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Test - Amnesia: The Bunker : Test: Die inoffizielle Horror-Alternative zu Alien: Isolation

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Mit Amnesia: The Dark Descent schufen die schwedischen Entwickler von Fricitonal Games eines der einflussreichsten Spiele für die Spielelandschaft der Gegenwart. Auch wenn es nie die Popularität von Blockbuster-Titeln wie Resident Evil oder Silent Hill erreichte, gäbe es die aktuelle Schwemme an Horrorspielen von Outlast bis Layers of Fear, von The Medium bis Scorn ohne dieses Indie-Kleinod zweifelsfrei nicht. Mit dem vierten Teil Amnesia: The Bunker beschreitet die Reihe neue Wege und eifert einem Vorbild nach, dass es vermutlich ohne die Vorgänger ebenfalls nie gegeben hätte: Alien Isolation.

Auch wenn es in den Geschichtsbüchern zu Unrecht wohl lediglich eine Fußnote einnimmt, ist der Einfluss von Amnesia: The Dark Descent auf die aktuelle Spielelandschaft kaum zu überschätzen. Die schwedischen Entwickler von Frictional Games begriffen darin als erste, dass Horror in einem Videospiel unvergleichlich eindrücklicher inszeniert werden kann als etwa in einem Film, in dem der Zuschauer lediglich mitfiebert, statt die Angst am eigenen Leib zu erfahren.

Eine Szene, die wie keine andere dafür steht, ist die, in der ihr in einem dunklen, überschwemmten Raum einem unsichtbaren Monster wehrlos ausgeliefert seid, das sich lediglich durch ein Plätschern im Wasser bemerkbar macht. Plitsch, platsch, plitsch, platsch – was wie der Beginn eines Kinderliedes klingt, verfolgt euch noch in die finstersten Albträume hinein. Amnesia inszenierte das Grauen nicht als Bedrohung, der man Herr werden musste, sondern als Panik, der man ausgeliefert war. Wenn einen das Monster entdeckt hatte, gab es kein Mittel zur Gegenwehr, reichte es nicht einmal wegzurennen und sich zu verstecken, nein, man durfte es nicht einmal ansehen, musste zusammengekauert auf den Boden starren, während im Nacken die Zähne fletschten.

Den Höhepunkt des ersten Teils bildete eine Szene, die zutiefst verankerte Urängste heraufbeschwor: den Albtraum, in dem es trotz aller Anstrengung kein Entkommen vor dem Verfolger gibt. Auf der Flucht vor dem Monster versperren euch ständig Türen den Weg, die zunächst geöffnet werden müssen, natürlich zumeist umständlich nach Innen, während dieses hinter euch brüllend und tobend immer näher kommt. Bloß nicht umdrehen! Bloß nicht umschauen! Eine Sternstunde des Horror-Genres, die bis heute unerreicht ist.

Mehr Alien: Isolation als The Dark Descent

Um die beiden drängendsten Fragen zum nun erschienenen vierten Teil direkt zu Beginn abzuhaken: Ja, spielerisch entfernt sich Amnesia: The Bunker stark von seinen Vorgängern. Wenngleich es zweifellos weiterhin deren grundsätzliche Philosophie und Grundstimmung teilt, dem Gefühl der Ohnmacht im Angesicht eines unbesiegbaren Bösen, das mit List und Tücke und unter Einsatz des eigenen Seelenheils überwunden werden muss, so verzichtet es diesmal weitgehend auf deren spröde Adventure-Rätsel, die Spannungsdramaturgie des geskripteten Grusels, ja, es wirft gar deren gesamten linearen Ablauf über Bord. Stattdessen vollzieht es den Genre-Schulterschluss mit Alien: Isolation, ja, böse Zungen könnten gar behaupten, es sei dessen Klon im Weltkriegs-Szenario.

Und als zweite wichtige Info vorab: Fans der Vorgänger, die angesichts der im Trailer gezeigten Waffen die Befürchtung hegen, es handele sich beim neuen Amnesia nun um ein Survival-Horror-Spiel im Stile von Resident Evil oder gar um einen Shooter wie in den Bunker-Szenen von S.T.A.L.K.E.R., in dem die Action den Grusel überwiegt, denen kann versichert werden: nein, Amnesia: The Bunker bleibt zumindest in dieser Hinsicht der Reihe vollständig treu. Waffen können dem Monster nichts anhaben, sondern es lediglich verschrecken oder kurzzeitig lähmen, meist locken sie es aber ohnehin eher an. Munition für den Revolver fällt zudem so knapp aus, dass er wenn überhaupt nur im allerhöchsten Notfall zum Einsatz kommt.

