Test - Star Wars: Bounty Hunter : Test: 22 Jahre später ist Jango endlich unchained
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Kopfgeldjäger Jango Fett bittet zum Baller-Bankett. Cool, nur sind die ersten Stunden mit Star Wars: Bounty Hunter furchtbar. Sämtliche Befürchtungen, die man sich beim Gedanken an ein 22 Jahre altes 3D-Actionspiel ausmalen kann, werden greifbare Wirklichkeit. Schlampiges Leveldesign, überempfindliche Steuerung, hirnloses Geballer, furchtbare Grafik.
Doch man gewöhnt sich daran und stellt mit Erstaunen fest, dass Entwickler Aspyr dennoch ein kleines Wunder vollbringt. Aus dem potthässlichen Entlein von einst wird in diesem Remaster zwar kein schöner Schwan, sondern lediglich eine flügellahme Taube mit ausgestochenem Auge, aber das ist eine Steigerung, die man wertschätzen darf.
Man muss schon Cojones haben, wenn man sich traut, ein allgemein als mittelmäßig empfundenes Spiel neu aufzulegen. Star Wars: Bounty Hunter war bei seinem Erscheinen 2002 auf PS2 und Gamecube zwar kein Totalreinfall, ging aber auch nie als gehobene Kost durch. Eine Durchschnittswertung von 65 aus 100 Punken auf Metacritic sagt wohl alles.
Kein Wunder. Ein grobes Ballerfest wie dieses, mit Levelschläuchen, beinahe nicht vorhandener Gegner-KI und einseitigem Spielablauf, könnte jede drittklassige Softwareklitsche aus dem Hut zaubern. Jango Fett hin oder her, man musste schon ein großer Fan der Sternensaga sein, um alle Fehler wohlwollend zu übersehen.
Vor den dunklen Tagen, vor dem Disney-Imperium
Erst recht bei einem Spiel aus dem Design-Sumpf der frühen 2000er – einer Zeit, in der 3D-Grafik gerade erst den Kinderschuhen entschlüpfte, weil die Anzahl darstellbarer Polygone pro Frame Sechsstelligkeit erreichte. Vor allem auf den Konsolen PS2 und Gamecube, auf denen das Original damals erschien.
Design-Sumpf, weil man sich als Grafiker aufgrund der neuen Möglichkeiten allzu schnell verrannte. Spiele wie Unreal Tournament und Quake 3 durchbrachen Ende 1999 die Optik-Schallmauer, indem sie erstmals komplexe Geometrie so geschickt mit exzellenter Texturarbeit paarten, dass das Endergebnis in seiner Summe besser aussah, als es die Technik theoretisch zuließ. Von da an versuchte fast jedes Studio diesen Erfolg zu übertrumpfen. Viele scheiterten in ästhetischer Hinsicht und waren gezwungen, faule Kompromisse einzugehen. So auch einige Entwickler bei LucasArts, deren Ambitionen oft höher lagen als das Know-how.
Star Wars: Bounty Hunter war ein Paradebeispiel dafür. Ambitioniert, doch oft sichtbar unter Par. Grobe Umgebungen, Nebelwände, Kameraprobleme, überempfindliche Steuerung. Gab es denn eine 3D-Kinderkrankheit, an der Bounty Hunter nicht litt?
Kinderkrankheiten, von denen ein paar im vorliegenden Remaster behoben wurden. Allem voran die Steuerung, die nun modernen Standards entspricht. Nutzt ihr also einen Game-Controller, dann ballert ihr nun mit den Schultertasten, statt auf einen der Facebuttons einzuhämmern. So habt ihr nun den Daumen frei, um die Spielansicht selbst zu bedienen, schneller auszuweichen und mehr.
Und doch wurden nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Jangos Bewegungen reagieren noch immer sehr empfindlich auf Analogstickeingaben, sein zuschaltbarer Autofokus klebt noch immer viel zu steif auf einem Gegner und das Umschalten zwischen Waffen ist weiterhin umständlich.
Zumindest verhält sich die Kamera nicht mehr wie ein Eichhörnchen, das von einem Wespenschwarm verfolgt wird. Dafür großes Lob, denn das allein erhebt diese neue Version, die für alle Konsolen und den PC zu haben ist, zur besten Version, die es jemals gab. Nur: Reicht das für einen zweiten Blick?
Jangos Geschichte
Knallharte Fans der Sternensaga ließen sich 2002 überwiegend der Story wegen verführen. Das Spiel erzählt von der Zeit zwischen Star Wars: Episode 1 und 2, wie Jango Fett zu seinem Schiff kam (als es noch offiziell Slave 1 hieß), wie er von Count Dooku als Klon-Blaupause angeheuert wurde und viel mehr. Interessanter Stoff, der damals unterhaltsam in (teils vorgerenderte) Zwischensequenzen gepackt wurde und gut genug geschrieben war, um über viele optische wie spielerische Macken hinwegzutrösten.
