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Preview - Neva : Darf ich vorstellen: Das schönste Spiel des Jahres!

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Schon seit Videospiele mehr sind als zwei pixelige, parallele Balken, die einen viereckigen Ball zwischen sich hin und her pongen, gibt es die Diskussion, ob man das Medium als Kunst bezeichnen kann oder es diese Kategorisierung als bloßes Mittel zur Unterhaltung nicht verdient. Befürworter der “Spiele sind Kunst”-These führen dann meist Titel wie Journey oder Gris an, um ihren Punkt zu beweisen. Solltet ihr mal in eine solche Diskussion geraten, dann habe ich eine gute Nachricht für euch: Das Wasserfarben-Adventure Gris vom spanischen Studio Nomada erhält einen Nachfolger, und niemand wird abstreiten können, dass es sich bei Neva um ein wahres Kunstwerk in Bild und Ton handelt.

Davon konnte ich mir direkt selbst ein Bild (und Ton) machen, denn Nomada Studio und Publisher Devolver Digital haben mich zu sich nach Barcelona eingeladen und mir ganze zwei Stunden Zeit mit dem Spiel gegeben.

Das ist Kunst, das kann nicht weg

Verantwortlich für den wunderschönen Aquarell-Stil von Gris und Neva zeichnet (bzw. malt) sich der spanische Künstler Conrad Roset. Der gehört zusammen mit den Entwicklern Adrián Cuevas und Roger Mendoza zu den Gründern von Nomada Studio und genaugenommen waren seine Bilder überhaupt erst der Auslöser für die Entstehung von Gris.

Conrad ist nämlich nicht nur Maler, sondern auch leidenschaftlicher Gamer und hatte nach einer Möglichkeit gesucht, seine beiden Hobbys miteinander zu verschmelzen. Als er seine Ideen später Roger und Adrían vorstellte, waren die so begeistert, dass sie kurz darauf ihre Jobs bei großen AAA-Produktionen aufgaben und gemeinsam Nomada Studio gründeten.

Erstling Gris war vor allem ein Rätsel-Plattformer, das seine spielerische Herausforderung sehr behutsam aufbaute. Über die erste Stunde des Spiels könnte behauptet werden, es handele sich weniger um ein Spiel als vielmehr um eine reine Erfahrung. Was das Gameplay anbelangt, hält sich Gris lange zurück und lässt lieber Bilder und Emotionen für sich sprechen, welche durch die musikalische Untermalung des spanischen Musik-Projekts Berlinist noch verstärkt wurden.

Für Neva haben die Entwickler an dieser Formel geschraubt. Zwar sorgt erneut Berlinist für die Musik, die Rätsel wurden jedoch etwas zurückgefahren. Dafür greift ihr jetzt zum Schwert, um euch der Gegner zu erwehren. Der Kampf fällt allerdings äußerst reduziert aus. Es gibt nur einen Knopf zum Zuschlagen, einen zum Ausweichen und einen anderen zum Springen. Dennoch holt das Spiel einiges aus dem simplen System heraus. Repetitive Schlagabtausche mit den immer gleichen Gegnern soll es hier nicht geben, vielmehr ist das Ziel, dass sich jeder Kampf einzigartig anfühlt.

Nach den zwei Stunden, die ich bereits spielen durfte, kann ich das nur so halb bestätigen. Zwar stand ich nie der gleichen Gegnerkonstellation zweimal gegenüber, aber oft sind Kämpfe aufbauend bzw. nur unterschiedlich zusammengewürfelt. Kämpft ihr zunächst gegen Gegner A und danach ein paar Meter weiter gegen Gegner B, dann könnt ihr euch sicher sein, dass als nächstes A und B gemeinsam auf euch losgehen. Natürlich fühlen sich die Kämpfe so nicht repetitiv an, aber wenn der permanente Remix der einzige Pfeil im Köcher der Entwickler dafür ist, dann bin ich skeptisch, ob das über alle vier Kapitel hinweg trägt.

Der Bambi-Effekt

Während Vorgänger Gris sich mit Trauer und Verlust auseinandersetzte, stürzt sich Neva auf eine andere, wenn auch nicht weniger gewichtige Thematik. Diesmal steht Mutterschaft im Zentrum oder anders formuliert die Situation, für jemand anderen verantwortlich zu sein.

Das Leben der jungen Frau Alba und ihrer tierischen Freunde, der Wolfswelpin Neva und deren Mutter, die zusätzlich zum Wolf-Dasein noch ein beachtliches Geweih auf dem Kopf trägt, ändert sich mit einem Schlag drastisch. Der Wald, den sie ihr zu Hause nennen, wird nämlich von dunklen Mächten überrannt, die alles um sich herum verdorren lassen und die Tiere und Waldbewohner korrumpieren. Den ersten, überraschenden Angriff der Feinde, welche aus schwarzer Tinte zu bestehen scheinen, können die drei zwar gemeinsam abwehren, allerdings stirbt dabei Nevas Mutter und lässt ihr Kleines allein zurück.

Von nun an fällt es also Alba (und damit uns) zu, sich um die junge Neva zu kümmern und sie auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben zu begleiten. Über die vier Kapitel des Spiels, die sich an den vier Jahreszeiten orientieren, wächst Neva von der kleinen, tapsigen Welpin bis hin zur beeindruckenden Wolfsgestalt (mit Geweih). Dadurch ändern sich auch ihr Verhalten, ihre Fähigkeiten und damit das Gameplay.

