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Special - Freiberufler-Geschichten #2 : Stirbt der Spielejournalist aus?

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    Genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Die Artikelkultur stagniert. Der New Games Journalism hat sich zumindest in Deutschland kaum durchgesetzt. Stattdessen bleiben die meisten Medien beim Schema F. Daran ist prinzipiell auch nichts Falsches, dennoch würde ich mir mehr Mut zu Kreativität und experimentellen Themen wünschen. Weg von den Klickstrecken mit den „Sexy Game-Babes“ und den „Heißesten Cosplays“ hin zu anspruchsvollen Storys und Meinungsmache.

    Redakteure dürfen nicht mehr blutlos die PR-Floskeln durchkauen, sondern haben die Aufgabe, Spiele zu interpretieren und vor allem zu hinterfragen. Natürlich ist die Spielzeit – um wieder zurück zu The Order: 1886 zu kommen – wichtig. Viel entscheidender aber ist: Macht das Spiel Spaß und vor allem Sinn? Und wieso tut es das eigentlich? Was sind mögliche Störfaktoren?

    Ich will an dieser Stelle gar nicht damit anfangen, dass wir in Spieletests künftig einen auf Marcel Reich-Ranicki machen und die Titel virtuos intellektuell auseinandernehmen. Das funktioniert vielleicht bei alternativen Spielerfahrungen, nicht aber beim 08/15-Wald-und-Wiesen-Shooter. Der will unterhalten. Nicht mehr, nicht weniger.

    Trotzdem heißt es sich umgewöhnen – auch für mich als Freiberufler: Mein Job geht weg vom bloßen Produktjournalisten hin zum Geschichtenerzähler, Hintergrundbeleuchter und Meinungsmacher. Ich schreibe nicht nur über Spiele – so wie es viele darstellen. Ich thematisiere Hintergründe, hinterfrage Konzepte und gebe „fachmännisch“ (ja, irgendwie schon) meinen Senf dazu. In jedem Artikel steckt viel von mir. Denn Videospiele basieren auf Emotionen, und die sollte man auch aus den Geschichten herauslesen können.

    Wütende Videospieljournalisten

    Doch schon Jedi-Meister Yoda wusste, dass man sich besser vor aggressiven Emotionen wie Zorn, Wut und Hass in Acht nehmen sollte. Das gilt auch für den Spielejournalisten. Einen Verriss zu schreiben, fühlt sich gut an. Endlich den inneren Troll rauslassen. So richtig schön vom Leder ziehen. Schimpfen, motzen und mosern. Aber wo sind die Grenzen?!

    Ist es Blasphemie, die Entwicklerlegende Peter Molyneux zum Lügner und Betrüger zu degradieren? Darf man Unternehmen wie Paradox ihre Fehler unter die Nase reiben? Natürlich! Es ist die Aufgabe der Presse, Missstände aufzuklären. Die Art und Weise, wie es in diesen beiden Fällen gemacht wurde, bleibt zweifelhaft. Denn die Interviewer gehen teils sehr aggressiv und respektlos mit ihren Gästen um. Aber: In ihrem Kern sind beide Gespräche vollkommen korrekt. Allerdings darf Aggressivität nicht zum Klickköder und zum Markenzeichen werden.

    Die Konsequenzen

    Was habe ich nun aus den letzten Monaten gelernt? Nun, zunächst sollte man sich stets gut mit dem Finanzamt stellen. Dessen Mitarbeiter können ganz schön anstrengend werden. Außerdem sind Budget-Kürzungen weiterhin eine miese Sch…, äh, Sache. Die Branche verändert sich - mit Ausschlägen in die eine oder andere Richtung. Aber mutiere ich deswegen zu „Evil Olaf“ und beschimpfe Interview-Gäste in YouTube-Videos? Oder versuche ich mich als „Corporate Olaf“, wechsle in die PR und schwatze künftig Journalisten den Klo-Simulator auf? Nein! Aber damit ich als Spielejournalist nicht wie die Dinosaurier aussterbe, muss ich mich anpassen. Mit neuen Ideen und neuer Kreativität. Dabei fällt mir ein: Ich wollte doch noch Evolve spielen!

    Unseren Kolumnisten und freien Autor Olaf findet ihr selbst verständlich auch auf Twitter und könnt, nein, sollt ihm dort folgen. Achtung, Olaf twittert nicht nur über Spiele, sondern auch über Wrestling, den Redakteursalltag und Katzen.

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