Test - Warhammer 40.000: Space Marine 2 : Test: Brutal herrlicher Stumpfsinn
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Keine Prise Humor, harte Kerle in dicken Rüstungen, aufplatzende Körper und unentwegt durchs Bild fliegende Kugeln – mehr müsst ihr zu Warhammer 40.000: Space Marine 2 eigentlich nicht wissen, um euch im Klaren zu sein, ob das Spiel etwas für euch ist. Nach über einer Dekade setzt Saber Interactive genau da an, wo Relic Entertainment uns 2011 nach dem Ende des ersten Teils hängen ließ. Action-Fans jubilieren, zartbesaitete Häretiker hingegen schütteln aufgrund der drastischen Gewaltdarstellung und stumpfen Spielelemente wohl nur müde den Kopf.
Blut und Gedärme schmatzen unter seinen schweren Stiefeln, bei jedem Schritt intensiviert die Menge von vergossenem Blut und das metallische Aroma scheint direkt aus dem Fernseher zu dringen. Wo Captain Titus von den Space Marines auftaucht, ist die Kacke richtig am Dampfen. Bereits im ersten Warhammer 40.000: Space Marine aus dem Jahr 2011 verarbeitete er Abertausende Orks zu Hackfleisch. Mittlerweile sind 13 echte und über 100 Ingame-Jahre ins Land gezogen und der genetisch hochgezüchtete Mann ist kein Stückchen zimperlicher geworden.
Kills im Sekundentakt
Am grundlegenden Spielprinzp ändert sich bei Warhammer 40.000: Space Marine 2 so gut wie gar nichts. Noch immer meuchelt ihr euch in der brutal schweren und brutal blauen Rüstung von Titus durch Dutzende Gegner auf einmal und greift dabei auf ein abwechslungsreiches Arsenal bestehend aus diversen Schießprügeln, Granaten und Nahkampfwaffen zurück. Nur geht es diesmal eben keinen Orks an den grünen Kragen, stattdessen versucht ihr den schwarmgesteuerten Tyraniden Einhalt zu gebieten.
Die insektenähnlichen Biester fallen zu Tausenden auf von Menschen besiedelten Planeten ein und zerstören zahlreichen Forschungseinrichtungen und andere Gebäude. Ihr greift auf Maschinenpistolen, automatische Gewehre, Bolter-Pistolen, Flammenwerfer, Plasma-Waffen oder Scharfschützengewehre zurück, um die Massen aufzuhalten. Dabei werft ihr mit begrenzt verfügbaren Spreng- und Schock-Granaten um euch und schwingt euer mächtiges Messer oder das ikonische Kettensägen-Schwert. Oftmals zielt ihr nicht auf einen einzelnen Gegner, stattdessen ballert ihr in eine sich gemeinsam bewegende Masse, irgendwas trefft ihr eigentlich immer. Wie in Bloodborne gewinnt ihr durch erfolgreiche Nahkampftreffer sogar etwas eurer kürzlich verlorenen Gesundheit zurück.
Bloßes Ballern führt aber nicht zwangsläufig zum Ziel. Immer wieder springen euch kleine Tyraniden aus der Masse heraus an, deutlich angekündigt von einem Hinweis. Reagiert ihr rechtzeitig und kontert die Attacke, belohnt euch Space Marine 2 nicht nur mit einem herrlich befriedigenden Abwehrmanöver, ihr bekommt auch etwas Rüstung wieder. Betäubten Gegnern hingegen drückt ihr einen schnellen Pistolenschuss in den Kopf oder zerlegt sich direkt mit einem Finisher.
Die präsentieren sich in ihrer Gewaltdarstellung so herrlich überzogen, dass Doom glatt neidisch werden könnte. Einem Tyraniden die eigene Klaue abreißen und ihn damit aufspießen mag nicht effektiv sein, aber unheimlich spaßig. Auch die Rüstungs-Wiedergewinnung erinnert an Bethesdas Shooter. Außerdem verfügt Titus über eine sich aufladende Spezialfähigkeiten, mit der er in eine Art Berserker-Modus schaltet, mehr Nahkampf-Schaden verursacht und durch erfolgreiche Hiebe Lebensenergie regeneriert.
