Test - Crisis Core: Final Fantasy VII Reunion : Genauso genial wie das VII-Remake?
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Es ist schon erstaunlich: Im Gegensatz zu vielen anderen Episoden der RPG-Reihe wurde Crisis Core: Final Fantasy VII niemals für andere Systeme umgesetzt. Wer es zocken wollte, musste bislang auf eine Playstation Portable zurückgreifen. Doch der immense Erfolg des VII-Remakes scheint Square Enix wachgerüttelt zu haben. So feiert das Prequel nach anderthalb Dekaden doch noch ein Comeback.
Ohne Wenn und Aber war Crisis Core einer der Kaufgründe für Sonys Playstation Portable. Square Enix lieferte 2008 ein grafisch beeindruckendes Action-RPG ab, das beste Werbung für die technischen Möglichkeiten des Handhelds machte. Das Kampfsystem basierte erstmals auf freier Bewegung, schnellen Schwertcombos und Materia-Einsatz auf Knopfdruck. Heraus kam ein ungewohnt dynamisches und frisches Final-Fantasy-Erlebnis.
Ein emotionales Wiedersehen
Zwar erschien Crisis Core erst zehn Jahre nach Teil sieben, dennoch erzählt es dessen Vorgeschichte. Damals wie heute steht der junge Zack im Mittelpunkt, der als SOLDAT-Kämpfer für den riesigen Shinra-Konzern arbeitet. Er möchte nichts lieber, als im Rang aufsteigen und damit seinen Vorbildern Angeal und Sephiroth nacheifern. Doch bereits die erste große Mission wirft ihn mitten hinein in einen Konflikt um den abtrünnigen Ex-SOLDAT Genesis, der mit Shinra abrechnen will. Bald muss Zack sich entscheiden, auf welcher Seite er steht und wofür er kämpfen möchte.
Der gesamte Plot lebt von der starken Verbindung zu Final Fantasy VII. Schauplätze wie ein Mako-Reaktor, die Slums von Midgar oder das Dorf Nibelheim stehen auch auf Zacks Reiseroute. Zudem kreuzen zahlreiche bekannte Charaktere seinen Weg, unter anderem ein gewisses Blumenmädchen oder ein junger Kerl mit blonder Stachelfrisur.
Seine volle emotionale Wirkung entfaltet das Spiel, wenn euch der “Nachfolger” schon bekannt ist. Dann schmunzelt ihr bei vielen Dialogen oder Anspielungen, könnt Orte sowie Ereignisse in den größeren Kontext einordnen und bekommt eine Gänsehaut, wenn legendäre Musikstücke wie “One Winged Angel” laufen. Crisis Core funktioniert aber auch als Prequel im klassischen Sinn, das euch ins Universum von Final Fantasy VII einführt.
Ein wenig Glücksspiel
Ganz gleich, ob ihr bereits das Vergnügen mit dem hervorragenden Final Fantasy VII Remake (unser Test) hattet oder Einsteiger ohne Vorerfahrungen seid: Mit dem Kampfsystem des Prequels kommt ihr gleich zurecht. Auf Knopfdruck lässt Zack mächtige Schwertangriffe vom Stapel, zaubert mit Materia wie Feuer, Eis und Vita, weicht gegnerischen Angriffen aus oder blockt sie ab. Alles spielt sich direkt und ohne Umschweife über Menüs. Während das VII-Remake starke RPG-Einflüsse prägen, steht bei Crisis Core unkomplizierte und schnelle Action im Mittelpunkt.
Nach dem Zufallsprinzip trefft ihr auf typische Final-Fantasy-Kreaturen, Mechs und Soldaten, die meist anfällig für bestimmte Angriffe oder Zauber sind. Habt ihr das raus, gehört euch manchmal schon nach wenigen Sekunden der Sieg. Größere Brocken verlangen nach etwas Taktik und einer Portion Glück bei der DBW-Slotmaschine (kurz für "Digitale Bewusstseinswellen"), dem besonderen Kniff von Crisis Core.
Am oberen linken Bildrand rotieren automatisch verschiedene Bilder durch. Stoppt der Durchlauf mit drei identischen Symbolen, hat das verschiedene positive Auswirkungen: So kann Zack kurzzeitig unbegrenzt oft Materia einsetzen, einen starken Limit-Angriff ausführen oder Beschwörungen wie Feuerdämon Ifrit herbeirufen. Auch Levelaufstiege sind an das System gekoppelt, aber nicht dem Zufall überlassen: Kämpft ihr viel, steigt auch Zacks Stufe mit schöner Regelmäßigkeit. Im Spielverlauf kommen weitere Elemente hinzu, die das DBW-System erweitern und neue Attacken und Effekte ermöglichen.
