Test - Attack on Titan 2 : Riesengegner – Riesenspaß?
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Zwei Jahre nach Attack on Titan: Wings of Freedom lässt Koei Tecmo die Titanen erneut auf die Menschheit los. Nachdem wir in A. O. T. 2 mehrere Riesen ihrer Gliedmaßen beraubt haben, sind wir uns nicht sicher, ob der Spaß genauso gigantisch ausfällt wie die Größe der Gegner.
Die Titanen sind wieder da und durchdringen die Mauern, die die letzten Überlebenden der Menschheit vor den Ungeheuern bewahren. Da sich die Manga- und Anime-Vorlage Attack on Titan inzwischen auch hierzulande großer Beliebtheit erfreut, brachte Koei Tecmo im Jahr 2016 das erste Spiel zum Exportschlager aus Japan bei uns heraus. Nun, zwei Jahre später, stürzen wir uns in A. O. T. 2 erneut auf die Titanen. Was hat sich in der Zeit getan?
Ich bin Spider-Man
Das Positive zuerst: Ihr könnt A. O. T. 2 auch ohne Vorkenntnisse aus Attack on Titan: Wings of Freedom spielen. Der zweite Teil baut auf dem Vorgänger auf, erzählt aber den ersten Teil zusätzlich extrem gerafft. Ihr schlüpft in die Rolle eines namenlosen Helden und somit nicht in die eines der Hauptcharaktere aus einer der Vorlagen. Ähnlich wie beim Anime-Protagonisten Eren Jäger wurden auch dem Helden des Spiels die Eltern durch die Titanen genommen. Seither sinnt er auf Rache und schließt sich der 104. Trainingseinheit zur Bekämpfung der übergroßen Feinde und zum Schutz der Überlebenden an.
In einem umfangreichen Charaktereditor, in dem ihr alles von Kopf bis Fuß euren Wünschen anpassen könnt, erstellt ihr euren Helden. Hier hat Koei Tecmo nicht an Einstellungsmöglichkeiten gespart. Egal, ob ihr euch selbst nachbilden oder einen durchgeknallten Charakter erstellen wollt, so ziemlich alles ist möglich. Im Anschluss daran befördert euch A. O. T. 2 in einen recht langatmigen Tutorial-Abschnitt. Zunächst lernt ihr die essenziellen Kniffe der Fortbewegung in der Luft. Die sogenannten 3-D-Manöver fühlen sich fantastisch an. Mit ein wenig Übung bleibt man recht bald ohne Bodenkontakt in der Luft und schwingt sich mit waghalsigen Manövern durch enge Häuserschluchten, bei denen selbst Spider-Man die Spucke wegbliebe.
Erst danach folgt der etwas quälende Abschnitt mit dem Freundschaftssystem und ähnlichen Mechaniken, die im Grunde aber nur am Rande für das eigentliche Gameplay notwendig sind. Was A. O. T. 2 in diesen ersten Stunden gut gelingt, ist, den Spieler umstandslos in die Welt von Attack on Titan einzuführen. Selbst wer sich mit der Vorlage nicht befasst hat, wird ohne überfordernde Details an die Ausgangssituation herangeführt. Danach allerdings verliert Koei Tecmo immer häufiger den Faden.
Zurück in die Zukunft
Schnell stellt sich leider heraus, dass die Entwickler kaum aus den Fehlern von Attack on Titan: Wings of Freedom gelernt haben. Die Handlung wird überwiegend in recht wirren Zwischensequenzen vorangetrieben, die oftmals wilde Zeitsprünge machen, ohne diese ausreichend zu erklären. Hintergrunddetails gibt es nur über Texteinträge während des Ladebildschirms. Um es kurz zu sagen: Es ist möglich, der Handlung zu folgen, doch A. O. T. 2 gibt sich wenig Mühe, sein Geschehen auch für Nichtkenner der Vorlage verständlich zu machen. Vieles wirkt stark verkürzt. Ständig stellt sich das Gefühl ein, etwas verpasst zu haben.
Die Handlung außer Acht gelassen, wurden die Schwächen des Vorgängers eins zu eins übernommen. Wie aus dem Anime bekannt, besteht die einzige tödliche Schwachstelle der Titanen darin, ihnen den Nacken aufzuschlitzen. Natürlich lassen sich unter gigantischen Blutfontänen auch wieder die Gliedmaßen abtrennen, damit die Monster nicht mehr nach euch greifen oder euch hinterherlaufen können. Tödlich sind diese Attacken aber nicht – notwendig in aller Regel ebenso wenig, denn die KI der Titanen lässt sehr zu wünschen übrig.
Die unberechenbare Bedrohung, die im Anime von den Titanen ausgeht, ist im Spiel kaum spürbar. Die bizarren Riesen sind strunzdumm und greifen euch nur alle Jubeljahre an. Man fühlt sich in den 3-D-Manövern wie eine Mücke, die nur die richtige Stelle sucht, um ihren Stachel in ihr schlafendes Opfer zu versenken. Das macht anfänglich aufgrund der brachial-blutigen Inszenierung mit Zeitlupeneffekten zwar noch richtig Spaß, doch irgendwann ist die Luft raus und man hat die zahnlosen Titanen sowie den generell eintönigen Spielablauf durchschaut.
Routine und Monotonie
Jede Mission folgt dem gleichen Ablauf: In waghalsigen, luftigen Manövern gilt es, einen gefährdeten Bereich aufzusuchen und dort mit den Giganten aufzuräumen. Zwischendurch wechselt ihr eure leeren Gaskanister und stumpfen Klingen (übrigens das Einzige, was ihr im höheren Schwierigkeitsgrad häufiger tun müsst, Gegner werden dort weder stärker noch cleverer), bevor ihr zum nächsten Zielort eilt, um eine Person von A nach B zu eskortieren. Zwischendurch entdeckt ihr auf der Karte ein Rauchsignal: eine kurze Nebenmission, um einen neuen Kameraden ins Team zu holen, indem ihr, natürlich, wieder einen Titanen erlegt. Viel mehr Abwechslung dürft ihr im Rahmen der Missionen nicht erwarten.
Das verwundert kaum, denn in ihrem Herzen sind beide Attack-on-Titan-Spiele im Grunde Warriors-Spiele mit weniger, dafür widerstandsfähigeren Gegnern. Hier und da zerhackstückt ihr Titanen, um den Tod eines Kameraden oder den Fall einer Basis aufzuhalten, zwischen den Missionen wertet ihr eure Waffen mit exakt demselben System auf, wie man es aus Warriors-Spielen kennt. Koei Tecmo bleibt auch mit A. O. T. 2 in seiner Wohlfühlzone. Das macht eine Zeit lang Spaß, doch auf lange Sicht kann nicht einmal die stilistisch hervorragend ausgearbeitete Nähe zur Vorlage über die fehlende Abwechslung und Einfachheit des Titels hinwegtäuschen.
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