlich wie es im Klassiker schon der Fall war. Mehr Mut zu modernen Komfortfunktionen hätten dem Remake da schon gut getan, doch die Entwickler scheuten sich offenbar, zu sehr am von Fans so verehrten Original Hand anzulegen. Immerhin eine Pause-Funktion ist jetzt neu, die uns in hektischeren Situationen etwas Luft verschafft.
Gute-Laune-Götter
Auch in A New Era ist es besonders wichtig, wie wir unsere Produktionsstätten und Wohnviertel miteinander verbinden. Stichwort: Straßenbau. Möglichst kurze Wege für unsere Arbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg, zu nah sollten Industrie- und Wohnbereich aber auch nicht beieinander liegen, denn das wirkt sich negativ auf die Attraktivität des Wohnens aus. Damit unsere fleißigen Siedler trotzdem nicht unnötig weit laufen müssen, dürfen wir wie im alten Pharaoh wieder Straßensperren errichten, die die Laufwege der Arbeitskräfte einschränken. Auch hier wieder enttäuscht jedoch ein fehlender neuer Anstrich.
Denn die Straßensperren gelten wie im Original für alle Siedler und können nicht speziell für bestimmte Produktionszweige gebaut werden. Doch das würde für deutlich mehr Ordnung in unseren Warenkreisläufen sorgen. Leider schaden die universellen Blockaden somit mehr als sie nutzen, da sie meist für Engpässe und Chaos sorgen.
Spaß machen dagegen die Gezeiten, die den Partien mehr Dynamik verschaffen. Nahrung wie Getreide kann nämlich nur auf feuchtem Boden wachsen, was in der ägyptischen Wüste rar ausfällt. Die meist sehr kleinen Karten haben daher Schlamm-Areale, wo wir unsere Felder errichten dürfen. Erst wenn jedoch die Regenzeit ansteht und es zu Überschwemmungen kommt, kann das Getreide wachsen. Geerntet darf es wiederum nur dann werden, wenn das Wasser wieder zurückgeht.
>> Aus alt wird neu: Die 10 besten Spiele-Remakes <<
Damit der Wechsel aus Ebbe und Flut so reibungslos gelingt, müssen auch die Götter bei Laune gehalten werden, denn nicht nur unsere menschlichen Figuren haben Stimmungsschwankungen. Auch Osiris, Re und Co. haben ihre Bedürfnisse. Um sie nicht zu erzürnen, können wir sie mit Tempeln und Festen ehren. Sonst werden wir mit Dürre oder nicht endenden Überschwemmungen gestraft.
Manchmal macht uns das Spiel aber auch einfach selbst die Runde zunichte. Ein Bug trat in unserer Testversion bei Sandbox-Partien häufiger auf, der uns plötzlich keine Objekte mehr anwählen ließ. Auch einige Anzeigen und Textmeldungen ploppten gerne mal fehlerhaft auf. Ein bisschen Feinschliff ist also auch noch nötig.
Kommentarezum Artikel