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Test - Assassin‘s Creed: Valhalla – Zorn der Druiden : Test: Fast schon ein vollwertiges kleines Assassin‘s Creed

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Na? Gehörst du auch zu den 19,3% der Spieler, die mit Assassin‘s Creed: Valhalla durch sind? Oder bist du immer noch damit beschäftigt, Verbündete in Englaland zu gewinnen, deine Siedlung zu verschönern, Steinmännchen aufzutürmen und Pfeile durch Fenster auf Türschlösser zu schießen? Angesichts des monströsen 100-bis-150-Stunden-Umfangs wirkt es ein halbes Jahr nach Veröffentlichung geradezu verfrüht, dass Ubisoft jetzt schon den ersten großen DLC für seinen Open-World-Koloss nachschiebt, der euch erneut für etwa 20 Stunden beschäftigen wird.

„Zorn der Druiden“ führt Eivor nach Irland, dessen komplette nördliche Hälfte den nächsten Eintrag in der Liste von Ländern stellt, die die Assassin‘s-Creed-Reihe in abermals beeindruckender Gänze als Spielwelt nachbildet. Hier hat ein Vetter von Eivor ein bescheidenes Königreich in Dyflin, dem heutigen Dublin, errichtet, das sich in einem labilen Kräftemessen mit seinen Nachbarn befindet. Wie schon im Hauptspiel streiten unterschiedliche Parteien um die Krone eines vereinigten Landes, und so gilt es erneut, Verbündete zu gewinnen, auf dass derjenige Hochkönig den Thron besteige, dessen politische und ideologische Interessen den eigenen am engsten entsprechen, während im Verborgenen ein uralter Druidenorden seine Ränke schmiedet, um einen Marionettenherrscher als heimlichen Strippenzieher für die eigene Sache einzusetzen.

Ein vollwertiges kleines Assassin‘s Creed

Drei und eine halbe Region umfasst der erste große DLC des Season Pass mit allem, was man aus dem Hauptspiel kennt: neue Reichtümer, Rätsel und Artefakte, die gesammelt und abgehakt werden müssen, Klöster, die für Baumaterialien gebrandschatzt werden, und zehn neue Ordensmitglieder, die ausfindig und aus dem Weg geräumt werden dürfen.

An die Stelle der Siedlung treten die Handelsposten, die erst eingenommen und dann mit Gebäuden wie Lagerhäusern und Werkstätten ausgebaut werden, um Waren wie Kleidung, Bücher und Luxusgüter zu erwirtschaften, die wiederum in mal leidlich mehr (Rüstungen und Waffen), meist jedoch eher weniger (Tätowierungen und Bootsverzierungen) sinnvolle Belohnungsketten eingebunden sind.

Während der Vorgänger Assassin‘s Creed: Odyssey seine DLCs noch in sechs mundgerechte Episoden-Häppchen filetierte, serviert Valhalla seine Erweiterung am saftigen Stück als eine Art kleiner portionierte Variation des Hauptspiels. Das hat den Vorteil, dass sich das Geschehen weniger wie hastiges Stückwerk, sondern fast schon wie ein Nachfolger mit eigener durchgehend erzählter Geschichte samt spektakulärem Höhepunkt anfühlt, vermittelt aber gleichzeitig auch als Nebeneffekt das Gefühl, das alles schon mal sehr ähnlich erlebt zu haben.

Das Irland von „Zorn der Druiden“ gleicht jedenfalls dem Englaland von Valhalla bis in den kleinsten Grashalm der als grün bekannten Insel. Ein bisschen mehr stimmungsvollen Nebel und Sumpf, etwas weniger Gebirge, hin und wieder mystisch pittoreske Hinkelsteine, doch abgesehen von zwei bis drei neuen Varianten davon, wie man einen Pfeil durchs Fenster schießt, um ein Türschloss zu öffnen, halten sich die Unterschiede in Grenzen.

„Ich bin der Waldfürst, der Schwindler der Sagen“

Dass „Zorn der Druiden“ nach einer etwas lustlos wirkenden Anfangsphase dennoch eine erfrischend andersartige Klangfarbe annimmt, liegt in erster Linie an seinen folkloristischen Einschlägen aus irischem Mystizismus, der sich vor allem in monströs wirkenden neuen Gegnern äußert: Druidenmagier mit bedrohlichen Hirschgeweihen auf dem Kopf und werwolfartige Kreaturen, deren unheimliche Aura sich aus der nebulösen Ungewissheit zwischen gespenstischer Einbildung und einschüchternder Maskerade speist. Mit (vermeintlich?) übersinnlichen Kräften wie einem Feuerspucker-Trick oder tobenden Beißattacken bilden sie jedenfalls eine angenehme Abwechslung zu den auf Dauer höchst ausrechenbaren menschlichen Gegnern des Hauptspiels und fordern derartig eine Anpassung des eigenen Kampfstils ein. Fans, die an der Reihe in erster Linie ihre archäologische Treue schätzen, könnte der Hokuspokus bisweilen aber auch schon einen Tick zu weit gehen.

