Test - Mega Man Battle Network Legacy Collection : Test: Zehn Rollenspiel-Klassiker in einem
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Eigentlich ist Mega Man ein altmodischen Run’n’Gun aus der Seitenperspektive, in dem man kräftig ballern und viel hüpfen darf. Dies gilt jedoch nicht für die Battle-Network-Spin-offs, die zwischen 2001 und 2005 auf dem Gameboy Advance das Licht der Welt erblickten: Dabei handelt es sich um zehn Rollenspiele inklusive innovativem Kampfsystem, die nun in Form einer kompletten Sammlung für PC, Playstation 4 und Nintendo Switch erhältlich sind.
Mega Man ist eine der kultigsten und beliebtesten Videospielserien der 80er Jahre und wurde dementsprechend dutzendfach fortgesetzt. Im Zuge dessen erschien kurz nach der Jahrtausendwende das Spin-off Mega Man Battle Network, das sich spielerisch stark von seinen Ursprüngen entfernte und erfolgreich genug für immerhin fünf Fortsetzungen war.
Dank der Legacy Collection könnt ihr ab sofort die gesamte Serie auf einen Schlag erwerben und wahlweise auf dem PC, der PS4 oder Switch genießen. Dies schließt alle ursprünglichen Titel ein, die für den Gameboy Advance erschienen sind. Weil es ab Battle Network 3 stets zwei verschiedene Versionen gab, die vergleichbar zur Pokémon-Serie kleine Unterschiede bei Gegnern, Grafik oder Angriffstechniken aufweisen, umfasst die Sammlung im übrigen sechs Episoden verteilt auf zehn Spiele.
Das Setting ist in allen Episoden mehr oder weniger das gleiche: Ihr übernehmt die Rolle des Jungen Lan Hikari, der irgendwann im 21 Jahrhundert in einer futuristischen Welt lebt. Er ist Teil einer hochtechnisierten Gesellschaft, deren Bevölkerung sehr eng miteinander vernetzt ist. Nahezu alle Begegnungen laufen über das Internet ab, weshalb die Bewohner jeweils ein virtuelles Alter Ego besitzen. Im Falle von Lan ist dies niemand anderes als MegaMan.EXE.
Während die Realität primär aus einem kleinen Stadtviertel mit ein paar Gebäuden besteht, in denen beispielsweise Lan oder seine engsten Freunde wohnen, ähnelt die virtuelle Welt einer Ansammlung an abstrakten Wegen und Knotenpunkten. Dort trifft Lan nicht nur auf seine Mitbewohner, sondern auch auf Viren. Diese greifen ihn Rollenspiel-typisch in Form von zufallsgenerierten Kämpfen an und müssen folgerichtig besiegt werden.
Darüber hinaus muss sich Lan in jeder Episode von Battle Network mit einer größeren Verbrecherorganisation auseinander setzen, die schlussendlich die Stadt oder gar die ganze Welt an sich reißen will.
Taktisch und hektisch zugleich
Das Originellste an Mega Man Battle Network ist das Kampfsystem, das geschickt die taktischen Ansprüche eines Rollenspiels mit der dynamischen Action der alten Mega-Man-Titel vereint. Das Schlachtfeld besteht aus einer Reihe von Kästchen, die zu Beginn in eine blaue und in eine rote Hälfte eingeteilt ist. Ihr dürft euch nur auf der blauen bewegen, während die Gegner in der roten verweilen.
Prinzipiell stehen euch drei Verteidigungsmaßnahmen zur Verfügung: Ihr könnt jederzeit von einem Kästchen ins nächste hüpfen und so den Attacken eurer Feinde ausweichen. Des Weiteren könnt ihr mit eurer schwachen Standardwaffe zurückschießen, die immerhin mit unendlich viel Munition bestückt ist.
Am wichtigsten sind die sogenannten „Battle Chips“: Dies sind kleine Programme, von denen ihr im Laufe des Spiels immer mehr ansammelt und die ihr im Kampf einsetzen könnt. Je nach Art des Programms feuert ihr beispielsweise eine kräftige Kanone ab, werft mit Bomben um euch oder regeneriert einen Teil eurer Lebensenergie.
Ihr könnt nur unter ganz speziellen Bedingungen mehrere Chips auf einmal einsetzen, zum Beispiel wenn sie vom gleichen Typ sind oder denselben Kennbuchstaben haben. Danach müsst ihr ein paar Sekunden warten beziehungsweise auf dem Schlachtfeld verharren, bevor ihr einen weiteren Chip benutzen dürft. Zudem ist eure Auswahl eingeschränkt: Vergleichbar mit Sammelkartenspielen wie Magic: The Gathering oder Hearthstone pickt das Spiel zufällig fünf eurer Chips heraus, die sich in eurem Deck befinden.