In Sachen Missionsvielfalt präsentiert sich Space Marine 2 ähnlich abwechslungsreich wie die riesigen Tyraniden-Schwärme – nicht sonderlich. In der Regel rennt ihr herum und ballert alles über den Haufen, was euch vor die Flinte kommt. Gelegentlich müsst ihr mal längere Zeit in einem Bereich aushalten und Feinde abwehren oder winzige am Boden kriechende Biester mit dem Flammenwerfer vertreiben, was entfernt an A Plague Tale erinnert. Ansonsten gleitet ihr mal wenige Sekunden durchs Weltall und damit wären alle Abwechslungen aufgelistet.
Sehr selten fährt Warhammer 40.000: Space Marine 2 noch Bosskämpfe auf, die laufen aber auch nach dem Motto „Draufhalten, bis es aufhört zu bluten“ ab. Wirklich Movesets lernen oder Taktiken anwenden müsst ihr quasi nie. Das sehe ich aber gar nicht als großes Problem, denn das Spiel lebt von eben diesem sehr reduzierten, fast schon primitiven Ansatz. Allerdings schmerzte mein Herz schon ein wenig, als ein Prometheus-Panzer vorbeirollte und ich ihn nicht steuern durfte. Bloß mal das Geschütz zu bedienen, hätte schon eine enorme Aufwertung in der spielerischen Abwechslung bedeutet.
Keine Ahnung, wer du bist
Die Prolog-Mission wirft euch auf dem Dschungelplaneten Kadaku ab, auf dem ihr eine Virusbombe zünden sollt. Als Teil der Deathwatch, einer einst abtrünnigen Space-Marine-Truppe, lautet eure Mission dabei, den dortigen Tyraniden-Vorstoß zu stoppen. Nach einem erfolgreichen Einsatz werdet ihr mit einer Beförderung zum Primaris belohnt und gehört der Elite-Truppe der Ultra-Marines an, was natürlich noch mehr Kampfeinsätze im Namen des Imperators bedeutet.
Während die Story für Warhammer-Cracks haufenweise Referenzen und kleine Details bildet, schauen Einsteiger und Einsteigerinnen ohne tiefgehendes Vorwissen oftmals in die Röhre. Viele Begriffe nutzt das Spiel so selbstverständlich, dass man oftmals nur verwirrt die Stirn runzelt. Glücklicherweise präsentiert sich die Action so kurzweilig, dass ihr auch mit einer sehr simplifizierten Version der Geschichte genügend unterhalten werdet: Ihr seid Ultra Marine Titus. Tyraniden böse. Titus töten Tyraniden.
Im Verlauf der Kampagne fährt Space Marine 2 zumindest kleinere Twists auf, die auch ohne Kenntnisse des Materials halbwegs zünden. Die Gegner-Typen fallen außerdem abwechslungsreich genug aus, um durchgehend zu unterhalten, sogar eine weitere Fraktion führt der Titel nach ein paar Stunden ein. Welche das ist, das lasse ich aus Spoilergründen außen vor.
Einsatz in zweiter Reihe
Nach etwa zehn bis maximal zwölf Stunden flimmert auch schon der Abspann über den Bildschirm, was für diese Art Spiel aber mehr als ausreicht. Fühlt ihr euch aber trotzdem so, als hättet ihr dem Imperator nicht genügend gedient, bietet Space Marine 2 noch einen weiteren Modus für die PvE-Schlächter unter euch. Bei den Einsätzen handelt es sich um Missionen aus der Sicht anderer Dreier-Trupps, die ihr wie die Kampagne auch wahlweise im Koop angehen dürft. Standardmäßig begleiten euch zwei KI-Mitstreiter, die ihren Job weitestgehend gut erledigen. Sie ballern eifrig mit, nutzen ihre Skills und helfen euch auf, falls ihr in die Knie geht.
Im Gegensatz zur Story gibt euch das Spiel bei den Einsätzen aber keinen fixen Charakter vor, stattdessen wählt ihr aus sechs Klassen euren Liebling. Diese unterscheiden sich in den vorab wählbaren Waffen, aber auch die besonderen Fähigkeiten stellen ein Auswahlkriterium dar. Der Verteidiger macht seinem Namen durch seinen riesigen Schild alle Ehre und stellt ein Banner auf, das Rüstung regeneriert. Der Taktiker hingegen scannt nach Feinden und der Scharfschütze macht sich kurzzeitig unsichtbar.
