Special - Big in Japan : Beliebte Games in Fernost
In Japan hat Popkultur einen ganz anderen Stellenwert als hierzulande. Anime- und Videospielcharaktere zieren, gerade in den Metropolen, jede noch so kleine Werbefläche. Das Gros der Titel aus einer der Wiegen der Spieleindustrie schafft es erst gar nicht in den Westen, auch weil sich unser Geschmack von dem der Japaner unterscheidet. Welche Games sind im Land der aufgehenden Sonne die Stars am Videospielhimmel?
Als ich vor fünf Jahren etwa einen Monat in Tokio verbrachte, staunte ich beim Einkaufsbummel durch Geschäfte wie Yodobashi Kamera oder Ishimaru nicht schlecht, als ich das dortige Videospielsortiment zum ersten Mal sah. Gefühlt 90 Prozent davon waren mir unbekannt und beruhten meist auf beliebten Anime-Serien, die selbst mir als japanophilem Menschen fremd waren. Zudem merkt man vielen Titeln die Mentalität des Landes an, aus dem die Erfinder des nach Katzenhinterkopf riechenden Sprays stammen.
Es verwundert also nicht, dass die regelmäßig veröffentlichten Verkaufs-Charts aus Japan sich erheblich von den unseren unterscheiden. Doch über die Kuriosa des Marktes haben wir bereits an anderer Stelle gesprochen. Wie erwähnt spielen insbesondere Anime und Manga eine wichtige Rolle. Diese Einflüsse lassen sich häufig in japanischen Rollenspielen, kurz JRPGs, erkennen, die gelegentlich auch bei uns erscheinen. Doch der Grad des japanischen Einschlags solcher „Einwanderer“ lässt sich mit der Angabe „sehr scharf“ auf in Deutschland verkauften chinesischen Nudelprodukten vergleichen: eben auf den westlichen Geschmack angepasst oder sparsam dosiert.
Bleiben wir doch gleich in diesem Segment. Final Fantasy etwa erfreut sich nicht nur hier einer großen Fan-Basis, sondern ist auch in Japan überaus populär. Einer Umfrage der renommierten japanischen Spielezeitschrift Famitsu zufolge, in der die 100 beliebtesten Games der Bevölkerung gesucht wurden, war Final Fantasy ganze 13-mal vertreten. Vier davon befinden sich unter den Top 10. Nicht umsonst ist die Serie so langlebig. Doch gerade die aktuelleren Teile müssen sich öfter den Vorwurf gefallen lassen, verwestlicht zu sein.
Eine andere überaus erfolgreiche Serie, deren Ableger es nicht ganz so häufig nach Europa schaffen, ist Dragon Quest. In besagte Liste reihen sich neun Titel ein, drei davon unter den Top 10. Hier lässt sich der Anime-Einschlag deutlicher erkennen. Mitverantwortlich für den großen Erfolg der Serie dürfte das beliebte Charakter-Design von Akira Toriyama, der unverkennbar ebenfalls für „Dragon Ball“ verantwortlich ist. Aber auch nicht ganz so alteingesessene Hasen auf dem Markt erleichtern das Portemonnaie der Japaner in erstaunlicher Geschwindigkeit: Monster Hunter ist ein neueres Phänomen, dessen aktueller Teil binnen zwei Tagen 1,5 Millionen Mal über die Ladentheke ging.
Wer die drei Reihen vergleicht, wird merken, dass sie sich alle einem bestimmtem Genre zuordnen lassen. Gerade Rollenspiele verkaufen sich in Japan besser als abgepackte Reiskekse. Vielleicht steckt dahinter das Bedürfnis der recht streng erzogenen Bevölkerung, ein alternatives Leben erleben zu können? Doch das ist rein spekulativ. Gerade über die überspitzte Sexualisierung bei gleichzeitiger Anwendung des übertriebenen Kindchenschemas ließen sich ganze Abhandlungen schreiben.
Auf der anderen Seite haben wir konservative Unternehmen wie Nintendo, die alles daran setzen, die kindliche Reinheit zu wahren, und dabei auch vor kleineren Zensurmaßnahmen nicht zurückzuschrecken. Werte, die ein Großteil der Japaner womöglich schätzt, nämlich Unbefangenheit und klassische Rollenverteilungen, sind typische Erkennungsmerkmale des Herstellers. Woran auch immer es liegen mag: Betrachtet man die bestverkauften Spiele des Landes, ist Nintendo die dominierende Macht. Bei den zehn führenden Bestsellern des Landes trat das Unternehmen fast immer als Entwickler in Erscheinung.
Besonders Pokémon ist (nicht nur) im japanischen Spielemarkt eine feste Größe. Seit den ersten Editionen für den Game Boy gingen die Verkaufszahlen mit Ausnahmen zwar schrittweise zurück. Bei dem dennoch anhaltenden Erfolg ist es jedoch kein Wunder, dass Nintendo die Taschenmonster bereits des Öfteren für Free-to-play-Experimente herangezogen hat, mit denen man eine breite Masse erreicht.
Übrigens: The Legend of Zelda ist vor allem im Westen sehr beliebt. In Japan zählen zwar Ocarina of Time, A Link to the Past und Wind Waker zu den recht beliebten Titeln, doch in den langfristigen Verkaufs-Charts sucht man vergeblich nach der Adventure-Reihe. Das könnte an der schieren Masse der Konkurrenz im eigenen Land liegen, in der Links Abenteuer schlicht und ergreifend untergehen. Und das beginnt schon im Geschäft in den Verkaufsregalen.
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