Solltet ihr damit zurechtkommen, dass Jangos Geschichte nicht mehr als kanonisch gilt, dann könnte sie euch auch heute noch über viele Unzulänglichkeiten hinwegsehen lassen. Macht euch aber nichts vor. Selbst ausschweifende Nostalgie wird euch nicht vor Enttäuschungen bewahren, denn auch wenn Aspyr die Steuerung modernisierte und zugleich verspricht, einige kritische Elemente generalüberholt zu haben, bleibt es im Kern doch beim selben Spiel mit denselben grundsätzlichen Macken.
Statt vieler dunkler Flecken seh’ ich nun helle Flecken
Ansehnlichkeit liegt im Auge des Betrachters. Werden plumpe Levelschläuche attraktiver, wenn Laserstrahlen sie mithilfe von Echtzeitbeleuchtung erhellen? Sehen grobe Texturen schöner aus, nur weil sie dank modernerer Filter einen Hauch schärfer und kontrastreicher rüberkommen? Wirkt Distanznebel weniger einengend, weil man in der PC-Version auf eine Ultrawide-Darstellung umschalten kann? Ist grobe Geometrie bei 4K-Auflösung schöner? Genügt eine neue Taschenlampe, um dunkle Ecken und unübersichtliche Levelstrukturen klarer zu machen?
Solltet ihr all das mit einem Nein beantworten, dann wird euch Bounty Hunter auch in diesem Anlauf wenig optische Freude bereiten. Zumal auch einige spielerische Macken damit verbunden sind, denn obwohl viele Spielabschnitte reine Levelschläuche sind, verliert ihr mangels einer klaren Bildsprache schnell die Orientierung, sobald Jango im dritten Level seinen Jetpack erhält. Wo geht es entlang? Wo ist der Ausgang? Wen solltet ihr nochmal verfolgen? Fragen, die ihr euch schnell stellt, wenn langweiliges Backtracking an immergleichen Wandtexturen scheitert.
Ihr werdet euch über die empfindliche Steuerung ärgern, sobald ihr nach einem Jetpack-Boost auf dünnen Rohren und schmalen Stegen landen sollt. Und noch mehr, wenn ihr Kopfgeld-Ziele unbeabsichtigt über den Haufen schießt, weil das hitzige Geballer gegen eine nachwachsende Schar an Bösewichten unübersichtlich wird.
Wobei das Nachwachsen (beim erneuten Betreten eines Abschnitts) noch das geringste Übel darstellt. Es wirkt für heutige Verhältnisse lächerlich, wenn 20 exakt gleich aussehende Gamorreans (ihr wisst schon, die Schweine-Wachen aus Jabbas Palast) gleichzeitig auf euch zustürmen, als hättet ihr einen Beutel Hackfleisch in der Jackentasche. Stellt euch das jetzt mal gefühlt alle dreißig Meter vor, so wie es in den letzten zehn Leveln des Spiels zum Standard wird. Urgh! Sowas ist nicht nur optisch ermüdend, sondern auch spielerisch.
Tot oder lebendig, du kommst mit mir
Kopfgelder sind glücklicherweise nur optionale Aufgaben. In jedem der insgesamt 18 Level des Spiels wandert eine Anzahl von Gesuchten herum, die ihr aufspüren könnt, indem ihr sie per Scan identifiziert und dann markiert. Im Gegensatz zum Originalspiel müsst ihr das nicht mehr in Echtzeit vollziehen. Stattdessen wird beim Scan auf Zeitlupe geschaltet, was euch einig unnötige Bildschirmtode erspart, von denen ihr euch nur fünf pro Level leisten könnt.
Zudem verlangt das Remaster nicht mehr das Finden aller Gesuchter, um die ominöse Boba-Fett-Rüstung als Bonusobjekt freizuschalten (die damals durch einen Programmfehler sowieso nicht freispielbar war). Es genügt nun, das Spiel einfach durchzuspielen.
Und doch gehört die Verbrecherhatz zu den wenigen Aspekten des Spiels, die man willkommen heißt, weil sie vom sehr einseitigen Baller-Alltag ablenkt. Mindestens dreiviertel der Spielzeit verbringt ihr nämlich mit stumpfem Geballer per Standard-Blaster. Flammenwerfer? Gift-Darts? Kann man in gewissen Momenten schon gebrauchen. Beispielsweise wenn man von einer Meute umzingelt wird. In der Regel ist es aber viel zu umständlich und zeitraubend, auf eine andere Waffe umzuschalten, also lässt man es normalerweise bleiben.
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