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Test - Ghostrunner 2 : Test: Tausendmal sterben war noch nie so spaßig

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Wenn ein Spiel wie Ghostrunner aufgrund seines Schwierigkeitsgrads nur zwischen zwei Kategorien von Spielern unterscheidet - nämlich zwischen Weichkeksen und Superhelden - wird der Entwurf eines Nachfolgers zum Drahtseilakt. Ein größeres Publikum erreicht die Fortsetzung nur dann, wenn sie den Weichkeksen entgegenkommt, ohne Könner zu vergraulen. Ghostrunner 2 gelingt dieser Spagat hervorragend, auch wenn noch immer ein paar Fehler im Konzept stecken.

Der Spaß an einem Parkour-Actionspiel wie Ghostrunner 2 steht und fällt mit dem Flow. Manchmal scheint man ihn gepachtet zu haben, sodass man sich mit den Reflexen eines Jedi-Ritters wie auf Schienen durch einen Tech-Noir-Parcours schnetzelt, jeden Gegner auf Anhieb zu blutigem Ragout schnippelt, jeglichen Sprung mit der Präzision einer Gazelle meistert und buchstäblich durchrennt.

Dieses Gefühl von unschlagbarer Präzision bei irrer Geschwindigkeit ist der Wahnsinn. Versetzt euch einfach Mal geistig hinein: Tödlich wie der Terminator, aber leicht wie eine Feder und schnell wie ein geölter Blitz lasst ihr die Klinge eures Cyber-Ninja sprechen. Während treibende Dub-Step- und andere harte Electronica-Beats eure Ohrmuscheln füllen, rutscht ihr wie Tony Hawk auf Energiebalken entlang, werft Shuriken mit dem Auge eines Scharfschützen oder schwingt euch wie Tarzan mit einem High-Tech-Enterhaken über die neonbestrahlten Abgründe einer futuristischen Metropole. Was für ein fettes Gameplay-Paket.

Learning by dying

Das ist der Idealfall, der keineswegs den normalen Spielablauf widerspiegelt. Gerade bei Anfängern läuft es die meiste Zeit über gegenteilig. Soll heißen: Man läuft wie ein Selbstmordgefährdeter in Geschosse hinein, lasst sich von der Taktik gerissener Gegner überwältigen und reagiert allgemein viel zu hektisch, sodass Bildschirmtode im Zehn-Sekunden-Takt folgen. Tot … und wieder tot … und wieder … und wieder.

In bewundernswerter Hartnäckigkeit ständig an derselben Gegnertruppe zu scheitern, bringt euch aber nicht aus dem erwähnten Flow. So nahtlos wie Ghostrunner 2 den Spieler nach dem Ableben an den letzten Checkpoint versetzt, wäre das gar nicht möglich. Es gibt keine lange Sterbe-Animation, die euch aufhalten könnte, kein Nachladen und kein Tutorial-Gesabbel. Ihr startet instant am letzten Checkpoint und spielt sofort weiter. Somit ist euer Scheitern ein Teil der Spielerfahrung, weil jeder Tod euch ein Stückchen weiterbringt.

Wenn ihr zum zehnten Mal in dieselbe Falle lauft, den letzten Gegner einer abgegrenzten Arena ums Verrecken nicht erwischt oder vor lauter Hektik schon wieder in einen Abgrund gefallen seid, ärgert ihr euch vermutlich etwas heftiger als die Male zuvor. Es wird schlimmer, je öfter ihr euch bei einer einzigen Szene den 30, ja vielleicht sogar 50 Toden nähert. Ihr fragt euch, ob es an eurem Ungeschick liegt oder ob ihr die ganze Sache falsch angeht. Doch der Flow verlässt euch nicht, weil ihr wisst, dass Erfolg und Niederlage bei Ghostrunner 2 gleichermaßen am seidenen Faden hängen.

Egal ob Held oder Feind, ein einziger Treffer bläst das Lichtlein aus. In Aufrechterhaltung bester „ein Versuch noch“ -Moral hängt ihr um zwei Uhr sechsunddreißig vor dem Rechner oder der Konsole, obwohl um halb sechs der Wecker klingelt. Ihr könnt dem Suchtfaktor nicht widerstehen, weil ihr wisst, dass es mit ein wenig mehr Konzentration, einem Quäntchen mehr Geschick oder einem Hauch mehr Glück doch noch gelingen kann, den nächsten Checkpoint zu erreichen. Und wenn es dann endlich klappt, fühlt ihr euch wie der Meister des Universums.

Knüppelhart, aber nicht so hart wie der Vorgänger

Das ist eine typische Spielerfahrung mit Ghostrunner 2, sofern es euch in irgendeiner Weise packt. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denn das Entwicklerteam bei One More Level hat seit dem ersten Teil einiges dazugelernt. Während der Vorgänger noch mit dem Holzhammer daherkam, ja gleich vom ersten Level an auf Vollgas schaltete, gewährt Teil zwei ein wenig Welpenschutz zum Warmwerden.