Womit wir schon beim zentralen Punkt des Spiels wären, denn ja, aufmerksame Leser haben richtig erkannt: dem Monster. Einzahl. Wie in Alien: Isolation gibt es nämlich nur eines, und mit diesem seid ihr allein und wehrlos in einem Bunker des Ersten Weltkriegs gefangen.

Labyrinth des Schreckens

Womöglich kam den Entwicklern die Idee dazu, während sie an einem ganz bestimmten Kapitel des Vorgängers, Amnesia: Rebirth, arbeiteten. Darin seid ihr allein in einem Haus mitten in der Wüste, hört unheimliche Geräusche in den Wänden, ein Schaben, ein Schmatzen, ein Geifern. Doch es hilft nichts, ihr müsst immer tiefer in den verhängnisvollen Bau hinein, vorsichtig, zaghaft, bloß keinen Laut machen. Und dann sitzt es euch auf einmal direkt im Nacken. Panik, Flucht, auf einmal zählt nur noch eines: das nackte Überleben. Amnesia: The Bunker nimmt diese Szene und breitet es als komplettes Spiel, in einer Semi-Open-World, vor euch aus.

Wie ein Labyrinth mutet der Bunker zunächst an, in dem ihr allein mit der Bestie festsitzt. Sternförmig liegen seine verschiedenen Sektionen an der Kommandozentrale in seinem Zentrum an, das ihr das ganze Spiel über als Ausgangspunkt für eure Expeditionen in seine unheimlichen, klaustrophobisch engen Gänge nutzt. Da sind die Mannschaftsquartiere im Süden, die Waffenkammer im Westen, der Wartungsbereich, die Messe, der Zellenblock, das Lazarett und schließlich dieser überschwemmte Tunnel, der in einen unterirdischen römischen Tempel zu führen scheint, in dem das Grauen über Jahrhunderte überdauerte.

Nicht alle Bereiche lassen sich von Anfang an betreten. Viel eher müsst ihr nach und nach dafür sorgen, sie euch zu erschließen: etwa den Bolzenschneider für das Vorhängeschloss zum Funkraum finden oder die Zahlenkombination, die die Tür zum Lager öffnet. Metroidvania ließe sich dazu sagen, das Polizeirevier von Resident Evil 2 als Schauplatz als vage Referenz zur Veranschaulichung heranziehen. Am Ende geht es darum, alle Wege zu öffnen, um Dynamit und Zünder zu finden und damit den Weg aus dem Bunker in die Freiheit zu sprengen.

Doch bis es dazu kommt, müsst ihr seine garstigen Eingeweide erkunden, immer wieder Vorstöße in seine düsteren Gänge unternehmen, in denen zu jedem Zeitpunkt Begegnungen mit der Bestie drohen. Stets sind die Sinne dabei bis ans Äußerste geschärft, vor allem das Gehör: Waren da Schritte auf der anderen Seite der Wand zu hören? Kommen sie näher oder entfernen sie sich? War ich zu laut? Hätte ich vorhin besser nicht rennen sollen? Gehe ich vorsichtig um die nächste Ecke oder kehre ich lieber um und nehme eine alternative Route?

Die Entwickler von Frictional Games inszenieren einen Grusel, der sich vor allem auf der Tonspur entfaltet und sich von dort direkt in der Vorstellung Bahn bricht. Selbst wenn das Biest nicht zu hören ist, sind es die eigenen Geräusche, die einem Angst und Bange machen. Augenblicklich erstarrt man regungslos, wenn man versehentlich eine leere Flasche umgeworfen hat, die nun unter hohlem Scheppern den Boden entlang rollt, lauscht dem Echo, wie es sich den Gang entlang ausbreitet, und bangt, es möge dort auf keine Ohren treffen, die Witterung aufnehmen.

Jedes hallende Klappern der Stiefel beim Rennen über den groben Betonboden bereitet förmlich Schmerzen, die den Körper instinktiv anspannen lassen. Selbst die Taschenlampe, euer bester Freund in der Dunkelheit, erzeugt beim mechanischen Aufladen des Dynamos ein Schleifgeräusch, das jeden Einsatz zur Zerreißprobe für die eigenen Nerven werden lässt.

