Test - Firewatch : Allein im Wald
- PS4
Seit den ersten bewegten Bildern zu Firewatch sind viele Leute Feuer und Flamme für diesen Titel. Vor allem die Dialoge der Hauptdarsteller wurden im Vorfeld schon sehr gelobt. Doch steckt mehr in diesem Spiel als ein paar gute Stimmen? Wir haben Firewatch auf den Zahn gefühlt und sagen euch, ob sich dieses Indie-Abenteuer lohnt!
Jeder der schon etwas länger auf diesem Planeten verweilt, dürfte wissen, was es heißt, tiefen Schmerz zu spüren. Sei es die Trennung von jemandem, den man noch immer liebt, sei es der Verlust eines Freundes. Ein ähnliches Schicksal erfährt Hauptdarsteller Henry bei Firewatch. Der Anfang des Spiels ist eine Überschneidung zwischen persönlicher Vorgeschichte und Henrys ersten Schritten in seinem neuen Job.
Was als eine wunderbare Liebesgeschichte anfängt, endet in einer persönlichen Tragödie, die dafür sorgt, dass Henry einfach nur weg von allem will. Aus dem Grund nimmt er eine Arbeitsstelle in der Wildnis Wyomings an. Weg von den Problemen und den Kopf freikriegen. Doch die Flucht vor der Realität birgt andere Gefahren.
Walke-Talkie zu Außenwelt
Kaum hat Henry seinen Beobachtungssturm bezogen, bekommen wir als Spieler das wohl wichtigste Werkzeug von Firewatch in die Hände: ein Walkie-Talkie. Das Funkgerät ist die Verbindung zu Delilah, einer weiteren Mitarbeiterin in einem anderen Teil des Naturparks. Hier spielt der Titel seine große Stärke aus. Die Dialoge von Henry und Delilah sind mit das Beste, was man je in einem Videospiel gehört hat.
Schauspieler Rich Sommer, der in "Mad Men" Harry Crane spielt, liefert wahnsinnig gute Arbeit als Henry ab. Dasselbe gilt für Cissy Jones, die Delilah spricht. Die Gespräche der beiden sind unglaublich und hören sich tatsächlich so an, als würden erwachsene Menschen miteinander reden. Während man bei anderen Spielen immer das Gefühl hat, zwei Videospielfiguren unterhalten sich, hat man hier den Eindruck, dass sich zwei echte Menschen austauschen.
Kaum sind wir mit Delilah in Kontakt getreten, gibt es auch schon den ersten Ärger im Park. Zwei Mädels sind ein bisschen zu sehr in Feierlaune und lassen Feuerwerksraketen aufsteigen. Gerade im Sommer ist das in einer trockenen Gegend keine gute Idee. Wir untersuchen das Problem natürlich sofort. Dabei ist der Kontakt zu Delilah ein wichtiger Bestandteil. Über euer Walkie-Talkie gebt ihr Rückmeldung, was ihr alles findet und welche Areale ihr entdeckt. So entwickelt sich eine wunderbare Bindung zwischen den beiden.
Auf den Spuren von Hitchcock
Bald reden Henry und Delilah nicht mehr nur über Flora und Fauna. Die Mädels sind auf einmal verschollen, ihr findet den Rucksack eines Jungen, der vor geraumer Zeit verschwand, und außerdem: Was hat es mit dem Zaun auf sich, der ein ziemlich großes Areal im Park abschottet? Hier fangen die Probleme des Spiels an, die man leider erst dann sieht, wenn das Spiel nach vier bis fünf Stunden vorbei ist. So vielversprechend sich das erzähltechnisch alles anhört, es wird leider ohne Höhepunkte aufgelöst. Es gibt auf dem Weg zum Ende zwar ein paar spannende Einfälle und Momente, leider verlaufen die aber im Sand, werden nicht konsequent verfolgt oder nicht auf die Spitze getrieben.
Bei Firewatch sind Liebe, Verlust und Einsamkeit zentrale Themen, die unglaublich interessant innerhalb der Dialoge erörtert werden. Hier und da blitzen immer wieder echte Emotionen auf. Doch bevor man sichs versieht, ist das Spiel zu Ende und man fragt sich, ob das jetzt schon alles war. Auch das Feuer, das sich im Park ausbreitet, stellt nie eine wirkliche Bedrohung dar. Bei einem Spiel, dessen Schwerpunkt und Stärke die Dramaturgie sein soll, ist das natürlich nicht gut. Firewatch wird deshalb wohl das Stigma des Walking-Simulators anhaften: viel laufen, wenig Interaktion.
Technisch überzeugt das Spiel auch nur bedingt. Zwar gibt es ziemlich viele Momente, wo das Spiel einfach grandios aussieht. Die Weitsicht und wie die Sonne durch die Wipfel der Bäume bricht, ermöglichen wunderschöne Motive, die stimmungsvoll sind und dafür sorgen, dass man diese Natur selbst erleben will. Für ein Spiel, das im Comic-Look daherkommt, ist das ein großes Kompliment. Leider läuft Firewatch auf der PS4 nicht flüssig. Und das, obwohl die offene Welt des Spiels nicht sonderlich groß oder technisch anspruchsvoll ist. Da Firewatch aber eher eine ruhige Erfahrung ist, ist das nur halb so wild.
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