Test - Destroyer: The U-Boat Hunter : Eine Simulation zwischen Perfektionismus und Laienspiel
- PC
Simulationen sprechen in der Regel eine sehr spezielle Zielgruppe an. Das gilt ganz besonders für Destroyer: The U-Boat Hunter. Schließlich legt das Spiel seinen Fokus voll und ganz auf das Versenken feindlicher U-Boote und versucht dabei, jedes erdenkliche Detail zu berücksichtigen. Macht Entwickler Iron Wolf Studio mit diesem Konzept alles richtig oder des Guten zu viel?
Quizfrage an die Videospiel-Oldies: Wer kennt noch Silent Service? Die U-Boot-Simulation aus dem Jahr 1985 gehörte zu den technisch besten Spielen, die man für den guten alten Commodore 64 kaufen konnte. Eine halbe Dekade später folgte eine kompetente Fortsetzung für den PC, gefolgt von brauchbaren Nachahmern wie Aces of the Deep, Silent Hunter oder dem schon länger im Early Access steckenden UBOAT.
In allen genannten Spielen übernehmt ihr die Kontrolle eines U-Bootes und begebt euch primär auf die Jagd nach feindlichen Schiffen. Interessanterweise gibt es bis heute so gut wie keine Simulation, die den Spieß umdreht und euch die Kontrolle eines Zerstörers anvertraut. Der noch bekannteste Genre-Vertreter hört auf den schlichten Namen Destroyer und ist fast genauso alt wie das besagte Silent Service. Ansonsten gab es 1991 den Advanced Destroyer Simulator für den Amiga und 2002 das technisch schwache Destroyer Command für den PC. Mehr fällt uns nicht ein.
Insofern hat Destroyer: The U-Boat Hunter von Haus aus ein sehr überzeugendes Verkaufsargument parat, schließlich sind Idee und Konzept nahezu konkurrenzlos. Allerdings dürfte dieses Alleinstellungsmerkmal kaum verwundern, sobald man sich in das erste Gefecht stürzt und mit der eigenwilligen Komplexität der Simulation konfrontiert wird.
Alle Mann auf Gefechtsstation
Im Startmenü stehen euch zwei grundlegend unterschiedliche Spielmodi zur Verfügung: Ihr könnt ein zufallsgeneriertes Gefecht oder eine umfassende Karriere starten. Unabhängig davon solltet ihr euch unbedingt das Tutorial anschauen, weil es die wichtigsten Spiel- und Steuerungselemente schön sachlich erklärt. Entscheidet ihr euch im Anschluss für ein Gefecht, dürft ihr weitere Parameter wie die Wetterbedingungen, die aktuelle Tageszeit oder die Menge der feindlichen U-Boote einstellen. Des Weiteren stehen euch kleine Szenarios zur Verfügung, in denen ihr beispielsweise einem Hinterhalt entfliehen oder während des Kampfes auf im Meer treibende Eisschollen achtgeben müsst.
Sobald ein Gefecht startet, übernehmt ihr die Kontrolle eures Zerstörers und müsst einen kleinen Konvoi voller Schiffe beschützen. Sie werden natürlich in regelmäßigen Abständen von gegnerischen U-Booten angegriffen, weshalb ihr eben diese so früh wie möglich aufspüren und am besten mit dem Einsatz von Wasserbomben zerstören müsst.
Für diese Aufgabe stehen euch verschiedene Stationen auf dem Schiff zur Verfügung, deren Bedeutung ihr erlernen und je nach Bedarf korrekt benutzen müsst. Auf der Brücke könnt ihr dank Maschinentelegraf eure Fahrtgeschwindigkeit regulieren oder per Ruder eine neue Fahrtrichtung einstellen. Destroyer: The U-Boat Hunter stellt euch netterweise frei, ob ihr direkt das Steuerrad anklicken oder einen neuen Kurs schnöde über die Tastatur eintippen möchtet.
Dank Sonar ortet ihr feindliche U-Boote, die aktuell untergetaucht und darum mit dem bloßen Auge nicht zu sehen sind. Via Taktischer Entfernungsfassung (kurz TRR) erkennt ihr obendrein, ob und in welcher Geschwindigkeit ihr euch einem solchen U-Boot nähert – was wiederum eine essentiell wichtige Information für den zeitlich korrekten Abwurf eurer Wasserbomben ist.