Gelegentlich versetzt der ferne Einschlag einer Mörsergranate in Schockstarre, wenn die Erde bebt, als rege sich ein monströser schlafender Organismus, in dessen Eingeweiden man sich gerade aufhält. Der Krieg, daran erinnert The Bunker regelmäßig, ist immer noch da draußen und wäre trotz allem womöglich das größere Übel. Wenngleich Amnesia viel metaphorischen Spielraum für sein Weltkriegsszenario eröffnet, verweigert es sich zum Glück platten psychologischen Deutungen wie in dieserlei Horrorspielen gerade Mode.

Allein mit dem Teufel

Amnesia: The Bunker ist ein ständiges, nervenzerfetzendes Versteckspiel mit einem tödlichen Feind. Irgendwo in den Wänden bewegt es sich durch die Anlage, lauert euch auf, jagt euch, sobald es euch wittert. Dann kommt es durch die Löcher in den Wänden gekrochen, die man ständig im Blick hat, um sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten.

Licht ist euer wertvollster Verbündeter. Solange der Generator des Bunkers mit ausreichend Benzin versorgt ist und die Gänge hell erleuchtet sind, ist die Gefahr kontrollierbar, der Schrecken gebannt. Daher gilt es stets, die Vorräte gut aufgefüllt zu wissen. Denn wird der Schein der Glühbirnen erstmal schwächer, beginnen die Lampen zu flackern und kündigt die Bestie mit einem Gebrüll ihr Erscheinen an, dann beginnt die Panik aufzusteigen, dieses Gefühl, als krabbelten Hunderte Ameisen durch die Adern.

Die Spiele der Amnesia-Reihe waren noch nie auf plumpe Schreckeffekte wie Jumpscares oder übertriebene Gewaltdarstellung angewiesen. Stattdessen geht es ihnen um ein ständiges Gefühl der Ohnmacht, der Unsicherheit vor dem, was gleich geschehen könnte, und der Gewissheit, dass früher oder später genau das geschehen wird, was man sich schaudernd ausmalt. Das Furchterregende ist dabei nicht das, was man sieht, sondern das, was man erwartet. Amnesia: The Bunker treibt dieses Spiel mit der Ungewissheit gekonnt auf die Spitze.

Die Entwickler greifen euch aber auch geschickt und subtil unter die Arme, um typisches Nervpotenzial solcher Art Spiele zu vermeiden. Die unheilige Aura des Monsters etwa bewirkt statische Störungen im Stromkreislauf des Bunkers, wodurch ihr am Flackern der Glühbirnen stets auch aus sicherer Entfernung auf seine Anwesenheit schließen könnt, ohne euch unnötig in Gefahr zu begeben.

So häufig, wie man nun denken mag, fallen die Begegnungen mit dem Monster ohnehin nicht aus. Viel eher geht es Amnesia: The Bunker um die erdrückende Drohkulisse, unter deren Eindruck das Geschehen permament stattfindet. Die meiste Zeit über dringt ihr immer tiefer in die verschiedenen Bereiche des Bunkers vor, erkundet seine Gänge und Räumlichkeiten und durchstöbert dabei Notizbücher und Fotoalben, die Einblicke in die Hintergrundgeschichte, Hinweise auf taktische Vorgehensweisen oder die Fundorte wichtiger Utensilien enthalten.

Viele dieser Erkundungstouren dienen nicht einmal dem spielerischen Fortschritt, sondern dem Aufstocken der Vorräte. Denn zu Teilen ist Amnesia: The Bunker auch ein Survival-Spiel, in dem ihr die Umgebung nach verwertbaren Rohstoffen absucht. Ihr sammelt Benzin für den Stromgenerator, Stoffe, um daraus Verbandsmaterial für Wunden herzustellen, Stöcke, die sich mit Tüchern zu Fackeln umwickeln lassen, mit denen ihr nicht nur Licht ins Dunkel bringt, sondern auch lästige Ratten vertreibt, die durch ihr Quieken das Monster anlocken.

