Test - Aquanox: Deep Descent : Die Action fällt ins Wasser
- PC
Bereits im Jahr 2014 wurde uns auf der Gamescom ein erster Prototyp von Aquanox 3 gezeigt. In der Zwischenzeit ist eine Ewigkeit vergangen, und wenn wir ehrlich sind, hatten wir die Hoffnung auf eine Fertigstellung schon aufgegeben. Doch endlich ist es soweit, und die serbischen Entwickler von Digital Arrow bringen Aquanox: Deep Descent auf den Markt. Futuristische Unterwasserschlachten gepaart mit einer atmosphärischen Beklommenheit bildeten bereits anno 2001 das Erfolgsrezept des Vorgängers. Das damals von den Mannheimern bei Massive Development (nicht zu verwechseln mit den schwedischen The-Division-Machern Massive Entertainment) entwickelte Aquanox war zu seiner damaligen Zeit atemberaubend schön.
Bereits ein Jahr nach dem ersten Teil erschien mit Aquanox 2: Revelation ein Nachfolger. Zu dieser Zeit hielt noch der österreichische Publisher JoWood die Rechte an der Marke. Dieser ging jedoch bekanntlich pleite und riss 2006 auch Massive und die U-Boot-Kampfsimulation mit sich in die Tiefe. Die Reste von JoWood wurden schlussendlich von THQ aufgekauft. Doch die Lizenz lag dort erstmal brach. Schließlich ist Aquanox außerhalb der deutschsprachigen Grenzen kaum ein Begriff, und das Genre fristet mittlerweile eher ein Nischendasein. Zu allem Überfluss wechselte abermals das Produktportfolio den Besitzer. Nordic Games, die heute unter THQ Nordic firmieren, übernahmen, doch war den neuen Eigentümern zunächst das finanzielle Wagnis zu groß. Kurzerhand starte man eine Kickstarter-Kampagne – und die war erfolgreich.
Die gute Nachricht zuerst
Aquanox: Deep Descent soll in erster Linie Fans der ersten Stunde ansprechen und glücklich machen. Wie in den Vorgängern lebt die Menschheit in einer postapokalyptischen Welt, in der die Planetenoberfläche unbewohnbar zerstört wurde. Den einzigen Rückzugsort bilden die Meere. Die Ereignisse in Deep Descent spielen rund 300 Jahre vor den Originalspielen und sind abermals am Schauplatz Aqua angesiedelt. Ihr spielt den neuen Helden Kaelen, der mit drei weiteren Begleitern aus dem Kälteschlaf gerissen wird. Er und seine Mitstreiter, sogenannte Cryos, sind vor der Katastrophe eingefroren worden. Die neue Welt ist euch daher fremd und die Fragen, wie es so weit kommen konnte, prägen den Verlauf der Kampagne. Die ist zwar in ihrer Präsentation nicht sonderlich eindrucksvoll inszeniert, da die Figuren nur als Porträts dargestellt werden, ist aber spannend genug geschrieben, um das Interesse aufrechtzuerhalten.
Der Einstieg ist jedoch zunächst etwas holprig geraten. Ihr trefft auf Okabe, ebenfalls ein Cryo, der euch bittet, quer durch die Ozeane Aufträge und kleinere Nebenjobs zu erledigen, um so an Informationen über die Vergangenheit zu gelangen. Im Spielverlauf kommt ihr nach und nach in Kontakt mit weiteren Fraktionen, die euch ebenfalls mit Story-Missionen füttern.
Zähe Action
Die größte Neuerung in Deep Descent ist der Koop-Modus für vier Spieler. Darin dürft ihr mit bis zu drei weiteren U-Boot-Kapitänen die Weltmeere unsicher machen. Das lockert die Kämpfe ungemein auf und macht die feuchten Scharmützel spürbar actiongeladener. Spielt ihr alleine, fühlen sich die Auseinandersetzungen hingegen deutlich trockener an. Im Gegensatz zum kürzlich erschienenen Star Wars: Squadrons kommt dabei kaum flottes Kampfgeschehen mit rasanten Drehungen und Wendungen im Schlachtgetümmel auf.
Gleichwohl ist uns bewusst, dass der Vergleich hinkt. Schließlich gehört die Trägheit der U-Boote zum zentralen Konzept von Aquanox. Sie trägt schließlich auch wesentlich zum besonderen Spielgefühl der Reihe bei, steht sich letztlich aber selbst im Weg: Meist fahrt ihr zu den gegnerischen Zielen und steht ihnen beim Schusswechsel lediglich Angesicht zu Angesicht gegenüber, als wenn ihr euch zu einer Partie Stern-Schere-Papier trefft. Keine halsbrecherischen Manöver oder verteidigende Ausweichrollen. Schlimmer wird das noch, wenn ihr stationäre Geschütze ausschaltet müsst.
Torpedos quittieren bereits nach wenigen Metern ihren Dienst, ebenso die Schrapnell-Waffe, eine Art Schrotflinte, die euch zwingt, extrem nah an die Feindeinheiten heranzufahren, um überhaupt damit Schaden zu verursachen. Apropos Schaden: weder bei euch noch bei euren Gegnern lässt sich optisch erkennen, ob eure Schüsse ihr Ziel erreicht haben. Trefferfeedback ist schlicht nicht existent - keine splitternden Glasscheiben oder zerberstende Panzerungen, die für fetzige Schlachtatmosphäre sorgten. Lediglich zwei Balken bei der Zielmarkierung verraten euch den Zustand der Schilde und der Schiffe. Das treibt den Spielspaß nicht gerade in die Höhe.
Dabei haben sich die Entwickler schon relativ kluge Gedanken gemacht, wie sie die Motivation des Spielers fördern. Ihr seid im Verlauf des Spiels nicht nur an ein Schiff gebunden, sondern bekommt durch das Abwickeln von Aufträgen Credits, die ihr wiederum in den Erwerb von neuen Schiffstypen steckt. Auch neue Waffen und Fähigkeiten schaltet ihr nach und nach frei. Da wären Minen, die auf der Flucht abgeworfen werden, oder ein Vorwärtsschub, der die Geschwindigkeit kurzfristig erheblich erhöht. Zudem könnt ihr Ressourcen in der Spielwelt von Aqua sammeln. Allerdings ist dieser Prozess sehr langatmig geraten. Habt ihr ein havariertes Wrack ausfindig gemacht, müsst ihr es erst scannen, bevor ihr seine Einzelteile ausschlachten könnt. Unnötig.
War der erste Teil von Aquanox noch ein Grafikleckerbissen, müsst ihr euch in der aktuellen Fassung mit Kantinenkost zufrieden geben. Der erste Teil schuf im Jahr 2001 mit schicken Licht- und Schatteneffekte eine für die damalige Zeit sagenhafte Kulisse auf dem Meeresgrund, vor allem durch Sonnenstrahlen, die durch die Wasseroberfläche schimmerten und wabernde Muster auf den Boden projizierte. Spieler des Erstlings, die diese Eindrücke noch im Hinterkopf haben, dürften von Deep Descent enttäuscht sein. Eine dynamische Unterwasserwelt und vor allem glaubwürdige Beleuchtung sehen anders aus. Dafür sind die Explosionen geradezu eine Wucht, die jeden erfolgreichen Abschuss zu einer wahren Freude machen.
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