Die aktuell verfügbaren sechs Einsätze laufen im Kern wie Story-Missionen ab, sprich: rein in die Gegnermassen und alles abmurksen, was bei Drei nicht im Warp verschwindet. Interessant ist aber, dass Saber Interactive den Bossen hierbei bisweilen mehr Mechaniken spendiert. Beispielsweise müsst ihr einen riesigen Drachen zunächst verwundbar machen, indem ihr Symbole sucht und ihnen entsprechend Altäre aktiviert.
Als Belohnung für erfolgreiche Einsätze winken Level-ups für die Klassen und Waffen sowie Ingame-Währungen. Außerdem verdient ihr frische Rüstungsteile und Färbungen für eure Space Marines, was Fans der Tabletop-Vorlage fraglos das Herz aufgehen lässt. Echtgeld-Investitionen sucht ihr glücklicherweise vergebens, bessere Ausrüstung lässt sich also durchgehend erspielen.
Reicht euch der zusätzliche PvE-Modus nicht, bietet Space Marine 2 sogar noch eine PvP-Option. In knackigen Sechs-gegen-Sechs-Matches tretet ihr in drei Standard-Spielmodi wie Herrschaft und Team-Deathmatch mit den sechs gleichen Klassen wie in den Einsätzen an. Sogar die Waffen- und Skill-Upgrades finden sich in ähnlicher Weise. Allerdings übertragen sie sich nicht aus den Einsätzen, was natürlich sinnvoll ist. Kosmetische Freischaltungen funktionieren aber in beiden Varianten.
Beim Imperator, welch pompöser Anblick!
Bei der Präsentation gibt sich Saber Interactive keine Blöße, blenden wir die etwas seltsam anmutenden Gesichter der Figuren aus. Die Marine-Rüstungen strotzen vor kleinen Details und Kratzern, selbiges gilt für die Umgebungen. Jede noch so kleine Festung zeigt sich bis ins Kleinste ausgearbeitet, überall finden sich Verweise auf den religiösen Fanatismus der Space Marines und stimmige Licht-und-Schatten-Spiele steigern die Atmosphäre ins fast schon unermessliche.
Auch die Außengebiete punkten mit beeindruckenden Panoramen, die euch direkt in die Welt saugen. Perfekt gesetzte Rauchschwaden, Explosionen und Tyraniden-Schwärme vermitteln die bedrohliche und brutale Stimmung der Tabletop-Vorlage perfekt in Videospielform, und Titus stampft wuchtig und spürbar schwerfällig durch die Levels, ohne sich dabei lahm anzufühlen. Doch alle dieser Bombast kommt mit einem Preis.
Auf der Playstation 5 läuft Warhammer 40.000: Space Marine 2 nämlich nicht mal ansatzweise flüssig. Der Qualitäts-Modus hält die 30 Bilder pro Sekunde weitestgehend sauber, stellt ihr auf „Performance“ um, sieht die Sache deutlich anders aus. Besonders bei großen Gegnerhorden säuft die Framerate regelrecht ab, von 60 FPS bleibt dann nicht mehr viel übrig. Besonders auf höheren Schwierigkeitsgraden kann das zu Frust führen, wenn Schüsse daneben gehen oder ihr das Parieren vergeigt. Hier muss das Studio definitiv nachbessern.
Immerhin wirkt sich die miese Performance nicht auf den grandiosen Klangteppich aus. Schreiende Tyraniden, wuchtige Explosionen und platzende Gedärme dröhnen so wuchtig aus den Boxen, dass manch eine Hollywood-Produktion direkt neidisch werden könnte. Lediglich die deutschen Sprecher fallen für meinen Geschmack etwas zu sanft aus. Hochgezüchtete, genetisch optimierte und mit Testosteron überladene Supersoldaten sollten über eine fast schon unmenschlich tiefe Stimme verfügen und das trifft immerhin auf die englischen Sprecher auch zu. Das stellt aber natürlich einen sehr subjektiven Nitpick dar.
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