Die derzeitigen Gerüchte und „Leaks“ gleichwohl, das Spiel erfahre einen gewaltsam gewaltigen Einschlag Richtung Fantasy-Genre, gehen meilenweit am Tatbestand vorbei. Bis auf eine einzige (zugegebenermaßen für die Handlung recht bedeutsame) Szene gegen Ende, bleibt Assassin‘s Creed seiner für die Serie charakteristischen historischen Authentizität und Bodenständigkeit verhaftet und gebärdet sich insgesamt vermutlich sogar noch weniger phantastisch als der mythologische Handlungsstrang des Hauptspiels. Trotz zauberhafter Folklore in den Ritzen bleibt das Fundament der Geschichte ein irisches Game of Thrones über die politischen Ränkeschmiede von Königen und Emporkömmlingen um die Krone.

Dass ich damit nur ein halbes Jahr nach den ausufernden 138 Stunden mit Valhalla wieder unerwartet viel Freude hatte, liegt auch daran, dass sich der Umfang mit etwa 15 bis 25 Stunden in einem Rahmen bewegt, der einerseits viel Inhalt für sein Geld bietet, gleichzeitig aber von Anfang an das befreiende Gefühl vor Augen stellt, dass alles in einer vernünftigen Zeitspanne wieder vorbei sein wird, bevor sich das Geschehen in der mühseligen Tretmühle des bloßen Abarbeitens festfährt. Denn seien wir doch mal ehrlich: Valhalla war einfach viel, viel zu groß. Womöglich wäre den Entwicklern für kommende Teile der Reihe sogar zu raten, sich lieber am Maßstab dieses DLCs zu orientieren und die Anstrengungen statt in der Uferlosigkeit der Spielwelt stärker auf das Erstellen von abwechslungsreichen Aufgaben zu verlagern.

Denn so gekonnt der „Zorn der Druiden“ zweifellos erneut unterhält, so wenig wirkt der DLC wie ein von kreativen Köpfen mit kühnen Visionen ersonnenes Spielewerk, als vielmehr ein von bloßen Handwerkern am Fließband erstelltes Produkt aus Einzelteilen, die schon das Hauptspiel routiniert zusammenhielten. Bestes Beispiel dafür bildet die „Neuerung“ der Taubenschläge, an denen einfallslose Zufallsaufträge der Marke „Meuchel jene Person“ und „Befreie dieses Lager“ zur Abholung warten, um in der Gunst der Könige aufzusteigen und so den politischen Einfluss in die jeweiligen Gebiete ausdehnen.

>> 10 Dinge, die du noch nicht über Assassin's Creed: Valhalla wusstest <<

Die Tatsache, dass keine einzige (!) Nebenquest (bzw. „Weltereignisse“, wie sie das Spiel nennt) erzählerisch gewitzte Zerstreuung vom Haupthandlungsstrang verheißt, zeugt ebenfalls vom fantasielosen Reißbrettcharakter, der diesen DLC wie ein Windhauch durchweht. Stattdessen werden den Komplettionisten unter euch jetzt vermutlich bei der bloßen Erwähnung die Angstschweißperlen ausbrechen, dass die anfangs noch charmanten, aber gegen Ende des Hauptspiels zum Verzweifeln schweren Steinmännchen ihre Rückkehr erfahren.

Doch Assassin‘s Creed wäre nicht Assassin‘s Creed, wenn es nicht doch immer wieder Momente schaffen würde, die von andachtsvollem Staunen oder einfach nur purem Spektakel geprägt sind. Indem die Spielwelt naturgemäß flacher ausfällt, erweisen sich die Panoramablicke von erhöhten Aussichtspunkten aufgrund der immensen Weitsicht nochmal eindrücklicher als ohnehin, und die Schlachten um irische Festungen steigern sich in eine inszenatorische Wucht, die fast schon körperlich spürbar wird.

Den wahrscheinlich erinnerungswürdigsten Moment hatte ich aber mit einem der verfluchten Zeichen, das in einem Labyrinth aus den aufgebahrten Palisaden eines ehemaligen Schlachtfelds versteckt ist und sich in seiner martialischen Anmutung auf beinahe schon verstörende Weise vom Rest des Spiels abhebt. Schön, wenn ein derartiges Großprojekt von einem Videospiel gerade durch solcherlei scheinbare Nebensächlichkeiten unvermittelt zu überraschen weiß.

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