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Test - Assetto Corsa : Racing-Underdog aus Italien

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Die Offenbarung im Cockpit

So wenig die spielerischen Elemente überzeugen, auf der Piste ist Assetto Corsa ein Gedicht. Das Fahrverhalten der 43 Boliden ist nahezu über jeden Zweifel erhaben. Punktgenau steuert ihr die Fahrzeuge über den Asphalt, spürt deutlich jedes Ausbrechen, jeden Lenkfehler, jede Bodenwelle. Hier gibt es so gut wie nichts Unerklärliches. Selbst die umfangreichen Einstelloptionen, beispielsweise für Reifendruck, Sturz oder Übersetzung, machen sich deutlich bemerkbar und wer zu experimentierfreudig ist, verwandelt seine geschmeidige Pistenflunder schnell in einen kaum noch fahrbaren Blechpottwal. Gut, dass die Einstellungen problemlos gespeichert werden können.

Praktisch: HUD-Elemente könnt ihr über ein umfangreiches App-System zuschalten, wenn ihr mit der Maus über den rechten Bildschirmrand fahrt. Dort könnt ihr Elemente wie Streckenansicht, Zeiten, Telemetrie, Reifen, Leistung oder gar grafische Filter und vieles mehr auswählen und beliebig per Drag & Drop auf dem Bildschirm platzieren - eine tolle Idee.

Es macht enorm Laune, mit den wunderbar authentisch reagierenden Wagen über die Pisten zu jagen. Das funktioniert auch mit dem Controller ganz gut (nervig: die Menüs sind weiterhin nur mit Maus und Tastatur bedienbar), mit einem der unterstützten Lenkräder allerdings ist es eine Offenbarung. Unterstützt werden unter anderem Fanatec CSR und Porsche GT3, Logitech G25 und G27 sowie Thrustmaster Ferrari und T500RS. Unser Fanatec CSR leistete seinen Dienst absolut problemlos, wir genossen das hervorragende Force-Feedback-Verhalten des Spiels. Es gibt derzeit wohl kaum ein anderes Rennspiel, das sich beim Fahren dermaßen befriedigend und authentisch anfühlt. Da wird sich selbst das im ersten Eindruck richtig gute Project CARS noch kräftig strecken müssen.

Kleine Störelemente

Leider gibt es beim Fahren einige Schattenseiten. Nicht in Sachen Grafik, die ist überaus sehenswert und detailliert und bringt das Tempogefühl gut rüber, eher bei diversen Kleinigkeiten. Rennen gegen die knackige KI sind nicht immer ein Vergnügen, denn die hat ihre Aussetzer und agiert zuweilen rabiat. Die Ideallinie sollte man am besten gleich abschalten, denn deren Anzeige ist, kurz gesagt, Mist und passt hinten und vorne nicht zu dem, was man eigentlich am Steuer und an den Pedalen anstellen sollte. Das Schadensmodell wirkt teilweise inkonsequent und passt nicht immer zu dem, was dem armen Fahrzeug gerade zugestoßen ist. Auch das selbst gehäkelte Regelwerk nervt ein wenig – kommt man von der Piste ab, wird man noch zusätzlich durch Abbremsung oder Zeitstrafe gepeinigt, obwohl ein Abflug ohnehin schon mächtig Zeit kostet, was den Sieg nahezu unmöglich macht. Rein für das Schneiden von Kurven wäre das okay, es passiert jedoch grundsätzlich, wenn ihr die Fahrbahn verlasst.

Man darf hoffen, dass die Entwickler, für die Assetto Corsa spürbar ein Herzensprojekt ist, das Feedback berücksichtigen und noch an einigen Ecken nachbessern. Unmöglich ist das sicher nicht, zumal auch die Community dank guter Modifizierbarkeit bereits sehr fleißig ist. Auf verschiedenen Mod-Seiten gibt es eine ganze Menge an zusätzlichen Fahrzeugen, Skins, Strecken und andere Modifikationen, die allerdings nicht immer stabil laufen. Da ist munteres Ausprobieren angesagt.

Fazit

Andreas Philipp - Portraitvon Andreas Philipp
Viel Simulation, wenig Spiel

Wieder einmal schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Auf der Habenseite verbucht Assetto Corsa das herausragende Fahrgefühl dank authentischer Fahrphysik, präziser Lenkung, toller Force-Feedback-Effekte und detaillierter Simulation. Dem stehen deutliche Schwächen bei den spielerischen Bestandteilen gegenüber, allen voran die nüchternen, wenig motivierenden Spielmodi (die Karriere in der Form hätte man sich eigentlich sparen können), die durchwachsene KI und die unausgewogene Balance sowie verschiedene kleinere Mängel wie ein inkonsequentes Schadensmodell oder das wenig durchdachte Regelsystem. Während Rennexperten sich über hohen Anspruch freuen, kommen Einsteiger in vielen Bereichen etwas zu kurz. Schade, dass die Entwickler an diese Bereiche nicht ebenso akribisch herangegangen sind wie an das Fahrverhalten. Dennoch rast das Spiel in die höheren Wertungsränge, denn das fantastische Fahrgefühl sucht derzeit seinesgleichen und verdient es, belohnt zu werden. Eigentlich reicht es schon, KI oder menschliche Mitspieler beiseite zu lassen und es einfach zu genießen, die Boliden mit derartig authentischer Fahrphysik über die Pisten zu scheuchen. Selbst das heiß erwartete Project CARS wird ganz schön auf die Pedale drücken müssen, um in diesem Bereich an Assetto Corsa heranzukommen. Abschließend bleibt die Hoffnung, dass Entwickler und Community weiterhin fleißig daran arbeiten, das Spiel zu verbessern und zu erweitern. Dann nämlich prophezeie ich ihm eine lange Lebenszeit in der Racing-Welt.

Überblick

Pro

  • guter Sound
  • hervorragendes Force-Feedback
  • klasse Fahrverhalten
  • präzise Steuerung
  • glaubwürdige Physik
  • detaillierte Fahrzeuge
  • lasergescannte Strecken
  • gut gemischtes Fahrzeugangebot
  • extrem modfreundlich
  • sehenswerte Grafik
  • viele Rennvarianten und -modi
  • viele Einstellmöglichkeiten
  • mit Lenkrad ein Gedicht

Contra

  • wenige Strecken
  • öder Karrieremodus
  • fummelige Menüs
  • inkonsequentes Schadensmodell
  • schlecht ausbalancierte Wettbewerbe
  • KI mit Vollaussetzern
  • Strafen- und Regelsystem wenig durchdacht
  • kein Wetterwechsel, kein Regen, keine Nachtrennen
  • keine Boxenstopps im Solospiel
  • Ideallinie unbrauchbar
  • für Einsteiger eher frustrierend

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