Test - Driver: San Francisco : Abgefahren!
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Wo Driver draufsteht, sollte auch Driver drin sein – und kein Möchtegern-GTA. So lautet die Forderung der Fans und Kritiker. Wie aber eine altgediente Serie aufs Neue interessant machen, ohne den Fahrer aussteigen zu lassen? Wir wissen nicht, bei welchen außerkörperlichen Erfahrungen die Entwickler auf diese abgefahrene Idee gekommen sind, aber das neue Shift-Feature bringt tatsächlich wieder frischen Fahrtwind ins Open-World-Rennspielgenre.
Um das Shiften zu erklären, bedarf es einer kurzen Zusammenfassung der Handlung: Undercover-Cop Tanner wird von seinem Erzfeind Jericho in einen Unfall verwickelt und direkt ins Koma gerammt. Was nützt uns aber ein Held, der die ganze Zeit nur im Bett liegt? Genau hier setzen Reflections an und lassen uns in das Unterbewusstsein von Tanner steigen. Wie es sich für einen übermotivierten Staatsangestellten gehört, beherrscht die Arbeit selbst im Komatraum das gesamte Denken unserer Hauptfigur. Anstatt ihn beim Entspannen am Strand von Hawaii wiederzutreffen, finden wir in Tanners Schädel seine komplette Heimatstadt wieder und ihn selbst wie gewohnt am Steuer seines Wagens.
Dort fühlt er sich offensichtlich am wohlsten und so macht er sich auf, den kompletten Fall in seinem Kopf zu lösen – und genau das spielt ihr in Driver: San Francisco Kapitel für Kapitel durch. Zwar gibt es gegen Ende noch eine kleine Rechtfertigung für die Tatsache, dass wir eigentlich nur ″fiktive″ Aufträge erfüllen. Dennoch wird man die gesamte Kampagne über das Gefühl nicht los, dass alles, was man tut, irgendwie völlig obsolet ist – es ist ja ohnehin nicht ″real″ im Rahmen der Geschichte und alle unsere Erfolge erhalten dadurch einen Beigeschmack von Sinnlosigkeit.
Sie standen an den Hängen und shiften
Könnt ihr dieses Gefühl abschütteln und akzeptiert ihr die haarsträubende Spiellogik, erwartet euch ein amüsanter Action-Film zum Selberspielen. Und mit einem übersinnlichen Extra, das eben nur möglich ist, weil wir uns in Tanners Unterbewusstsein befinden: Per Knopfdruck verlasst ihr Tanners Körper und schlüpft nach Belieben in einen anderen Fahrer hinein. Das funktioniert nicht nur mit Autos in der näheren Umgebung, sondern über die komplette San-Francisco-Karte. Allerdings dauert das Shiften über größere Entfernungen dank des sehr trägen Scrollens der Karte selbst in der höchsten der vier Zoom-Ebenen nervenstrapazierend lange.
In manchen Missionen ist das schnelle Shiften per Schultertaste sinnvoll. Wenn ihr beispielsweise mit mehreren Polizeiwagen an einer Verfolgung beteiligt seid und vom Weg abkommt. Einfach aufs Knöpfchen drücken und fix in den Wagen des Kollegen wechseln, der dem Flüchtling noch direkt auf den Fersen ist. Als Verfolgter werdet ihr eure Jäger nicht nur durch schnelles Fahren los, sondern alternativ auch, indem ihr kurz in den Gegenverkehr shiftet und eure Gegner frontal rammt. Warum wir nicht einfach in Kontrahenten schlüpfen, um sie direkt aus dem Weg zu räumen, wird allerdings nie erklärt. Aber damit schließt sich der Kreis und wir wären wieder bei der äußerst wackeligen Spiellogik von Driver: San Francisco.
Späte Einsicht
Die Möglichkeiten des Shift-Features werden im Spiel trotzdem reichhaltig genutzt. Viele Missionen kommen aber auch völlig ohne dieses Extra aus, wenn ihr beispielsweise einen Fahrlehrer zum Schreien bringen müsst (wozu sogar dessen Herzfrequenz eingeblendet wird) und dafür im Grunde nur wie ein Berserker aufs Gaspedal tretet und so viel driftet wie möglich. Wir wollen an dieser Stelle nicht alle Missionstypen verraten, um euch die Überraschungen nicht zu nehmen. Es sei aber gesagt, dass vor allem in Sachen Shift durchaus noch mehr möglich gewesen wäre – schließlich befinden wir uns nach wie vor in Tanners ″Fantasiewelt″. Und es ist schade, dass erst im Finale noch sehr interessante und vor allem spaßige Shift-Variationen hinzukommen.
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