Generell läuft die Slotmaschine immer zu euren Gunsten und bringt hilfreiche Attacken und Stärkungen hervor – das lässt euch den zugrunde liegenden Zufallsfaktor beinahe vergessen. Zum Selbstläufer werden die Kämpfe darum zwar nicht, aber ebensowenig gibt es Spitzen im Schwierigkeitsgrad. Nur bei wenigen Gegnern braucht es zwei oder drei Anläufe, um sie zu knacken. Lediglich gegen Ende zieht sich das Spiel etwas in die Länge, weil Kampfsituationen mehrfach wiederholt werden und einige Zwischensequenzen ohne nennenswerten Beitrag zur Geschichte ablaufen.
Grafisch nicht auf Zack …
Beim Final Fantasy VII Remake zog Square Enix alle Register und lieferte eine technisch und inhaltlich beeindruckende Neuinterpretation ab, die auf der PS5 dank des Intergrade-Updates noch an Qualität zulegen konnte. Bewegt sich Crisis Core auf einem ähnlich hohen Niveau? Positiv ist zunächst, dass 4K-Auflösung, 60 FPS, neue Texturen und kräftige Farben das Remake im Vergleich zum Original enorm aufwerten. Sämtliche Gebiete sind viel detaillierter gestaltet und erscheinen wesentlich größer.
Dennoch fällt die grafische Aufmachung im Vergleich zum siebten Teil eine ganze Ecke bescheidener aus. In Sachen Ablauf und Inszenierung hält sich das Remake streng ans PSP-Original. Die Areale mögen Größe vorgaukeln, fallen allerdings klein und linear aus. Auch die häufigen (glücklicherweise kurzen) Ladezeiten erinnern an die Ursprünge des Titels. In den Zwischensequenzen und Dialogen blickt ihr auf kantige Nebenfiguren und steife Protagonisten, die sich in 90-Grad-Winkeln drehen und roboterhaft die Arme bewegen. Dazu sehen Gesichter aufgrund fehlender Mimik häufig leblos aus.
Die grafischen Schwächen nagen stellenweise an der Story. Große Momente verlieren an Intensität, weil ihre Inszenierung aus der Zeit gefallen ist. Hampel-Animationen und ausdruckslose Visagen passen nicht zu Szenen mit einem dramatischen Unterton. Vor 14 Jahren ließ sich das mit technischen Einschränkungen rechtfertigen, doch auf einer Playstation 5 zieht dieses Argument nicht mehr. Gerade bei einem Fanliebling wie Crisis Core wäre etwas mehr Aufwand bei der Überarbeitung wünschenswert gewesen.
… und trotzdem reizvoll
Auslassen solltet ihr Zacks Reise trotzdem nicht. Denn abseits der grafischen Schwächen erwartet euch eine der leichtgängigsten und kurzweiligsten Episoden der gesamten Final-Fantasy-Reihe. Das damals neuartige Kampfsystem bleibt in den Grundzügen erhalten. Ein Feintuning macht Zacks Bewegungen und Angriffe allerdings deutlich flüssiger. Statt lange Schlachten zu schlagen, erlebt ihr zahlreiche kurze und wuchtige Auseinandersetzungen mit wechselnden Gegnern an verschiedenen Schauplätzen.
Interessiert euch allein der Plot, habt ihr nach etwa zwölf Stunden das Ende erreicht. Dank großzügig verteilter Speicherpunkte könnt ihr Crisis Core problemlos in mehreren kleinen Etappen durchspielen – das ist bei Final-Fantasy-Titeln eher selten der Fall. Bekommt ihr nicht genug von der Welt und den Kämpfen, dann nehmt euch der vielen optionalen Missionen an: Sie bestehen aus kleinen Arealen, in denen ihr Feinde für neue Ausrüstung, Materia und Beschwörungen erledigt. Gerade diese mächtigen Wesen lohnen sich, denn ihre Angriffe schauen umwerfend aus. Somit hat Crisis Core zumindest ein paar optische Highlights zu bieten.
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