Test - Venetica : Scarletts Venedig auf der Xbox 360
- X360
Oh, Baby! Ich muss mit dir spielen! Das war mein erster Gedanke, als ich ein Bild von Scarlett auf einer Internet-Seite gesehen hatte. Vier Monate nach dem PC-Start des Fantasy-Märchens und unzähligen vernichtenden Kritiken war es dann auch endlich so weit. Schafft es die fesche Brünette doch noch, einen bleibenden Eindruck in der Spielewelt zu hinterlassen?
Gleich in der Anfangssequenz entscheidet sich Scarletts Schicksal: Ihr Dorf wird von Assassinen überfallen, ihr Geliebter ermordet und das Mädel erfährt, dass sie die Tochter des Todes ist. Kein schlechter Anfang, allerdings läßt sich schon in diesen ersten Minuten erkennen, dass hier kein Million-Seller im Xbox 360-Laufwerk rotiert. Denn in der märchenhaften Landschaft wirkt alles viel zu verwaschen, selbst den Hauptcharakteren merkt man ein fehlendes Feintuning an - und das wohlgemerkt in der Start-Filmsequenz. Andererseits muss ja nicht alles aussehen wie in Assassin's Creed II. Also geben wir der Kleinen doch noch eine Chance.
Zickig, nervig und lahmarschig
In dem Dörfchen sehen wir uns auch gleich um. Was unangenehm auffällt und unsere spielerische Nerven auf die erste Probe stellt, ist die Tatsache, dass die Kameraperspektive sich viel zu hektisch verändert und man ständig manuell mit dem Stick nachjustieren muss. Und unser Herzchen ist auch leider nicht so sportlich, wie ihre makellose Figur vermuten ließe, denn immer wieder zickt sie etwa vor einer kleinen Kante oder einem Sprüngchen. Man ist sogar hin und wieder versucht, Scarlett einen Schubs zu geben oder ihr eine auf den Hintern zu knallen. Ebenso störrisch reagiert die Gute oft genug an anderen Stellen im Spiel. Als wären dort unsichtbaren Wände eingebaut, bleibt sie einfach stehen. Das kann einem ordentlich den Spaß an der gemeinsamen Bewegung nehmen.
Und auch die Präsentation hat so ihre Macken. So ist etwa im Dorf ein seltsames blau-weißes Geschwulst, das neben einem Haus den Berg hinunter wächst, nicht zu übersehen. Weil sich das Ding aber weder bewegt noch Geräusche von sich gibt, läßt sich erst nach langem Rätselraten darin die Metapher eines stürzenden Gebirgsbaches erkennen. Bei einem Gesellen läßt sich auch gleich um die Ecke das Kampfsystem testen, das sich als ziemlich hinterwäldlerisch entpuppt. Es verlangt Timing, Timing und nochmals Timing. Und weil das nicht gleich so von der Hand geht, nervt das Training auch gehörig. Nebenbei gibt's aber noch eine Spezialität, welche das Blocken betrifft: Das muss nämlich als Fähigkeiten im Inventar umständlich auf die Steuerkreuztasten- und die B-Taste gelegt werden. Aber das wäre noch nicht so spannend, wenn es nicht für jede Waffenart eine eigene Blockfähigkeit geben würde. So bleibt einem das Prozedere bei jedem Waffenwechsel nicht erspart.
Tod in Venedig
Bei aller Liebe zur Titelheldin: Dieser sperrige Einstieg macht einem den Umgang mit der Dame nicht gerade einfacher. Dabei ist die Option, an bestimmten Stellen in die Unterwelt einzutauchen und die Magie des Todes zu nutzen, keine schlechte. Und hat man endlich einmal das öde Dörfchen hinter sich gelassen, eröffnet sich einem Venedig, das plötzlich ganz andere und viel mehr Möglichkeiten bietet. Zwar ist die Stadt nicht so perfekt in Pixel gemeißelt wie in Assassin's Creed II, aber auch mit Scarlett läßt sich die Stadt wunderbar erkunden. Und zu tun gibt's dort genug. Fast an jeder Ecke stehen Auftraggeber. Nur leider sind Scarletts Gelegenheitsjobs oftmals recht unspektakulär und langweilig gestaltet. Und nach jedem ermattenden Einsatz fällt es einem immer schwerer, daran zu glauben, dass der nächste Auftrag eine spannende Abwechslung bieten wird.
Apropos Abwechslung: Daran denkt man erstmals, wenn Scarlett vor der Lösung eines Puzzles steht. Allerdings geht's hier auch nur um die Aktivierung von Schaltern in einer gewissen Reihenfolge. Und auch beim Schlösserknacken ist bald die Luft raus. Und was haben sich eigentlich die Entwickler dabei gedacht, als sie zu allem Überdruß zwei Geister reinprogrammierten, die uns beim Aufbrechen der Schlösser auch noch die Reihenfolge der zu bedienenden Teile vorgeben? Da fühlen sich wohl nicht nur Rätselkaiser etwas unterfordert.
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