Test - Kingdom Come: Deliverance : Das Mittelalter-Rollenspiel stellt sich dem Test
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- PS4
- One
Fazit
Bei allen Aspekten von Kingdom Come: Deliverance, abgesehen von den nicht gerade wenigen technischen Mängeln, der häufig schwächelnden Performance vor allem auf den älteren Varianten der Konsolen und einer gewissen eigenwilligen Sperrigkeit, ist es faszinierend, um wie viel sie mit der Zeit besser und ausgereifter werden. Der Spieler ist tatsächlich gefordert, sich ausgiebig mit den Spielmechaniken zu beschäftigen, sie zu erlernen und nebenher damit auch Heinrichs Fähigkeiten zu verbessern. Hat man einen gewissen Punkt erreicht, motiviert das ungemein nach dem anfänglichen Gewürge bei Kampf, Diebstahl oder Bogenschießen.
Das wirkt völlig beabsichtigt. Warhorse versetzt uns in die Rolle eines unbedarften Jünglings, der zu Beginn nicht unbedingt die hellste Kerze auf der Mittelaltertorte ist, und lässt uns nachempfinden, was nötig ist, um aus einem jugendlichen Lümmel einen wackeren Streiter und Könner seiner Künste zu machen. Auch wenn das spielerisch zu Beginn ziemlich nerven kann, passt es ins Konzept. Je weiter aber wir im Spiel kamen, desto mehr traten die nicht wenigen Probleme in den Hintergrund und der Spielspaß wuchs.
Kingdom Come: Deliverance - Unser Komplettlösung mit allen Haupt- und Nebenquests
Die Mittelalterwelt von Kingdom Come: Deliverance entwickelt mit der Zeit eine ungeheure Sogwirkung, weil sie nachvollziehbar und stimmig wirkt, weil sich jeder Fortschritt bei Heinrichs Entwicklung spürbar auf die Spielmechaniken auswirkt und sie nach vorn bringt, weil Quests und Spielwelt einfach vor Liebe strotzen, weil einem viele der Charaktere ans Herz wachsen. Die Geduld des Spielers wird allerdings oft auf eine harte Probe gestellt, sei es beim kantigen und sperrigen Einstieg, sei es bei den vielen vor allem technisch und teils konzeptionell bedingten Unzulänglichkeiten, die noch einige Wochen oder Monate Feinschliff benötigt hätten.
Mein Test von Kingdom Come: Deliverance war entsprechend eine echte Achterbahn der Gefühle und hat mich einiges an Geduld gekostet. Mal genervt, mal begeistert, mal fluchend, mal gerührt. Es hat nicht wenige Stunden gedauert, bis ich mich voll und ganz auf das Konzept einlassen konnte, aber das hat sich gelohnt. Trotz der vielfältigen Probleme, die hoffentlich in den kommenden Wochen noch behoben werden, kam irgendwann der Punkt, an dem es mit Heinrich voranging und ich begann, das Spiel zu genießen.
Im Grunde stellt Warhorse den Werdegang des Spielers und den von Heinrich auf eine Stufe. Völlig unbedarft, nahezu hilflos zu Beginn, aber immer besser werdend, wenn der Wille zum Üben und Lernen entfacht ist. Erst dann beginnt Kingdome Come, den Spieler zu belohnen, nicht nur durch die wunderbar stimmungsvolle Spielwelt mit ihrem kleinen, fast heimatlichen Rahmen und den vielen kleinen und großen Geschichten, sondern auch durch das immer besser werdende Gameplay. Heinrich wird dadurch irgendwie greifbarer und glaubwürdiger als viele andere RPG-Helden, er wächst einem direkt ans Herz. Für mich vielleicht der interessanteste Aspekt des Spiels, den Kingdom Come vielleicht besser umsetzt als viele andere Rollenspiele.
Überblick
Pro
- teils sehr gut erzählte, abwechslungsreiche Quests
- umfangreiches und komplexes Waffen- und Rüstungssystem
- ordentliches, weitgehend auf Learning by Doing basierendes Charaktersystem
- wunderschön gestaltete Umgebungen und Gebäude
- viel Liebe zum Detail
- viel spielerische Freiheit bei der Lösung von Quests
- gute deutsche Sprecher
- interessante Hauptstory und viele Nebenaktivitäten
- Realismus (Nahrung, Schlaf etc.) glücklicherweise nicht überstrapaziert
- sehr authentische, stimmig wirkende Atmosphäre
- anfänglich sperriger Nahkampf und Bogenschießen werden mit wachsenden Skills und Stats zunehmend besser
- toller Mittelalter-Soundtrack
Contra
- sehr hardwarehungrig, Performanceprobleme auf nahezu allen Plattformen, instabile Framerate speziell auf „alten“ Konsolen
- relativ zähe Einstiegsphase
- mangelhafte Einbindung der deutschen Lokalisierung (fehlende oder abgehackte Passagen, nicht lippensynchron)
- Speichersystem deutlich optimierungsbedürftig
- häufig aufpoppende Objekte oder Texturen (auf Konsole mehr als auf PC)
- Dialogsequenzen hinsichtlich Kameraführung und Tonabmischung zum Teil verbesserungswürdig
- noch viele kleinere, aber nur selten spielbehindernde Bugs
- einige Logikfehler, speziell in den Dialogen
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