Special - Spiele zu Filmen : Ein Qualitätsproblem?
Lizenzspiele sind immer häufiger Teil einer groß angelegten Filmwerbekampagne – nicht immer zur Freude von Spielern und Entwicklern. Während Letztere unter enormem Zeitdruck einen Titel das Korsett der Vorlage zwängen, bekommen Zocker oftmals einen halbgaren Software-Mockbuster vorgesetzt. Warum gibt es also so viele Lizenzgurken, sind wirklich alle Lizenzspiele so schlecht und was macht eine gute Spielumsetzung aus? Wir erläutern einige mögliche Gründe.
Warum liefern Entwickler häufig lizenzierten Schrott ab, der nicht ohne Grund schnell in den tief liegenden Grabkammern der Software-Pyramiden zur Ruhe gebettet wird? Dafür muss man die Entstehungsbedingungen von Titeln wie beispielsweise Terminator 2: Judgment Day (SNES, Mega Drive) verstehen. Da ein Lizenzspiel pünktlich zum Kinostart in den Regalen stehen und der Käufer mit frischer Euphorie im Elektrofachmarkt zugreifen soll, stehen die Entwickler unter enormem Zeitdruck. Zu allem Überfluss sehen sich die Studios noch einer ganz anderen Problematik gegenüber.
Wie nämlich strecke ich etwa zwei Stunden Filmhandlung auf ein Spiel mit wenigstens zehn Stunden Spielzeit? Das ist vor allem eine Herausforderung, wenn die Vorlage nicht Teil eines ausgearbeiteten Universums oder keine inhaltlich gekürzte Buchverfilmung ist. Das Aufblähen der vorhandenen Inhalte erfolgt dann nicht selten anhand dämlicher Nebenquests oder selbst erdachter Handlungsstränge. Hierin steckt die Schwierigkeit, an die Qualität der Vorlage anzuknüpfen. Die Entwickler müssen folglich eine Gratwanderung zwischen dem Korsett des Films und dem Zwang zur Kreativität machen, um die bereits bestehende Geschichte zu erweitern.
Die Lizenz ist nicht der Teufel
Welch entscheidende Rolle der Faktor Zeit für die Qualität eines Lizenztitels spielt, zeigen Beispiele wie Der Herr der Ringe: Schlacht um Mittelerde 1 und 2 von Electronic Arts. Die Echtzeitstrategiespiele kamen erst einige Jahre nach den Filmen auf den Markt und heimsten damals gute Wertungen ein. Darunter auch besondere Auszeichnungen wie den E3 2004 Game Critics Award für das beste Strategiespiel.
Grafik ist wie so oft auch bei diesem Thema nicht das Maß aller Dinge. Schließlich schafft es ein Indiana Jones und der letzte Kreuzzug, ein Point-&-Click-Adventure von 1989, mehr Filmatmosphäre einzufangen, als es alle modernen Transformers-Spiele zusammen könnten. Auch die Umsetzungen von "Blade Runner" und John Carpenters "Das Ding aus einer anderen Welt " zählen zu den Paradebeispielen eines gelungenen Spiels zum Film. Die entscheidende Frage ist also: Was machen diese seltenen Exemplare besser?
Wohlüberlegtes Gameplay
Zum 20. Jubiläum von John Carpenters “Das Ding aus einer anderen Welt” erschien 2002 ein auf die Handlung des Filmklassikers aufbauendes Spiel, das einen der zentralen Bestandteile des Streifens geschickt aufgreift und in ein Gameplay-Element umwandelt. Wie auf der Leinwand spielt das Vertrauensverhältnis zwischen den Charakteren eine wichtige Rolle, da man nie wissen kann, wer infiziert ist und wer nicht. Die Methode, an die Geschichte eines Films anzuknüpfen, statt sie exakt nachzuerzählen, funktionierte auch in Zurück in die Zukunft: Das Spiel von Telltale Games. In diesen Fällen bleibt den Entwicklern mehr kreativer Freiraum.
Richtige Lizenzgurken scheinen glücklicherweise allmählich auszusterben. Computer- und Videospiele haben sich in der breiten Gesellschaft etabliert. Den Verantwortlichen bleibt also gar nichts anderes übrig, als die Wichtigkeit dieses Unterhaltungszweiges anzuerkennen und ihn stärker in den Fokus zu rücken. Aus dem früheren Vorgehen, den schnellen Euro nebenher abzugreifen, hat sich ein ernst zu nehmendes Geschäft entwickelt. Filmumsetzungen wie Mad Max sind zwar immer noch nur in Ausnahmefällen echte Perlen, doch man sollte den allgemein höheren Qualitätsstandard nicht verkennen.
Es geht aufwärts
Fassen wir zusammen: Ein gutes Lizenzspiel sollte die Atmosphäre der Vorlage einfangen und sich das eine oder andere Element herauspicken, um es spielerisch umzusetzen. Originalsprecher und detailgetreue Schauplätze allein machen noch kein gutes Spiel, sind aber immer willkommen. Ein Lizenztitel soll sich nicht einfach wie ein nachgespielter Film anfühlen. Wir wollen eintauchen, im Rahmen des Möglichen noch überrascht werden und neue Facetten entdecken, die das im Film aufgebaute Universum erweitern und beleben. Denn ganz am Ende zeichnen sich die wirklich guten Umsetzungen dadurch aus, dass sie auch ohne ihre Vorlage funktionieren würden.
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