Preview - The Last Guardian : Wunder geschehen
- PS4
Als Shawn Layden von Sony America am Montag gleich zu Beginn der Pressekonferenz rhetorisch auf die (erneute) Ankündigung von The Last Guardian hinsteuerte, trauten die meisten Anwesenden im Saal und die Zuschauer der Streams ihren Ohren nicht. Der spirituelle Nachfolger von ICO und Shadow of the Colossus war zu diesem Zeitpunkt zu einer Art Fata Morgana verkommen. Ein Spiel, das immer irgendwo am Horizont aufzutauchen schien, aber stets ungreifbar blieb. Nun wurde uns das Spiel von Fumito Ueda höchstpersönlich vorgespielt. Wir waren Wachs in seinen Händen.
„Es kommt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft“, sangen einst die Toten Hosen. Ob Campino dabei auch an Videospiele gedacht hat, ist nicht überliefert, doch der Fall von The Last Guardian macht deutlich, dass es auch im wenig verzeihenden Videospiel-Business Platz für gute Geschichten mit Happy-End-Potenzial gibt.
Laut Ueda-san sind die Gründe für die massive Trödelei bei der Entwicklung des Spiels, das erstmals 2007 angekündigt wurde, freilich viel profaner. Dazu gehöre der Wechsel von der PS3 auf die PS4, um die emotionale Komponente des Spiels besser darstellen zu können. Klingt wie ein Satz, den Entwickler eben so sagen. Doch wer The Last Guardian in Aktion sieht, möchte Ueda das einfach glauben.
Gemeinsam geht’s besser
Der Spielabschnitt, den wir bei der E3-Präsentation gezeigt bekamen, deckte sich zwar zu 80 Prozent mit dem, was bereits am Montag auf der Sony-Pressekonferenz zu sehen war, doch dank der erläuternden Kommentare von Fumito Ueda haben wir nun einen etwas besseren Eindruck davon, was für eine Art Spiel The Last Guardian werden wird. Die Sequenz stammt aus der Mitte des Spiels, zu einem Zeitpunkt, als sich die beiden Hauptprotagonisten schon nähergekommen sind. Wie genau der namenlose Junge und das Hund-Katzen-Vogel-Mischwesen namens Trico zusammenfinden und welches Schicksal sie vereint, bleibt also weiterhin offen.
Mehr zur Geschichte werde man zu einem späteren Zeitpunkt preisgeben, so Ueda. Die Beziehung zwischen dem Knaben und der Chimäre Trico sei aber Dreh- und Angelpunkt des Spiels. Ein Element, das man aus ICO übernommen habe. Die autark agierende KI von Trico lernt im Laufe des Abenteuers dazu. Körpersprache spielt dabei eine wichtige Rolle. Das Dressieren des Federviehs ist dabei äußert liebevoll inszeniert. Nicht zuletzt durch die verwendete Fantasiesprache wirkt das Geschehen gleichzeitig fremd und doch vertraut.
Große Momente
Zu Beginn der Demo muss der Junge dem verletzten Trico Pfähle aus dem Fell ziehen. Das Herumkrabbeln auf dem riesigen Tier lässt nicht nur Erinnerungen an Shadow of the Colossus wach werden, sondern wirkt auch wunderbar flauschig. Das Klettern ist ein wichtiges Spielelement, da ihr so den Größenvorteil von Trico ausnutzen und Orte erreichen könnt, die euch andernfalls verwehrt geblieben wären. Der Junge kann hingegen Schalter betätigen oder andere komplexe Tätigkeiten ausführen. So ergänzen sich Mensch und Tier. Generell sei das Vermitteln von Größe und Größenunterschieden ein verbindendes Element all seiner Werke, lässt Ueda uns wissen.
Und tatsächlich muss man keine Höhenangst haben, um bei den dramatischen Momenten zwischen uralten Ruinen mitzufiebern. Vielleicht ist euch bei den neuen Spielszenen die Stelle aufgefallen, an der Tricos Augen rot zu leuchten beginnen und sie erst wieder normal werden, nachdem der Junge eine Art überdimensionalen Traumfänger in den Abgrund bugsiert hat. Leider wollte sich Ueda auch dazu nicht äußern. Man kann aber darauf schließen, dass es etwas mit dem rätselhaften Ursprung des Wesens zu tun hat.
The Last Guardian mag vielleicht kein Vorzeigetitel für die technischen Möglichkeiten der PlayStation 4 sein, hat aber ein tolles Design, das es so nur in Uedas anderen Schöpfungen zu sehen gibt. Die Lichtgebung wirkt immer einen Tick zu überstrahlt; Stille wird zum Stilmittel. Ein Gegenentwurf zu der Art von Spiel, die die E3 in der Regel dominiert. Vielleicht ist es gerade deshalb so unwiderstehlich.
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