Der teuflische Trick dabei: Das Spiel nötigt euch ständig dazu, Dinge zu tun, gegen die sich innerlich alles sträubt. Noch tiefer in die Dunkelheit vordringen, während der schützende Schein der Beleuchtung immer weiter zurückfällt. Verängstigt in tödlichen Sackgassen ausharren, bis sich das bedrohliche Geräusch wieder entfernt. Wenn ihr vor einer verschlossenen Tür steht, könnt ihr hoffen, dass es einen Umweg, etwa durch einen Lüftungsschacht oder einen Hintereingang, gibt, der auf die andere Seite führt. Oder ihr zieht in Erwägung, sie mit einer Granate zu sprengen oder das Schloss mit dem Revolver aufzuschießen. Doch das lockt unweigerlich das Monster an. Also prüft vorher genauestens eure Umgebung: Gibt es ein Versteck? Einen Fluchtweg? Einen Seitengang, in den ihr euch solange zurückziehen könnt, bis die Bestie von euch ablässt und wieder verschwindet.

Wie gesagt strukturiert Amnesia: The Bunker sein Geschehen nicht linear wie seine Vorgänger, sondern nach dem Vorbild eines Metroidvania. Immer wieder dringt ihr in bereits bekanntes Gebiet vor, in dem ihr nun etwas Neues unternehmen könnt, weil ihr neues Werkzeug oder neue Informationen erhalten habt, etwa den Schraubenschlüssel zum Öffnen von Lüftungsschächten oder die Kombination für ein Türschloss. Dadurch verstärkt sich die eigene Beziehung zum Schauplatz stetig, den man immer besser zu kennen meint, dessen Abkürzungen man mit der Zeit öffnet und seine Verstecke und Fluchtwege irgendwann auswendig weiß.

Der richtige Schritt

Amnesia: The Bunker inszeniert sich spielerisch als Backtracking vom Feinsten, weil es euch nicht lediglich einen Weg entlang von einem Erschreckmoment zum nächsten scheucht, sondern euch an einem feindseligen Schauplatz aussetzt, an dem man sich auf paradoxe Weise irgendwann heimisch und zugleich so fehl am Platz wie nur irgend möglich fühlt. Fast geht man selbst eine unheilige Beziehung mit diesem Ort ein, wähnt sich irgendwann selbst als das Ungeheuer, das eins mit der Dunkelheit wird und darin lauert.

Amnesia: The Bunker - Launch-Trailer zum Release

Anlässlich der Veröffentlichung der Horror-Fortsetzung Amnesia: The Bunker gibt es hier den Launch-Trailer für euch.

Gleichwohl muss man diese Art von Stealth-Gameplay im Stile von Alien: Isolation mögen, um sich vollends davon aufsaugen zu lassen. Fans der Vorgänger, die an jenen vor allem die subtil dosierte, vorwärtstreibende Spannungsdramaturgie schätzten, könnten womöglich mit dem neuen Schleichansatz fremdeln, erst recht wenn sie sich schnell frustrieren lassen, wenn man schon wieder mal mehrere Minuten Spielfortschritt verloren hat und plötzlich gestorben ist, wo man sich doch eigentlich in einem sicher geglaubten Versteck wähnte.

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Doch wie ebenfalls bei den guten Vertretern dieser Art Spiel ist selbst ein gescheiterter Versuch nie umsonst, weil er wichtige Einsichten liefert, zum Überdenken der Vorgehensweise anregt und die Ortskenntnis für spätere Unternehmungen schärft. Wer die spielerisch sperrigen Versteckspiele mit den Monstern schon in den Vorgängern als deren Schwachpunkte empfand, mag möglichgerweise anfangs enttäuscht sein, dass Frictional Games diese in The Bunker zum zentralen Spielelement erklären. Allerdings fallen sie spielerisch nun deutlich ausgereifter aus, weswegen sie sich als große Stärke des Spiels erweisen, sobald man sich mal ausreichend darauf eingelassen hat.

So gesehen stellt The Bunker den völlig richtigen Schritt für die Serie zum genau richtigen Zeitpunkt dar, wo ja schon der Vorgänger Amnesia: Rebirth erkennen ließ, dass das Spielprinzip der Reihe nur noch auf der Stelle tritt, wenn es keine neue Richtung einschlägt. Die sechs Stunden Spieldauer für bescheidene ca. 30 Euro stellen dafür zudem genau die richtige Länge dar, um das Geschehen sich auf maximal effektive Weise verdichten zu lassen, bevor es sich abnutzen kann.

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