Test - NBA 2K23 : Grandios und doch eine Katastrophe
- Multi
Die NBA-2K-Reihe ist seit Jahren der Platzhirsch im Basketball-Genre. Dennoch liegen der Umfang, die Features sowie das Gameplay stets auf einem sehr hohen Niveau. Dafür nerven die äußerst penetranten Mikrotransaktionen mit jeder Auflage etwas mehr. Daher steht bei NBA 2K23 als erstes die Frage im Raum, ob die Entwickler endlich etwas daran geändert haben. Wir liefern euch die (ernüchternde) Antwort.
Bereits NBA 2K22 war ein regelrechtes Content-Ungetüm, das gerade hinsichtlich der Features und Spielmodi kaum Wünsche offen ließ. Entsprechend gespannt war die Community, ob und in welcher Form die Entwickler mit NBA 2K23 noch einen oben drauf legen können. Die kurze Variante der Antwort: Ja, sie konnten. Für die längere Version der Antwort müssen wir jedoch entsprechend weiter ausholen. Das Offensichtliche vorneweg: Natürlich trumpft auch die diesjährige Episode von NBA 2K mit dem vollen Lizenzpaket auf. Das umfasst übrigens nicht nur die NBA mitsamt allen Teams und Spielern, sondern auch die Frauen-Liga WNBA.
His Airness bittet zum Tanz
Ein besonderes Schmankerl für die etwas älteren NBA-Fans dürften sicherlich die „Jordan Challenges“ sein. Wie es der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich hierbei um spezielle Herausforderungen, die sich allesamt um „His Airness“ Michael Jordan drehen. Mehr als ein Dutzend dieser historischen Episoden hält NBA 2K23 für euch bereit, die wichtige Stationen beziehungsweise Momente in der Karriere von Jordan nachstellen. Das reicht vom Gewinn der College-Meisterschaft im Jahre 1982 bis hin zum großen NBA-Finale des Jahres 1998, wo er letztmalig im Dress der Chicago Bulls zur Hochform auflief.
In jeder dieser Episoden müsst ihr bestimmte Ziele erfüllen, um zum nächsten Kapitel zu gelangen. Mal gilt es, eine bestimmte Anzahl an Punkten zu erzielen, ein anderes Mal geht es um möglichst viele Rebounds. Da zudem die Präsentation absolut brillant ausfällt und dank verschiedener Filter die jeweilige Zeitepoche passend darstellt, bietet der Modus einen herrlichen Ausflug in die NBA-Geschichte.
Das ist übrigens auch im Rahmen des Modus „My NBA Era“ möglich, der in vorherigen Spielen noch als „My GM“ bekannt war. Im Kern geht es weiterhin darum, die Kontrolle über ein NBA-Franchise zu übernehmen und dieses zum Erfolg zu führen. Ihr habt auch wieder die Wahl, ob ihr quasi als Vollzeit-General-Manager mit dem gesamten Aufgabenfeld antreten oder euch lediglich um die einzelnen Partien kümmern wollt.
Die Neuerung im umgetauften Modus ist die Möglichkeit, das Franchise in einer ganz bestimmten Ära der NBA zu übernehmen. Ihr seid demnach nicht auf die Gegenwart beschränkt, sondern könnt euch auch in den 80er- und 90er-Jahren austoben. Dann trefft ihr unweigerlich auf Legenden wie Larry Bird, Michael Jordan oder Kobe Bryant. Auch dabei ist die Präsentation dem jeweiligen Zeitalter angepasst, was für eine besonders packende Atmosphäre sorgt. Ihr könnt diese Grafikfilter aber jederzeit ausschalten, wenn euch etwa die damit verbundene Unschärfe nicht gefällt, die alte Fernsehübertragungen imitieren soll.
Die Wahrheit liegt auf dem Court
Das alles ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs, denn NBA 2K23 hat noch sehr viel mehr zu bieten. Mit dabei ist natürlich wieder der „MyTeam“-Modus, bei dem es sich um das bekannte Pendant zum FIFA Ultimate Team handelt. Dazu aber später mehr. Auch ein Karrieremodus ist wieder mit an Bord, bei dem ihr durch eine sehr belebt inszenierte Stadt marschiert, die als eine Art Hub fungiert. Diese wurde im Vergleich zum Vorjahr zwar verkleinert, bietet aber nach wie vor viele Aktivitäten auf und abseits des Platzes. Außerdem kommt ihr nun via Schnellreise deutlich schneller von einem Ort zum nächsten.
