Test - The Last Remnant : Wunder geschehen!
- PC
Die Xbox-360-Version von The Last Remnant war technisch gesehen eine Enttäuschung. Nun steht die PC-Umsetzung frisch im Regal und der versierte Zocker befürchtet sogleich, dass solche Konvertierungen meist lieblos programmiert sind. Schafft Square-Enix die Wende und räumt dieses Vorurteil endgültig aus?
Typisch japanische Rollenspielkost?
Man nehme: Ein paar Artefakte, welche die Machtgier vereinzelter Herrscher wecken, und ein Familiendrama, wonach die Schwester des Protagonisten entführt wurde. Das zusammengemischt ergibt eine typische Handlung eines typisch japanischen Rollenspiels aus dem Hause Square-Enix. Auch ansonsten bedient sich The Last Remnant bei einigen Standardelementen des Genres: Ihr besucht viele Städte, durchquert mehrere Höhlen, kämpft euch durch große Gebäude und erlebt dabei eine interessante wie harmlose Geschichte.
Der größte Unterschied zum 08/15-Final-Fantasy steckt im Kampfsystem: Anstatt mit einzelnen Charakteren tretet ihr in Verbänden an. Diese maximal fünf Mann starken Truppen befehligt ihr wie einzelne Einheiten, deren Lebenspunkte zusammengepackt wurden. Von ein paar Ausnahmen abgesehen bleibt ein Verband vollständig intakt, bis die gemeinsame Lebensenergie den Nullpunkt erreicht hat.
Natürlich kämpft der Gegner ebenso in Verbänden. Kommt es zu einem Schlagabtausch zwischen einem der euren und einem der seinen, dann blockiert ihr euch gegenseitig. Attackiert anschließend ein weiterer Verband einen solch blockierten, so erleidet dieser mehr Schaden. Dies sind nur die Grundbegriffe eines relativ komplizierten Systems, für das ihr etwas Eingewöhnungszeit benötigt, bis ihr es vollständig verstanden habt.
Nicht transparent genug
Leicht übertrieben hat es Square-Enix bei den möglichen Befehlsarten, die je nach Spielsituation und dem derzeitigen Moralstand eurer Truppe anders lauten. Ihr als Spieler habt keinen Einfluss darauf, welche Arten euch im nächsten Zug zur Verfügung stehen. Dies frustriert erstens wegen der doch recht deutlichen Unterschiede, zum Beispiel ob ihr per Magie angreifen, eure Heilkünste einsetzen oder buchstäblich alles geben wollt, und zweitens aufgrund der Undurchsichtigkeit, warum beziehungsweise wann welche Befehle erlaubt sind. Andere Elemente, wie beispielsweise die unterschiedlichen Spezialattribute der Charaktere, werden ähnlich unzureichend erklärt.
Habt ihr das System irgendwann halbwegs im Griff, dann machen die Schlachten richtig Spaß. Die Idee der Verbände vermittelt ein deutlich epischeres Kampfgefühl als bei den üblichen Drei-Mann-gegen-fünf-Monster-Fights der Konkurrenz. Der Umfang profitiert durch eine große Spielwelt und zahlreiche Nebenquests. Die Qualität des Spieldesigns ist ebenso im grünen Bereich und fällt nur in der zweiten Spielhälfte leicht ab, genau wie die dort dezent überhastete Erzählstruktur.
Ein Wunder: Die PC-Version ist besser
So weit kennen wir die Stärken und Probleme bereits aus dem Xbox-360-Original, jetzt folgt der unvermeidliche Vergleich mit der PC-Umsetzung. Spielerisch fällt nur ein Unterschied richtig auf: Auf Konsole wird zwischen Haupthelden und Standardsoldaten unterschieden, nicht jedoch am Computer. Demnach fiel die Einschränkung über Bord, wie viele dieser Helden ihr gleichzeitig in eure Verbände stecken dürft.
Diese Vereinfachung des Spielkonzepts erscheint wie ein mickriger Bonus gegenüber den technischen Verbesserungen. Allen voran helfen bedeutend schnellere Ladezeiten und eine ruckelfrei realisierte Grafik dem Spielspaß enorm. Letzteres bedeutet: Unter der höchsten Detailstufe verlangt das Spiel zwar einiges an Rechenpower, jedoch mussten wir bei unserem anderthalb Jahre alten Testrechner nur etwas an der Qualität der Schattenberechnung drehen und schon hatten wir ein flottes The Last Remnant zur Hand. Einzig das für die Unreal-Engine 3 typische Aufploppen von Texturen nach jedem Raum- oder Szenariowechsel ärgert nach wie vor.
Die schöne Spielwelt und die gut ausgearbeiteten Charaktere kommen demnach nun besser zur Geltung. Dies ist umso erfreulicher, da beides an eine Next-Generation-Version von Final Fantasy 12 erinnert. Noch besser und im Vergleich zur Xbox-360-Version praktisch unverändert ist der Sound: Die Musik wird Square-Enix gerecht, auch wenn es nicht für einen Platz unter den stärksten Highlights der Videospielgeschichte reicht. Primär während der Kämpfe kommt ein fescher Rockeinschlag zum Einsatz, der erstaunlich gut zur sonstigen typischen Fantasy-Soundkulisse passt.
Abschließend noch eine Kleinigkeit, die konservative Computerspieler stören könnte: Die Steuerung ist sichtlich für Controller designt. Die Benutzerführung ist zwar gut sortiert, jedoch müssen sich all jene umorientieren, die PC-Rollenspiele mit Maus und Tastatur gewöhnt sind. >>
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