Unterschiede im Detail
Grob betrachtet laufen die Kämpfe sämtlicher Battle-Network-Episoden nach dem gleichen Schema ab, doch bei genauerem Hinsehen lassen sich ein paar Feinheiten entdecken, die sich Capcom erst im Laufe der Serie ausgedacht hat. So habt ihr ab dem zweiten Teil bis zu drei verschiedene Decks, von denen das Spiel jeweils fünf Chips zufällig heraussucht und weshalb ihr entsprechend mehr Wahlmöglichkeiten im Kampf besitzt. Hinzu kommen die Wild Cards, die man mit einem landläufigen Joker vergleichen könnte und deshalb mit jedem anderen Chip beliebig kombinierbar sind.
Im zweiten und im dritten Teil erhaltet ihr im Laufe des Spiels unterschiedliche Kampfstile. Welcher zum Einsatz kommt hängt letztlich davon ab, welche Waffen und Fähigkeiten ihr am häufigsten zuvor benutzt habt. Im vierten und im fünften Teil werden die Stile durch die Double Souls ersetzt, dank denen ihr euch ähnlich wie im alten Mega Man die besonderen Kampftechniken eines bereits besiegten Gegners aneignet. Und im sechsten Teil werden diese Double Souls durch ein ähnlich funktionierendes Cross-System ersetzt.
Abseits der Kämpfe wird die Grafik aus einer klassischen isometrischen Perspektive gezeigt und ist leider alles andere als abwechslungsreich. Ganz im Gegenteil: Sämtliche Spiele sehen sich rein optisch erschreckend ähnlich, was sie austauschbar erscheinen lässt. Auch müsst ihr stets das gleiche, dröge Tutorial über euch ergehen lassen und trefft auf die immer gleichen NPCs. Auch darüber hinaus entpuppt sich das Leveldesign als die größte Schwäche der Spiele, weil der abstrakte Aufbau der Internet-Umgebung kahl und monoton wirkt.
Endlich (nahezu) vollständig
Zurück zu den guten Nachrichten: Mega Man Battle Network Legacy Collection bietet nicht nur die nackten Spiele, sondern auch ein ganzen Sack voller Goodies. So kann man sich in der Galerie die Musik zu jedem Teil anhören oder ein paar Bilder beziehungsweise Artworks anschauen.
Der Multiplayer-Modus, der auf dem Gameboy Advance nur via Link-Kabel funktionierte, wurde extra für die Sammlung onlinetauglich gestaltet. Ergo könnt ihr nun über das Internet Battle Chips tauschen sowie Kämpfe gegen einen menschlichen Kontrahenten austragen.
Wer keine Lust auf ein „herausforderndes“ Spiel hat, der kann per „Buster-MAX-mode“-Option die Stärke seines Standardangriff verhundertfachen (!). Die Konsequenz: Nahezu jeder Treffer ist tödlich, was die Kämpfe enorm vereinfacht. Die Option ist im Prinzip ein verkappter Cheatmodus und für all jene gedacht, die einfach nur die Geschichten von Mega Man Battle Network genießen möchten.
Das coolste Feature wird jedoch vor allem die Fans der alten europäischen und amerikanischen Module erfreuen: In Japan konnte man ab dem vierten Teil sogenannte Patch Cards erwerben, um die eigene Spielfigur ein wenig zu modifizieren. Ihr musstet hierfür allerdings reale Kärtchen kaufen, die es hierzulande nicht gab, und per Nintendo e-Reader (eine Art Kartenlesegerät) einscannen.
Diese Cards finden dank der Sammlung nun doch noch ihren Weg zu uns: Man kann sie einfach über ein Optionsmenü anwählen und Stück für Stück „herunterladen“, so als ob man die realen Karten gesammelt und gescannt hätte.
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Anders ausgedrückt: Auf der Legacy Collection befinden sichdie japanischen Originalspiele, die extra für diese Sammlung vollständig ins Englische übersetzt wurden. Einzig ein paar Crossover-Features, die man nur in Kombination mit anderen Spielen wie Konamis Boktai-Serie nutzen konnte, fehlen nach wie vor.
Abschließend sei noch für das Protokoll erwähnt, dass ihr die Legacy Collection entweder komplett für 60 Euro oder zur Hälfte für jeweils 40 Euro erstehen könnt.
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