Dass Hauptfigur Jack nun Schüsse mithilfe seines Katanas parieren kann, trägt einiges dazu bei. Allerdings hängt dieses Talent vom Füllstand des Ausdauerbalkens ab, der zeitgleich Sprint und Wallrun-Fähigkeiten begrenzt. Ein Feigenblatt, das spätestens beim ersten Gegner mit einer Dauerfeuer-Kanone der gnadenlosen Wahrheit gegenübersteht. Parieren hin oder her, am Ende müsst ihr doch schneller und geschickter sein als eure Gegner, habt dafür aber auch mehr Freiraum als in Teil 1, weil viele Areale offener angelegt wurden. Trotzdem knifflig, denn selbst wenn ihr holografische Klone von euch platziert, habt ihr höchstens fünf Sekunden Ruhe. Irgendeinen Gegner übersieht man immer.

Das Spiel als einsteigerfreundlich zu deklarieren, wäre somit weiterhin glatt gelogen, ja sogar blasphemisch. Dennoch wirkt die Lernkurve weicher. Sie fühlt sich nicht mehr an wie ein Baseballschläger, der einem die Beißwerkzeuge aus der Schnauze prügelt. Jetzt ist es nur noch ein Gummiknüppel mit Watteverkleidung. Man gewöhnt sich an seine Härte. Sogar so sehr, dass man fast schon enttäuscht ist, wenn eine Sequenz mal zu wenig Herausforderung bietet. Konditioniert wie ein pawlowscher Hund, möchte man den Erfolg nicht geschenkt bekommen. Man will getriggert werden, das Adrenalin auf Hundertachtzig hochschnellen lassen und sich das Meistern eines Abschnitts verdienen.

Laufen, springen, an der Wand entlangrennen, den fallenden Tech-Ninja mit einem Enterhaken abfangen – das muss spätestens ab dem zweiten Level instinktiv ablaufen, sodass ihr nur noch aus den Augenwinkeln nach den entsprechenden Gelegenheiten sucht. Schneller sein als die sieben, acht Gegner, deren Position man durch etliche gescheiterte Anläufe längst kennt und sie nacheinander mit dem Schwert abmurksen, das ist die wahre Herausforderung. Wenn der Flow erst einmal in Fleisch und Blut übergeht, ja wenn man im Geiste so richtig eins mit dem Parcours wird, dann erreicht der Rausch seine Perfektion. Dopamin ist krasser Stoff!

Vollgas im Flow

Ghostrunners Drogendeal mit eurem Gehirn wird zu einer regelmäßigen Angelegenheit, weil One More Level diesmal auf Bremsklötze verzichtet. Abseits ein paar eingeflochtener Schalterpuzzles wurden sämtliche Rätselpassagen der früheren Pseudo-VR-Umgebungen gestrichen und durch Geschicklichkeitseinlagen ersetzt. Selbst das zuvor an Tetris angelehnte Einsortieren von Upgrades überlebte den Sprung in die Fortsetzung nicht. Eine signifikante Änderung des Spielkonzepts mit dem Potenzial, Liebhaber des Erstlings zu verärgern. Nüchtern betrachtet aber eine gute Entscheidung. Der erwähnte Flow hält so länger an.

Um mangelnde Abwechslung braucht sich derweil niemand sorgen machen. Bonus-Herausforderungen mit besonders kniffligen Geschicklichkeitsaufgaben und eine noch diverser gestaffelte Palette an Gegnern verhindern jeden Ansatz von Eintönigkeit. Bosse kommen selten vor, aber wenn, dann verlangen sie euch vollen Einsatz ab: Geschick, gutes Auge, Reaktionsfreude – einfach alles! Ganz zu schweigen von den Motorrad-Passagen, die leider erst ab etwa der Mitte des Spiels eingeführt werden.

Natürlich geht es nicht um ein x-beliebiges Zweirad. Unser Ghostrunner Jack kann mithilfe des Motorrads an Wänden und Decken entlangfahren. Oder besser gesagt muss, weil er versucht, im Sendebereich eines schnell schwächer werdenden Funksignals zu bleiben, während ihr ihn durch enge Kanäle steuert, in denen sich Tore schließen, der haltende Boden schlicht abreißt, Gegnerformationen (die man abballern darf) Blockaden bilden und viele andere Umstände schlicht nicht erlauben, einfach geradeaus weiter zu heizen. Da läuft euch Adrenalin aus Augen, Mund und Nase, versprochen.

Belohnende Ruhepausen gönnt euch das Spiel nach jedem bestandenen Level durch einen Besuch in eurem Hauptquartier. Dort sabbelt ihr mit eurem Team, das ihr dieses Mal in Fleisch und Blut zu sehen bekommt, vertieft den (erstaunlich vielschichtigen) Storystrang, sortiert eure Upgrades, für die ihr in den Leveln Platzhalter finden musstet, und lasst einfach Mal die Seele baumeln. Zumindest bis doch noch der ein oder andere Schockmoment eintrifft. Keine Angst, dieser Test bleibt spoilerfrei.

