Test - Apocalipsis : Okkultes Gruseln in der Hölle
- PC
Wie weit würdet ihr gehen, um die Liebe eures Lebens zurückzubekommen? Der junge Harry geht dafür im Point-&-Click-Adventure Apocalipsis: Harry at the End of the World nicht nur, wie der Name verrät, bis ans Ende der Welt, sondern sogar über Leichen.
Das Mittelalter war eine finstere Zeit, zumindest wenn man den Entwicklern von Punch Punk Games Glauben schenken darf. Denn die entführen euch in Apocalipsis: Harry at the End of the World in eine malerisch düstere Welt, die optisch an berühmte Holzschnitte des 15. und 16. Jahrhunderts erinnert und sich stilistisch an großen Malern wie Albrecht Dürer oder Hans Holbein orientiert.
Davon geht die Welt nicht unter – oder doch?
Harry hat seine erste große Liebe verloren. Nicht etwa im Streit oder an einen anderen Mann, sondern an einen wütenden Mob, der sie der Hexerei bezichtigt und hingerichtet hat. Statt sich mit diesem Schicksal abzufinden, entscheidet sich Harry hingegen, dem Okkulten zu folgen, um seine Geliebte wieder zurück ins Reich der Lebenden und damit in seine Arme zu holen. Dass das kein einfaches Unterfangen wird, dürfte jedem klar sein, doch die Welten, in die es Harry verschlägt, sind nichts für Zartbesaitete.
Komplett wortlos stapft euer Held von einem Bild voller Grausamkeiten, bei denen es dem durchschnittlichen Normalsterblichen die Nackenhaare aufstellen würde, ins nächste. So führt ihn seine Reise vorbei an ausgezehrten Gefangenen in einer Folterkammer über Stapel aus Leichenteilen, von denen er sich gerne auch mal einen Arm fürs nächste Rätsel schnappt, bis hin zu abscheulichen Monstern und dämonenartigen Gesellen, die direkt aus Dantes Göttlicher Komödie stammen könnten. Dabei blickt er immer ziemlich unbeeindruckt drein, während ihr ihm dabei helft, Knochen zu spitzen und Henker zu vergiften.
Aufsammeln, einsetzen, weitergehen
Das erledigt ihr in der Regel, indem ihr euch erst mal einen Überblick über die Umgebung verschafft und alle Gegenstände einsammelt, die euch ins Auge springen. Geübte Point-&-Click-Spieler sehen daraufhin auch sofort, wo diese wieder abgelegt werden müssen, um voranzukommen. Liegen beispielsweise ein Wischmopp, ein Eimer und ein Seil wahllos auf dem Deck eines Bootes herum, so bedarf es keiner großen Transferleistung, um zu verstehen, dass ihr den Eimer mit dem Seil ins Wasser lassen müsst, um dann den großen Dreckfleck am Boden mit dem feuchten Mopp wegzuwischen.
Der Großteil der Aufgaben im Spiel ist leider ähnlich simpel und erinnert auf diese Weise eher an ein Wimmelbildspielchen als an ein richtiges Adventure. Alle paar Bildschirme kommt dann noch ein etwas aufwendigeres Rätsel hinzu. Diese besinnen sich aber auf die absoluten Rätsel-Basics, die es schon seit Anbeginn der analogen Denkspiele gibt. Zahnräder anordnen, Bildpuzzles verschieben, Rohrleitungen miteinander verbinden … Jeder, der bereits vor einem Knobelspiel saß, hat jede dieser Aufgaben mit Sicherheit schon mal gelöst.
Tolle Atmosphäre, verschenktes Potenzial
Das ist schade, denn laut Entwickler soll sich Apocalipsis an Spielen wie Machinaruim orientieren, verschenkt an dieser Stelle aber sehr viel Potenzial. Wo ähnlich geartete Genrekollegen das eine oder andere Umdenken vom Spieler verlangen, fällt Harry quasi jedes Mal direkt mit der Nase auf die Lösung eines jeden Rätsels. Da hilft es auch nur wenig, dass der atmosphärische Hintergrundsound die makabre Grundstimmung des Spiels vorzüglich untermalt und Nergal, der Sänger der polnischen Metal-Band Behemoth, als Erzähler der Zwischensequenzen hervorragende Arbeit leistet.
Apocalipsis: Harry at the End of the World erzählt eine düstere und stimmige, wenn auch sehr simpel gestrickte Geschichte. Für kleines Geld machen Spieler, die Lust auf knapp zwei Stunden schauriges interaktives Abenteuer mit dichter Atmosphäre haben, nichts verkehrt. Wer sich allerdings ein Adventure mit fordernden und spannenden Knobelpassagen wünscht und weniger Wert auf den gelungenen Stil legt, der sollte lieber zu einem anderen Genrekollegen greifen.
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