Auch in der Zentrale stehen euch verschiedene Armaturen zur Verfügung, die euch bei der Standortsuche des Gegners helfen. Das Radar lokalisiert sämtliche Objekte, die sich auf der Meeresoberfläche befinden. Der Dead Reckoning Tracer (kurz DRT genannt) zeichnet sowohl eure Position als auch jene der U-Boote auf, die von eurer Crew zuletzt gesichtet wurden. Und über die taktische Karte könnt ihr den anderen Schiffen eures Konvois Befehle erteilen.
Über die Geschützsteuerung richtet ihr die Kanone des Zerstörers aus und könnt wahlweise den Feind mit scharfer Munition beschießen oder Leuchtraketen in die Luft abfeuern – zwecks besserer Übersicht. Zu guter Letzt dürft ihr sämtliche Stationen verlassen und wahlweise per Ausguck oder Außenansicht eure unmittelbare Umgebung begutachten.
Ein paar der komplexeren Maschinen wie der DRT und die TRR werden größtenteils automatisch von eurer Crew bedient, was die U-Boot-Jagd enorm vereinfacht. Ihr könnt diese Automatik aber auch komplett abschalten. Dann müsst ihr zum Beispiel per Hand auf einer Karte die Positionen der gesichteten Feinde einzeichnen.
Eine Karriere auf hoher See
Im Early Access ist Destroyer: The U-Boat Hunter bereits seit über einem Jahr spielbar. Mit der Veröffentlichung der Version 1.0 kommt nun der lange versprochene Karrieremodus hinzu, der mehrere vorgefertigte Mission mit einer rudimentären Story vereint. Bedauerlicherweise merkt man schnell, dass Entwickler Iron Wolf Studio hier auf seine Grenzen gestoßen ist. Zwar hat sich das Team sichtlich Mühe gegeben, die Rahmenhandlung mit zahlreichen Zwischensequenzen zu erzählen. Allerdings sehen die Charaktere sehr schlicht und schlecht animiert aus, sodass der Eindruck entsteht, ein zwanzig Jahre altes Spiel vor Augen zu haben.
Sämtliche Dialoge wurden synchronisiert, nur reichte das Budget wohl nicht für die Verpflichtung von professionellen Sprecher aus. Stattdessen hat man das Gefühl, dass die einzelnen Entwickler selbst vor das Mikrofon getreten sind. Neben den monotonen Stimmen fällt vor allem die unterschiedliche Tonqualität der einzelnen Figuren unangenehm auf, weil sie hörbar mit verschiedenen Mikrofonen aufgezeichnet wurden.
Die Missionen selbst spielen sich praktisch genauso wie die Einzelgefechte, daher trumpfen erneut die bereits aufgezählten Stärken in Sachen Simulation und Spieltiefe auf. Dies bedeutet aber leider auch, dass der Schwierigkeitsgrad von Anfang an sehr hoch ist. Dabei hätte sich gerade der Karrieremodus dafür angeboten, den Spieler in die Rolle eines neuen Crewmitglieds zu stecken und ihm nach und nach die Aufgaben der einzelnen Stationen anzuvertrauen.
Abschließend noch ein paar Worte zur Präsentation im Allgemeinen: Im Gegensatz zu den Zwischensequenzen gefällt die Optik der einzelnen Stationen, deren Inneneinrichtung sehr authentisch wirkt. Sie wurden allesamt komplett in 3D modelliert, weshalb ihr jederzeit die Blickrichtung ändern und euch beliebig umschauen könnt. Dieses Feature hat zwar streng genommen keinen spielerischen Wert, vermittelt jedoch ein besseres Mittendrin-Gefühl und erhöht somit die Atmosphäre. Hinzu kommen ein bedrohlich gut komponierter Soundtrack und eine allgemein starke Soundkulisse. Besonders gelungen sind das Piepsen des Sonars und die Stimmlage der Kollegen, die bei Näherung eines feindlichen U-Bootes hörbar nervöser klingen.
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