Neva selbst könnt ihr nicht steuern, für gewöhnlich folgt sie allerdings auf Schritt und Tritt. Wie Yorda im Klassiker Ico oder Six in Little Nightmares 2. Kneift man die Augen zusammen, ist das Spiel also eigentlich eine einzige, große Begleitquest. Neva stellt vielmehr ein narratives Mittel dar. Ihr Aufwachsen bildet eine zweite, sehr persönliche Geschichte, die parallel zur Invasion der dunklen Macht abläuft.

Solange du deine Pfoten unter meinem Tisch hast …

Ein gutes Beispiel dafür ist direkt eine der ersten Hürden, die es im Spiel zu überwinden gilt. Um voranzuschreiten, müsst ihr einen Abgrund überqueren. Der Sprung ist nicht sonderlich weit und der Fall wäre nicht besonders tief, und so zögert man als gestandener Gamer keine Sekunde, um einfach auf die andere Seite zu hüpfen.

Für Neva scheint es dann allerdings doch ein wenig zu weit zu sein und so fällt sie die wenigen Meter in die Tiefe. Also ruft ihr sie, damit sie den Sprung nochmal versucht und ihr endlich weiter könnt. Die Wölfin rappelt sich zwar unverletzt auf und klettert wieder auf den Hügel, traut sich aber diesmal gar nicht erst zu springen, weil sie Angst hat, erneut herunterzufallen. Erst wenn ihr zurückkommt, sie streichelt und ihr Mut macht, schafft sie es im zweiten Anlauf, die Klippe zu überwinden. Ohne uns kommt die Kleine also nicht weit.

Bereits im Kapitel darauf wirkt Neva schon wesentlich weniger zögerlich. Ganz im Gegenteil übertreibt es die jetzt mitten in der Pubertät steckende Jungwölfin gerne mal. Mehr als einmal müsst ihr sie von bereits besiegten Gegnern wegzerren, an denen sie ihre aufgestauten Teenie-Aggressionen auslässt. Ganz schön harte Arbeit, so einen Wolf zu erziehen. Neva fällt also weder in die Sparte stummer, folgsamer Gaming-Begleiter wie Marios Yoshi, noch in die nervige Schiene der zu beschützenden Mitläufer, wie man es von Ashley aus Resident Evil 4 kennt.

Im finalen Bosskampf des ersten Kapitels habe ich dann gemerkt, wie sehr mir die (zu dem Zeitpunkt noch) Welpin mittlerweile ans Herz gewachsen ist. In dem etwas anspruchsvolleren Kampf ertappte ich mich nämlich bei dem Gedanken, dass ich mich jetzt wirklich anstrengen muss. Nicht, weil ich ja irgendwie die Demo zu Ende bringen sollte, um diese Preview schreiben zu können, sondern weil Neva ganz allein wäre, wenn ich hier sterben würde. Zumindest bei mir hat der Appell an den Beschützerinstinkt also funktioniert, und ich freue mich jetzt schon darauf, Albas und Nevas ganze Geschichte zu erleben, wenn das Spiel am 15. Oktober für PC, Switch, PS5 und Xbox Series X/S erscheint.

Neva - Release Date Trailer

Neva hat mit dem 15. Oktober 2024 nun einen konkreten Release-Termin.

Fazit

Sebastian Ruppert - Portraitvon Sebastian Ruppert
Neva ist nicht nur schön, sondern hat auch jede Menge Herz

Ich muss zugegeben, dass das Konzept von Neva für mich komplett aufgegangen ist. Es hat genau eine Zwischensequenz lang gedauert, bis sich die Wölfin einen Platz in meinem Herzen gesichert hatte. Hier werden Erinnerungen an Spiele wie (die älteren werden sich erinnern) ICO, Ori und The Last Guardian wach oder an (die noch älteren werden sich erinnern) die gelbe Edition von Pokemon. Wie man als frisch gebackener Pokemon-Trainer mit Pikachu auf der Schulter die Welt erkundet, so kämpft man hier Seite an Seite mit seiner Begleiterin gegen die dunklen Mächte. Die wird im Laufe des Spiels sogar stärker und nimmt andere Formen an. Nur auf das Schummeln mit Sonderbonbons muss man verzichten.

Und wie schon Gris ist natürlich auch Nomada Studios neues Spiel wieder so schön, dass man jeden einzelnen Frame rahmen und sich an die Wand hängen möchte. Aber hinter dem gemäldeartigen Äußeren steckt noch viel mehr.

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Bei aller Schwärmerei muss man aber auch eingestehen, dass Neva sicherlich nicht für jeden etwas ist. Versierte Gris-Spieler könnten sich an dem kampflastigeren Ansatz stören. Zwar dürft ihr jederzeit in den Story-Modus wechseln und werdet so praktisch unbesiegbar, aber damit geht auch ein Teil der Faszination an Neva verloren.

Wer allerdings bereit ist, sich auf das Spiel als Gesamtpaket aus Gemälde, Musik und spannender Geschichte voll und ganz einzulassen, der wird an Neva seine helle Freude haben. Das ist fast schon weniger ein Spiel und mehr eine Erfahrung …

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