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Special - Kommentar: Pixel-Promis : Desillusionierung auf dem Vormarsch

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    Quantum Break, Call of Duty und Halo machen es vor: Bekannte Hollywood-Gesichter für Rollen in Videospielen zu verpflichten liegt im Trend. Zu meinem Bedauern. Ich will nicht in die Gesichter von Kevin Spacey oder Nathan Fillion blicken, wenn ich die Disk in den Konsolenschlitz schiebe. Und das aus einem ganz einfachen Grund.

    Es gibt sie, diese Prominenten, deren Gesichter ich tagtäglich mit einem schweifenden Blick über das Zeitschriftenregal neben der Supermarktkasse sehe, während ich darauf warte, dass Kasse 3 geöffnet wird. Jene Art von Prominenten, deren Präsenz man sich weder im Fernsehen noch im Internet entziehen kann. Kurzum: Schauspieler, deren überdurchschnittlich häufiges mediales Auftreten die reale Person hinter dem Gesicht sehr deutlich vor Augen führt.

    Ich habe einfach Probleme damit, die „Großen in Hollywood“ in Filmen ernst zu nehmen, ihnen ihre Rolle abzukaufen. Hinter einer Maleficent tanzt ein ganzer Zirkus adoptierter Kinder. Oder Schauspieler sind andersherum so stark mit einer Rolle verbunden, dass zumindest ich sie oft mit ihnen assoziiere.

    Genau das gleiche Problem habe ich mit Videospielen. Zwar besteht das Gros der Helden der Branche immer noch aus künstlichen Figuren, deren Geburtsstätte ein Rechner ist, doch wie ich finde, zeichnet sich in den letzten Jahren ein Trend ab, der mir vor allem eine Sorge in den Kopf hämmert: Muss ich in Zukunft häufiger Gesichter in Ritterrüstung sehen, von denen ich weiß, dass sie auf der anderen Seite des Globus genau wie ich an der Supermarktkasse stehen? Wie soll ich mit dieser Desillusionierung vernünftig in die mühevoll erdachten Welten eintauchen?

    Newcomern eine Chance geben

    Das Problem sind aber gar nicht Schauspieler an sich, die ihr Gesicht, ihre Stimme, ihr Talent für die Entwickler hergeben. Es ist die Art von Schauspielern, die sich wachsender Beliebtheit erfreut. Bekannte Größen aus aktuellen Serien und Filmen lassen sich eben wirksamer vermarkten. Doch gerade sie sind mit markanten Rollen verwoben, haben unter Umständen den einen oder anderen Skandal ausgelöst oder ihre Haut im Blitzlicht der Paparazzi gebräunt. Kurzum: Ich weiß zu viel über sie, auch wenn ich es gar nicht möchte. Wenn schon der Drang besteht, die Kluft zwischen Realität und Spiel kleiner werden zulassen, dann lieber unbekannte, keineswegs aber untalentierte Gesichter, die noch nicht unter den erwähnten Abnutzungserscheinungen leiden.

    Um ein aktuelles positives Beispiel aus der Filmwelt zu nennen: Daisy Ridley und John Boyega waren vor „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ weitgehend unbekannte Schauspieler, die gute Arbeit abgeliefert haben. Mit ihnen konnte ich mitfühlen, habe ihnen ihre Emotionen und Rollen abgekauft, weil sie unverbraucht waren, vollkommen für ihren Charakter standen und den größten Teil ihres Ruhmes noch vor sich hatten.

    Die Promiparade

    Ganz anders sieht das zum Beispiel mit Quantum Break aus. Hierbei kommt es mir so vor, als hätte Remedy Entertainment eine öffentliche Hollywood-Veranstaltung auf Facebook erstellt und die Kontrolle verloren. Hallo, Shawn Ashmore alias Bobby Drake alias Iceman. Hallo, Mr. Monaghan, oder soll ich sagen: Herr Brandybock? Hallo, Petyr Baelish und all ihr anderen. Ihr seid auch hier? Gerne würde ich sagen: Ich bin froh, dass Videospiele endlich so etabliert sind, dass sie derartige Aufmerksamkeit erhalten. Doch ich sehe nur noch bekannte Gesichter, die eine Rolle einnehmen. Könnte man nicht wenigstens ihre Gesichtszüge ein wenig verfremden? Jonathan Irons und Edward Buck sind exakte Kopien von Kevin Spacey beziehungsweise Nathan Fillion.

    Von technischer Seite ist das in der Tat beeindruckend. Ehrlich. Aber ich habe mein Problem an dieser Stelle schon zu oft erklärt, als dass es hier nochmals erwähnt werden müsste. Wieso also etwas kopieren und eine Illusion zerstören, wenn man einfach von den Talenten eines Menschen profitieren kann, ohne „Castle“-Hauptfigur Richard Castle in einen Kampfanzug zu stecken? Das geht? Stimmt, um ein Haar hätte ich das gute Motion Capture vergessen. Spätestens seit Andy Serkis und seiner gern gebuchten Mimik weiß jeder, was hinter diesem Begriff steckt.

    Tatsächlich muss ich die Anwendung der Technik in aktuellen Titeln loben. Kiefer Sutherland verleiht Snake in Metal Gear Solid V: The Phantom Pain unglaublich überzeugende Lebendigkeit. Von seiner knarrenden Stimme gar nicht zu sprechen. Das ist eine schauspielerische Leistung, wie ich sie auch in Videospielen öfter sehen möchte. Keine Abziehbildchen. Dafür gibt es eben Filme auf der einen, Spiele auf der anderen Seite. So kann auch ich getrost weiter meinem Hobby frönen, ohne an medienwirksame Bekenntnisse, Klatsch, Gerüchte und Supermarktkassen denken zu müssen. Es geht mir nicht um Eskapismus, es geht mir um die Illusion ohne Schlupflöcher. Disk rein und eintauchen.

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