Das Turok-Syndrom

Ihr ahnt es schon: Ghostrunner 2 ist ein Volltreffer für Action-Fans, nicht? Tja, das Spiel wäre einer, gäbe es nicht das ein oder andere Manko, welches in der Praxis schwerer wiegt, als es eine Beschreibung in Textform wiedergeben kann. Ghostrunner 2 leidet unter dem Turok-Syndrom.

Als die Programmierer von Iguana Entertainment 1996 Turok für das Nintendo 64 gestalteten, hatten sie sich in der langen Entwicklungszeit so gut in die Sprungsteuerung des Helden gewöhnt, dass sie immer mehr und schwierigere Sprung-Herausforderungen ins Spiel einbauten. Zum Teil auch an Stellen, die für das Lösen der Kampagne unausweichlich waren. Als die ersten Käufer, die sich noch an den brandneuen Analogstick des N64 gewöhnen mussten, Turok spielten, fühlten sie sich überfordert. Die Sprungpassagen fühlten sich erheblich schwerer an als der Rest des Spiels.

Ghostrunner 2 leidet an einem ähnlichen Problem. Die Leveldesigner kennen den Spielaufbau offensichtlich so gut, dass sie bei ihren Beta-Tests keine Orientierungspunkte mehr benötigten. Wald-und-Wiesen-Gamer brauchen sie aber, weil sie eben nicht wissen, dass Flur X gleich dreimal für eine Runde Backtracking herhalten muss, obwohl der Rest des Spiels so linear gestaltet wurde, dass man schlicht durchrennen kann. Es gibt im ganzen Spiel nur zwei solcher Stellen, aber sie sind krasse Flow-Killer. Ein wenig Bildsprache und eindeutige Symbolik hätten Wunder gewirkt.

Noch näher am Turok-Syndrom bewegen sich Passagen, in denen man per Knopfdruck den Zustand von Plattformen ändern muss. Ein rein binäres System: sind die einen Plattformen solide, dann werden die anderen durchsichtig und umgekehrt. An sich eine coole Herausforderung bei irrer Geschwindigkeit. Allerdings trainieren die Entwickler euch über lange Strecken hinweg an, jeden Umschaltprozess mit einem Sprung und einem anschließenden Dash zu beenden. Andernfalls winkt der Tod in einem Abgrund.

Schlimm genug, dass die drei dazu benötigten Knöpfe auf dem PC-Keyboard so nah beieinanderliegen, dass man nach einer gewissen Zeit Krämpfe bekommt, weil man so verdammt schnell reagieren muss. Und mit einem Gamepad wird es nicht besser, weil Analogsticks bei solchen Aktionen zu grob sein können. Konsoleros können wir nur raten, für diese Level die Empfindlichkeit der Analogsticks zu senken. Einzige Abhilfe: Keyboardtasten umbelegen. Aber nicht zu weit voneinander, denn ihr müsst ja weiterhin blitzschnell reagieren. Einmal Quadratur des Kreises bitte.

Ghostrunner 2 - Offizieller Trailer zum heutigen Release

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung von Ghostrunner 2 gibt es hier den Launch-Trailer für euch.

Noch schlimmer: Sobald sich dieses Muster völlig unangekündigt ändert, weil jeder Dash euch zu weit über den Rand einer Plattform hinausschleudert, erlebt ihr Gehirnverknotungen beim Versuch, euch das Antrainierte abzugewöhnen. Uff! Noch so ein unnötiger Flow-Killer. Er hätte durch ein früheres Einflechten des neuen Bewegungsmusters verhindert werden können.

Bitte nachpatchen!

Wenn dann noch Unzulänglichkeiten dazukommen, die einfach nur ärgerlich sind, verliert Ghostrunner 2 ein wenig seiner anfänglich so fesselnden Magie. Etwa wenn Jack zum ersten Mal die High-Tech-Stadt verlässt, um durch die verwüsteten Überreste der menschlichen Zivilisation zu streifen.

Grundsätzlich ein cooler Szenenwechsel, der die Story abermals vertieft und optische Abwechslung mitbringt. Dumm nur, wenn sich Jacks Motorrad alle Nase lang an unwichtigen Gegenständen und Mauern verfängt, weil deren Collider nicht richtig funktionieren. Geht es glimpflich aus, dann reicht es, wenn ihr vom Bike steigt und euch wieder draufsetzt. Wenn nicht, muss das Level beim letzten Checkpoint neu gestartet werden. Na, danke auch! Hoffentlich werden solche Bugs noch gepatcht.

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Updates dürften sowieso noch anstehen, denn von der Anfangs in der DirectX-11-Version ausgegrauten Raytracing-Optionen fehlt auch in der nachgereichten DirectX-12-Fassung noch jede Spur, obwohl der Vorgänger diese Technik für Spiegelungen unterstützte. Anderweitig ergibt die DLSS3-Unterstützung (samt Frame Generation) wenig Sinn. Ghostrunner 2 sieht zwar schön aus und geizt nicht mit Texturdetails, aber selbst Mittelklasse-Rechner sollten abseits von möglichem Raytracing locker über 60 FPS kommen. Die Konsolenfassungen schaffen es schließlich auch.

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