Ebenso spielt ihr natürlich Einzelpartien mit allen NBA- und WNBA-Teams oder absolviert Trainingseinheiten – also eigentlich alles, was das Herz begehrt. Nein, in Sachen Umfang macht NBA 2K23 so schnell niemand etwas vor. Bei dem regelrechten Überfluss an Inhalten stellt sich natürlich die Frage, wie sich das Geschehen überhaupt spielt. Revolutionäre Änderungen am grundlegenden Spielgefühl dürft ihr nicht erwarten, denn in dieser Disziplin bewegte sich bereits der Vorgänger auf einem hohen Niveau. Dennoch gibt es einigen Feinschliff im Detail.
Besonders auffällig ist dies beim klassischen Dribbeln. Dieses fühlt sich im ersten Moment ungewohnt träge an, was jedoch ebenso gewollt wie realistisch ist. Bei NBA 2K23 spielt die Masse des jeweiligen Spielers eine sehr viel wichtigere Rolle als zuvor. Das sorgt – in Kombination mit anderen kleineren Änderungen – für einen sehr flüssigen, authentischen und somit glaubhaften Spielfluss.
Hinzu kommt eine verbesserte KI, die deutlich besser die Laufwege zustellt oder besonders gefährliche Spieler doppelt deckt. Das macht es mitunter nicht mehr ganz so einfach, zum Korb zu ziehen. Auch die Jumpshots haben die Entwickler angepasst: Ihre Ausführung gerät leichter und etwas geschmeidiger als im Vorgänger. Wenn wir nun die hervorragende Präsentation der Partien hinzunehmen, die einer TV-Übertragung verblüffend nahe kommen, haben wir das wohl beste digitale Basketballspiel aller Zeiten vor der Nase.
Ein riesiges Ärgernis
Demnach stehen alle Zeichen auf Award, nicht wahr? Das möchte man nach den letzten Absätzen tatsächlich glauben, doch auch NBA 2K23 legt sich letztendlich große Steine in den Spielspaß-Weg. Die schon beim Vorgänger heftig kritisierten Mikrotransaktionen wurden nämlich nicht etwa heruntergeschraubt, um die erhitzten Gemüter der Fans zu beruhigen – im Gegenteil.
Stattdessen wird euch noch häufiger unter die Nase gerieben, dass ihr doch bitteschön echtes Geld ausgeben solltet, um euch das Leben als virtueller Basketballer leichter zu machen. Hier von Mikrotransaktionen zu sprechen, spottet eigentlich der Realität im Spiel: Wollt ihr die Werte eures Akteurs auf ein gutes Niveau schrauben, seid ihr schnell 100 Euro los! Noch mehr Kohle könnt ihr für Markenklamotten in den Shops der Stadt ausgeben. Theoretisch ist es zwar wieder möglich, die erforderliche VC-Währung zu erspielen. Aufgrund der geringen Belohnungen ist das aber nur eine Option für Leute, die jede freie Minute in ihre NBA-Karriere stecken.
Auch im "MyTeam" ist der Fokus aufs Geldausgeben deutlich spürbar. Wie im FIFA Ultimate Team erhaltet ihr Kartenpackungen mit den Spielern, aus denen ihr wiederum eine möglichst schlagkräftige Truppe auf die Beine stellt. Um jedoch eine halbwegs konkurrenzfähige Mannschaft ins Rennen schicken zu können, bedarf es vieler solcher Packungen. Sehr vieler. Diese kauft ihr wiederum für eine virtuelle Währung. Aber auch hier sind die erspielbaren Mengen dermaßen mickrig, dass ihr ohne heftigen Grind nicht zu Potte kommt. Immerhin wurden die Verträge abgeschafft, sodass ihr eure Spieler nun unbegrenzt oft einsetzen könnt.
Dennoch gilt auch in NBA 2K23: Wer mithalten will, ohne quälend lange Virtual Coins zu erspielen, muss zwangsläufig die Geldbörse öffnen. Die Mikrotransaktionen sind demnach quasi omnipräsent. Gepaart mit den mitunter sehr penetranten Werbe-Einblendungen vermiest das gehörig die Laune und lässt die Lust auf die beiden erwähnten Modi schnell vergehen.
Kommentarezum Artikel