Preview - Inkulinati : Knallhartes Kritzel-Roguelite von Daedalic
- PC
Das Debüt von Yaza Games markiert das wohl ungewöhnlichste Mittelalter-Strategiespiel der letzten Jahre. Im Stil klassischer Kirchenzeichnung furzen sich Hasen gegenseitig an und verwirren sich so. Wer nach dieser Beschreibung nun ebenfalls nicht mehr weiter weiß, sei beruhigt. Unter dem Deckmantel der altertümlichen Albernheiten versteckt sich ein weitestgehend klassischer Genrevertreter in rundenbasierter 2D-Manier. Solide Systeme, herrlich hanebüchener Humor und ein motiviertes Indie-Team: Lauert hier ein Geheimtipp?
Tretet heran wertes Volk und lasst mich erzählen ein gar unterhaltsame Geschichte! Ein Maultier stellte sich einem Hasen entgegen, man glaubt es kaum. Doch bevor der Nager sich zu wehren vermag, griff der Esel zur Busine und führte sie in seinen verlängerten Rücken ein. Nachfolgend ließ er eine gar ohrenbetäubende Flatulenz über das Schlachtfeld wehen. Sein Entgegen wusste nicht, wie ihm geschah und er erlag seiner Verwirrung. So stand dem Grautier die Route frei, Schwester Hildegard zurück zum heiligen Vater zu schicken.
Was sich wie eine altertümliche Geschichte aus einem schlechten Witzebuch lesen mag, beschreibt exakt eine Situation aus Inkulinati. Das ungewöhnliche Strategiespiel vertritt die Auffassung, dass mittelalterliche Zeichnungen die Memes vergangener Tage darstellen. Entsprechend nimmt sich das Debüt des polnischen Studios Yaza Games an vielen Stellen nicht so ganz ernst.
Den eigentliche Strategiepart zu unterschätzen, wäre allerdings ein großer Fehler. Nach einigen Stunden attestiere ich dem spielerischen Unterbau von Inkulinati definitiv eine gewisse Ernsthaftigkeit. Allerdings dünkt mir, dass während der Early-Access-Phase noch einige Punkte angegangen und überarbeitet werden müssen.
Sklaven des Zufalls
Inkulinati vermischt klassische 2D-Rundenstrategie mit Roguelite-Elementen. Typisch für die zufallsgenerierte Gangart bewegt ihr euch über eine simplifizierte Karte. Dabei entscheidet ihr zwischen diversen Routen. Die führen zu Kämpfen oder anderen Ereignissen. Ein Besuch der Schänke regeneriert Leben, eine Gaukler-Show verringert den Stumpfsinn. Dabei handelt es sich um eine Spielmechanik, nicht eure langsam schwindende geistige Gesundheit beim Taktieren.
Denn je öfter ihr eine Kreatur beschwört, umso teurer wird ihre Aussendung. Passend zum Zeichenstil kosten die Untiere kein Geld, sondern Tinte. Je weniger Züge ihr pro Runde ausführt, umso mehr Kleckse erhaltet ihr. Viel wichtiger ist aber, euren Winzigen Inkulinati zu beschützen. Der Quasi-Heerführer zeichnet für neue Truppen verantwortlich. Mit Hand-Aktionen greift die Figur zudem ins Spiel ein und haut feindlichen Untieren eine runter oder heilt eure Kämpfer.
In den ebenfalls zufallsgenerierten Kämpfen schlagt ihr euch noch mit Elementen wie Feuer oder Pest herum. Alles also ziemlicher Genre-Standard. Lasst mich fairerweise anmerken, es greift alles sehr rund ineinander, nur seid gewarnt: Inkulinati haut euch tonnenweise Mechaniken und Systeme in kürzester Zeit um die Ohren. Da hilft auch das „Akademie“ genannte Tutorial nichts. Besonders zu Beginn verbringt ihr entsprechend viel Zeit damit, die jederzeit zuschaltbaren Erklärbärboxen zu lesen.
Roguelite-typisch schaltet ihr auch dauerhafte Aufwertungen frei. Mit jedem Sieg in einer Schlacht und bei speziellen Events sammelt ihr Prestige und erhaltet so mehr Untiere, Handaktionen und Boni. Zu Beginn eines jeden Runs wählt ihr, mit welcher Startaufstellung ihr loszieht. Welchen Charakter ihr zu Spielbeginn wählt, macht hingegen absolut keinen Unterschied. Schankwirtin, Müller und Narr unterscheiden sich nur in der Optik. Charmant: Die immer wieder auftauchende Hand eures Zeichners ändert sich.
Der Tod lauert an jeder Ecke
Auch wenn Inkulinati vier Schwierigkeitsgrade bietet, leicht gestaltet sich das Spiel nicht mal auf der untersten Stufe. Das liegt nicht zuletzt am Balancing, das die Entwickler definitiv noch überarbeiten müssen. Bereits im Tutorial trefft ihr auf die Schnecke. Diese eklige Einheit frisst eure Truppen einfach mit einem Happs, ohne Diskussion. Die Skelette hingegen versetzen eure Hasen und Hunde über die gesamte Arena hinweg in den Danse Macabre. Der tödliche Tanz zieht kontinuierlich jede Runde Leben ab.
Dazu gesellen sich Probleme der Zufallsgenerierung: Plötzlich tauchte beispielsweise ein Hindernis vor meinem Winzigen Inkulinati auf, der daraufhin nicht mehr weg kam. Das unterschrieb direkt mein Todesurteil. Beißt der Hauptmann ins Gras, verliert ihr den Kampf. Entgegen dieser teils wahrlich frustrierenden Moment hat die KI noch kleinere Aussetzer. Manchmal schiebt ein gegnerischer Inkulinati einfach stumpf einen Feuerkorb nach links, um ihn direkt wieder nach rechts zu setzen. Nun ja.
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Die Grundmechanik dahinter ist hingegen höchst gelungen: Durch die Möglichkeit, Figuren und Hindernisse zur Seite zu wischen, schubst ihr sie elegant von den Plattformen, was direkt zum Tod führt. Die Arenen allgemein punkten durch abwechslungsreichen und fordernden Aufbau mit mehreren Ebenen. Mit der Geschicklichkeitsattacke bestimmt ihr durch ein Minispiel, wie viel Schaden ihr verursacht. Die Winzigen Inkulinati als Äquivalent zum König aus Schach bringen eine gewisse Würze mit sich.
Welch alberne Begebnisse
Wie bereits erwähnt setzt Inkulinati sehr auf Humor im mittelalterlichen Ambiente. Esel, die in Trompeten furzen, gehören an die Tagesordnung. Beschreibungen von Hindernissen weisen explizit darauf hin, dass Untiere ihnen entgegen gestreckte Hintern nicht sehen können. Passend dazu fallen die Namen der Einheiten auf dem Feld aus. Skelette, die Bone Jovy heißen, und Sir Toot, der flatulierende Gnom, fügen sich genial in das Szenario ein.
Besonders charmant ist außerdem, dass Inkulinati bei großen Schlachten mitschreibt. Jeder Zug wird auf dem Pergament des Kampfes festgehalten, derzeit leider nur in englischer Sprache. Dennoch ein nettes Detail, das perfekt zu der super eingefangenen mittelalterlichen Optik passt. Der Soundtrack dudelt hingegen einigermaßen belanglos vor sich hin, rundet das altertümliche Gesamtbild aber ab.
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